Bei Under a Killing Moon" handelt es sich um das dritte
und nicht etwa um das erste Spiel mit dem sympathischen Detektiv Tex Murphy, in dessen
Leben wie in einem Gesetz seines Namensvetters die Schnittchen immer mit der Butterseite
nach unten zu fallen scheinen. Denn was dem einen oder anderen Spieler vielleicht bislang
entgangen ist: Bereits 1989 erschien mit Mean Streets ein erstes und 1991 mit Martian
Memorandum ein zweites Spiel mit Tex. Diese sind allerdings zumindest in Deutschland heute
kaum noch bekannt, da sie a) noch mehr Jahre auf dem Buckel haben, b) nicht auf Deutsch
und vermutlich auch nie in Deutschland erschienen sind und c) daher hierzulande auch
damals längst nicht den Bekanntheitsgrad der Nachfolger erlangt haben. Das änderte sich
aber mit den darauffolgenden Spielen ziemlich. Nicht zuletzt deswegen, weil sie wegen
ihrer Machart aus heutiger Sicht als absolut wegweisend und einzigartig zu bezeichnen
sind.
Installation
Under a Killing Moon besteht aus vier CDs und das war für damalige
Verhältnisse eine ganze Menge für eine ebenso riesige Datenmenge. Besonders wenn man
bedenkt, dass sich viele Spiele oftmals noch auf Disketten befanden.
Tex Murphy lässt sich nur unter reinem Dos installieren oder
aber mit der Dosbox (Anm.: DOSBox ist eine Freeware-Emulatorsoftware). Also
schnell die Dosbox gestartet, das Spiel installiert und volle Fahrt voraus. Nein, halt,
stopp, ganz so einfach war es dann doch nicht, das wäre auch zu schön gewesen. Die
Wahrheit ist, dass sich die Installation unter Dosbox und D-Fend (Anm.: eine grafische
Benutzeroberfläche für DOSBox, ebenfalls Freeware) zwar noch wie gewohnt recht
einfach gestaltet hat, das Spiel damit noch längst nicht flüssig sondern völlig
stotternd lief sowohl die Bewegungen als auch die Sprachausgabe betreffend. Also
habe ich die Auflösung im Konfigurationsmenü auf niedrig runtergestellt. Nur sah das
Spiel damit für heutige Verhältnisse eher bescheiden, sprich kaum spielbar aus. Ich will
es kurz machen: Ich habe wirklich lange alle Werte immer wieder durchprobiert, aber erst
als ich irgendwann den in Dosbox angegebenen Höchstwert von 20000 Cycles überschritten
hatte und eigenmächtig" auf 25000 Cycles erhöht sowie den CPU-Core
zusätzlich auf dynamisch gestellt hatte, lief das Spiel bei mir in der höchsten
grafischen Qualitätsstufe halbwegs einwandfrei. Weiterhin hatte ich im Menü die
Gehgeschwindigkeit für reibungslose Bewegungen auf mittel" gestellt.
Handhabung
So - nun lief das Spiel also halbwegs rund, nur hatte ich es damals
ohne Handbuch ersteigert. Und die Navigation gestaltet sich ohne dieses nicht ganz
einfach. Aber auch mit Anleitung benötigt man erst einmal eine gewisse Zeit, bis man sich
zurechtgefunden hat. Dafür macht es nach einer Weile umso mehr Spaß, bis in die
kleinsten Ecken und in jeder Perspektive alles zu erkunden. Denn das ist bei den letzten
drei Tex Murphy-Spielen wie bei kaum einem anderen Adventure möglich. Und zwar benötigt
man dafür hauptsächlich die Maus - mit Unterstützung der Tastatur. Im Bewegungsmodus
kann man sich, wie der Name schon sagt, durch das Spiel fortbewegen. Dabei kann man sich
mit der Maus in der 360°-Perspektive in alle Richtungen drehen. Hält man die linke
Maustaste gedrückt, geht man parallel nach links oder rechts, wenn man die Maus in die
entsprechende Richtung lenkt. Mit der linken Strg-Taste und der Hochstelltaste verstellt
man die Sichthöhe nach oben bzw. unten. Mit den Pfeiltasten (hoch und runter) kann man
dann noch einmal den Blickwinkel verändern, so dass man das Spiel wirklich aus
sämtlichen verschiedenen Perspektiven betrachten kann. Soweit zur Bewegung durch das
Spiel.
Mit der Spacetaste schaltet man vom Bewegungsmodus auf den
interaktiven Modus und erhält dann an der Stelle ein verkleinertes, etwa nur noch die
Hälfte des Bildschirms einnehmendes Fenster des gewählten Bildausschnitts, in dem man
die in einem Adventure üblichen Dinge machen kann: Man kann Dinge benutzen, mit Personen
reden und natürlich alles betrachten. Wobei es sehr viele Hotspots gibt und Tex zu jedem
einen oftmals witzigen Kommentar abgibt. Der Rest des interaktiven Bildschirms ist mit
anderen Funktionen ausgefüllt, die eine bequeme Handhabung durch das Spiel ermöglichen.
So gibt es einen Schalter zum Ein- und Ausstellen der Untertitel oder eine praktische
Reisemöglichkeit, die es ermöglicht, direkt zu einem Ziel zu gelangen, ohne dass Tex
sich dafür jedes Mal umständlich zu seinem Fahrzeug bewegen muss. Und natürlich gibt es
ein Inventar. Wobei die Inventargegenstände auf der Spieloberfläche nur mit Namen
aufgelistet sind. In einem kleinen Fenster darunter kann man aber den entsprechenden
Gegenstand betrachten, wenn man ihn anwählt. Weiter schaltet man zum Kombinieren von
Gegenständen auf ein großes Inventarfenster, in dem alle Gegenstände zu sehen sind.
Wählt man hier Prüfen", kann man jeden Gegenstand auch noch genauer
untersuchen. Sie erscheinen dann in Großaufnahme und man bekommt oft zusätzliche
Informationen zu diesen.
Für Fortschritte im Spiel wird man mit Punkten belohnt. Man kann
sich auch Tipps holen, was aber Punktabzug zur Folge hat.
Wählt man das sogenannte Hilfsfeld" aus, gelangt man in
ein aufwändiges Konfigurationsmenü. Hier kann man alle erdenklichen Werte einstellen.
Neben dem Laden und Speichern stellt man hier zum Beispiel die Werte des digitalen sowie
des Midi-Sounds ein. Es ist möglich, aus zahlreichen Größen das Sichtfeld auszuwählen
usw. Es gibt sicher noch einige andere Funktionen. Aber das sind im Prinzip erst einmal
alle Befehle, die wichtig sind, um sich bei Under a Killing Moon zurecht zu finden. Bis
das problemlos sitzt, muss man als angehender Tex-Murphy-Fan aber wie gesagt ein bisschen
üben.
Handlung
Puh, das war jetzt aber ganz schön viel Theorie, was? Nun gut, dann
lasst uns jetzt endlich zur eigentlichen Handlung kommen: Das Spiel findet in der Zukunft
statt. Tex ist Privatdetektiv und nicht gerade das, was man allgemeingültig unter einem
Gewinnertypen versteht. Er wohnt in einem schäbigen Stadtteil, in dem sich wenige
Menschen mit den von den Menschen unterdrückten Mutanten ihren Lebensraum teilen. Tex
befindet sich mal wieder in einer Sinn- und Lebenskrise. Keine Frau, die sein Leben mit
ihm teilt und auch keine Arbeit, die er jetzt eigentlich nötig bräuchte. Also muss Tex
wohl oder übel sein Apartment verlassen um in der näheren Umgebung nach einem
Detektiv-Job Ausschau zu halten. Und wie es der Zufall so will, wird er auch schon direkt
in der schmierigen Pfandleihe gegenüber seiner Absteige fündig: In diese wurde nachts
eingebrochen und es wurde ein für den Laden unverhältnismäßig teures Armband
gestohlen. Schnell löst er den Fall. Seine professionelle Vorgehensweise beim Auffinden
des Armbands bekommt auch eine reiche und hübsche Baronin mit. Die Dame engagiert Tex
daraufhin, ein extrem wertvolles Schmuckstück zu suchen. Anfangs ahnt er noch nicht, dass
er mit seiner Schnüffelei schon das Interesse der großen Tiere in der Unterwelt auf sich
gezogen hat. Denn der Fall gewinnt zunehmend Dimensionen, die für einen Privatdetektiv zu
groß scheinen. Was hat die Partei, die sich für die Diskriminierung der Mutanten
einsetzt, damit zu tun? Und natürlich gibt es zahlreiche Nebenhandlungen, welche die
gelungene Geschichte abrunden: Ist Rusty, dem Clown und Ganoven, etwas zugestoßen? Und
kann Tex bei seiner Liebe, der sympathischen Zeitungsverkäuferin Chelsee landen oder
erliegt er gar dem Charme der Baronin?
Grafik
Auch grafisch zählte Killing Moon damals sicher zur ersten Garde,
auch wenn das 1994 veröffentlichte Spiel im Vergleich zu aktuellen Spielen natürlich
pixelig wirkt. Aber dennoch merkt man auch heute schon nach kurzer Spielzeit, wie extrem
aufwändig Under a Killing Moon umgesetzt wurde so aufwändig wie heute kaum noch
ein Adventure. Das heißt, wir bewegen uns in der Egoperspektive durch ein riesiges
Gebiet. Wobei ich auf die Freiheit, das ganze Areal, jeden Winkel eines Raumes bis in die
kleinste Ecke erkunden zu können, ja schon eingegangen bin. Permanent wird man entweder
im Vollbild oder in kleinen Fenstern mit Filmen verwöhnt. Egal ob Tex nur kurz zum
nächsten Gebäude läuft oder mondän mit dem Auto fliegt. Und natürlich sind auch alle
Handlungen sowie Dialoge mit Personen filmisch dargestellt. Hierbei wurden reale
Darsteller in eine animierte Welt" einmontiert, was auch heute noch erstaunlich
echt" aussieht. Manchmal dienen die Filme auch nur der Unterhaltung und zeigen
z.B., wie Tex gerade mal wieder in ein Fettnäpfchen tritt.
Under a Killing Moon spielt zwar in der Zukunft, jedoch sieht hier
alles längst nicht rosig aus. Und es gibt zwar schnittige fliegende Autos und anderen
futuristischen Schnickschnack. Doch ansonsten hat sich optisch zumindest in seinem Umfeld
im Vergleich zur Gegenwart nicht viel verändert. So ist etwa das spartanische Apartment
von Tex mit uralten Möbeln bestückt. Seine Wohngegend ist eh atomar verseucht und alles
ist runtergekommen.
Tex Murphy wird wie immer von Chris Jones gespielt, der sich für
die ganze Produktion verantwortlich zeigt - also der eigentliche Kopf hinter der Serie
ist. Ich finde, er macht seine Sache auch als Schauspieler großartig. Auch die anderen
Darsteller spielen absolut überzeugend. Schließlich konnte man mit Brian Keith einen
bekannten Schauspieler gewinnen.
Rätsel
Wie in den meisten Adventures sollte man auch im dritten Spiel mit
Tex alles einsacken, was nicht niet- und nagelfest ist, um es an geeigneter Stelle zu
benutzen. Die Gegenstände sollte man sich wie bereits erwähnt nicht nur noch mal in
Großaufnahme im Inventar ansehen, um Verborgenes zu entdecken, sondern im Selbigen
gegebenenfalls auch miteinander kombinieren. Es gibt natürlich auch die klassischen
Benutze Schlüssel mit Tür"-Rätsel, aber bei den meisten Aufgaben war man
ausgesprochen ideenreich. Diese sind schon mal ziemlich verrückt, etwa wenn man einen
Toten wieder auferstehen lassen muss. Wie und warum man das machen muss, müssen Sie aber
schon selbst herausfinden! Es gibt extrem viele Rätsel und die meisten sind logisch
nachvollziehbar.
Recht stark in das Rätseldesign integriert sind die Gespräche. Das
heißt, man muss Personen immer wieder akribisch über alles befragen. In einer Liste sind
hierzu alle Personen aufgeführt, zu denen man Informationen einholen kann. Beim Dialog
mit seinem Gegenüber kann der Spieler selber zwischen drei Möglichkeiten der
Gesprächsführung wählen. Diese sind immer unterschiedlich. Verhält man sich seinen
Gegenüber zuvorkommend oder herablassend? Oder vielleicht möchte man ja etwas des
berühmt-berüchtigten Tex-Murphy-Humors in das Gespräch einfließen lassen? Oder sollten
wir es doch lieber mit unserem betörenden Charme versuchen, das vornehmlich weibliche
Gegenüber weich zu kochen? Das alles kann sowohl positive als auch negative Konsequenzen
mit sich bringen und oft geht es nur mit dem richtigen Gesprächsthema weiter. Bei
falscher Dialogführung kann es zum Beispiel passieren, dass man eine Abfuhr erhält oder
rausgeschmissen wird.
Action
Soweit so gut. Leider kann man bei falscher Dialogführung oder
falschem Handeln auch sterben. Anfangs macht es noch Spaß, etwa in einer Wohnung
umherzuschleichen, ohne sich erwischen zu lassen. Das sorgt für Nervenkitzel. Ziemlich
exakt ab einem gewissen Zeitpunkt, wenn man im Spiel schon weit fortgeschritten ist, muss
man in einem Spielabschnitt eigentlich sämtliche Aufgaben unter Druck ausüben, da man
permanent verfolgt wird. Also muss man fortan entweder ganz schnell weglaufen bzw. sich
verstecken oder Tex segnet das Zeitliche. Aber egal, wie geschickt ich mich angestellt
habe, es kam trotzdem permanent zum Gameover. Ich weiß gar nicht, wie oft ich gestorben
bin. Zumal man dabei auch noch Rätsel lösen soll. Es gibt sicher Leute, denen diese fast
schon egoshooterartigen Spielsituationen Spaß bereiten. Ich bin aber eindeutig ein
Adventurespieler der trödeligen Art und kann auf das hektische Geschleiche gerne
verzichten. Somit war für mich zu diesem Zeitpunkt auch schlagartig der Spielspass dahin.
Ich kann mir aber auch vorstellen, dass selbst egoshooter-erfahrene Spieler ihre
Schwierigkeiten haben werden, da man wirklich sehr schnell reagieren muss und trotzdem
kaum eine Chance hat. Das ist auch der Grund, weshalb ich diesem eigentlich für die
damalige Zeit sensationellen Spiel nicht wesentlich mehr Punkte zukommen lassen werde.
Sound
Killing Moon ist deutsch untertitelt und man hört die originalen
Sprecher. Da es sich um professionelle Schauspieler handelt, machen diese ihre Sache
entsprechend sehr gut. Tex einprägsamer sympathischer Stimme höre ich eh sehr gerne zu.
Die entspannte meist ruhige, oft leicht jazzige Musik passt bestens zu der klassischen
Detektiv-Geschichte und verpasst dem Spiel die richtige Film-Atmosphäre. Es gibt
zahlreiche Tracks, die auf die jeweilige Situation abgestimmt sind und in spannenden
Momenten sorgt die Musik zusätzlich für Nervenkitzel.
Fazit
Interaktive Spielfilme besonders in dieser Größenordnung werden
heute leider nicht mehr hergestellt. Warum? Sie wären vermutlich schlicht zu teuer. Nicht
ohne Grund hat man schon damals anfangs die stolze Summe von 160 harten D-Mark für das
Spiel zahlen dürfen. Und Under a Killing Moon trägt die Bezeichnung Interaktiver
Film" wahrlich zurecht, da man wirklich das Gefühl hat, in einem imposanten Kinofilm
mitzuspielen". Das fängt schon direkt bei der Gestaltung des cineastisch
anmutenden Vorspanns an und zieht sich mit seinen zahlreichen professionellen Filmen und
der extrem aufwändigen Gestaltung durch das ganze Spiel. Chris Jones ist für die Rolle
des heruntergekommenen Detektivs Tex Murphy optimal besetzt. Er ist nicht nur sympathisch,
sondern ein wirklicher Charakter mit Ecken und Kanten. Auch die anderen, teilweise
ziemlich irren Charaktere werden sehr gut von professionellen Schauspielern gespielt. Die
Rätsel sind phantasievoll und größtenteils logisch nachvollziehbar gestaltet worden.
Auch wenn das bedeutet, dass man dafür schon mal die Orte abklappern und sich durchfragen
muss. Under a Killing Moon weist wie viele ältere Spiele eine lange Spielzeit auf und
abgerundet wird der positive Eindruck durch eine abwechslungsreiche, cineastische,
manchmal leicht jazzige Hintergrundbeschallung. Damit ist Access ein in der Form und für
die Zeit einzigartiges und wirklich wegweisendes Spiel gelungen.
Allerdings gibt es (übrigens genau wie in den beiden Nachfolgern)
zum letzten Drittel des Spiels hin wieder zahlreiche längere, egoshooterartige Flucht-
bzw. Geschicklichkeitspassagen. Ich habe diese als sehr schwer empfunden und bin tausend
Tode gestorben. So muss man immer wieder einen Spielstand laden und eigentlich bereits
bewältigte Aufgaben ständig wiederholen. Eigentlich hatte ich dem Spiel anfangs eine
Bewertung im Neunziger-Bereich angedacht, aber als puristischer Adventurespieler fand ich
das hektische und nervöse Geschleiche und die permanenten Game-Over zum Schluss hin
ziemlich frustrierend und so gebe ich dem Spiel wirklich äußerst ungern nur"
82 %.