The Whispered World
Erscheinungsdatum: 28.08.2009
Entwickler: Marco
Hüllen / Deep Silver
Publisher: Daedalic
Entertainment
Spielsprache: deutsch
Altersempfehlung:
USK ab 6 Jahren
PEGI: 12+
Boxshots
Homepage
Ein Review von André 11. Oktober 2009
Recht viel Zeit, immerhin fast exakt ein Jahr, ist vergangen, seit
ich in die Vorabversion von Whispered World reinschauen durfte, die, wie es
Vorabversionen nun mal so an sich haben, noch etwas unfertig war. Ich warte gerne, damit
das Spiel auch den richtigen Feinschliff bekommt. Und tatsächlich hat sich das Warten
gelohnt, denn die Entwickler waren nicht untätig und haben ganze Arbeit geleistet. Das
Ergebnis kann sich wahrhaft sehen lassen.
Kopierschutz als Geduldsprobe
Doch der Hersteller hat sich noch ein kleine Nickeligkeit einfallen
lassen: Das Spiel von Marco Hüllen kommt im schmucken, kleinen DVD-Klappkartönchen mit
Handbüchlein und drei kleine Würfelchen liegen auch noch drin. Boah! Wofür die wohl gut
sind? Der Grund wird schnell klar, denn nach Installation muss man diese Würfel benutzen,
um einen Code einzugeben. Wobei man jeweils einem Würfel der entsprechenden Farbe die
richtige auf dem Würfel befindliche Rune zuordnen muss, was bei Adventure-Opas wie mir
natürlich erst einmal nostalgische Gefühle auslöst und an Lucas Arts legendäre
Kopierschutz-Varianten wie das Codewheel von Monkey Island erinnert.
Ich weiß nicht, wie andere Spieler das sehen, aber ich bin
zumindest nur mäßig angetan. Denn man muss fortan nicht nur einmalig oder von mir aus
auch drei- oder fünfmal sondern jedes Mal die Würfel aus der Verpackung friemeln und den
Code nervigerweise mühsam eingeben, bevor man dann endlich spielen darf. Zwar ist das
Eingeben des Codes nicht wirklich schwer, aber dennoch kann man sich anfangs schnell mal
vertun, auch wenn ich bald unfreiwillig Experte im Zuordnen der Runen war. Auch dass ich
des öfteren beim Starten mit dem Hinweis, ich möge doch bitte die Original-CD einlegen
(die natürlich eingelegt war), wieder auf dem Desktop landete, steigerte nicht unbedingt
meine Laune.
Handlung
Es wird Dich vielleicht beunruhigen, aber dieses ist die
letzte Geschichte, die ich Dir erzählen werde." Mit diesen gewichtig klingenden
Worten beginnt, die Geschichte von Sadwick, dessen Leben sich bald verändern wird. Whispered
World spielt in einem märchenhaft anmutenden Fantasiereich. Sadwick ist ein
angehender Clown in einem Wanderzirkus, quasi in der Ausbildung, und reist mit seinem
Großvater und älteren Bruder Ben durch die Lande, um sich den Lebensunterhalt zu
verdienen. Immer an seiner Seite sein Haustier, die Raupe Spot. Gerade haben sie mal
wieder an einer Lichtung im Zauberwald halt gemacht, um dort ihre Vorstellung zu geben.
Dabei hat es Sadwick nicht gerade leicht: Nicht nur, dass sein
Bruder Ben kein gutes Haar an ihm lässt und ihm die ganze Arbeit aufbrummt. Nein, auch
bringt er ihm nichts bei. Aber nicht nur das: Die Geschäfte laufen immer schlechter, denn
die Gäste bleiben aus, da irgendwas Finsteres im Zauberwald zu sein scheint und die
Menschen vertreibt.
Und schon bald soll einiges passieren in Sadwicks Leben. Er hat
Vorahnungen in Form von Träumen, denn seine Welt scheint dem Untergang geweiht und schon
wird er in abenteuerliche Geschehnissen verwickelt. Die Story wird spannend und kurzweilig
erzählt und endet soviel kann ich verraten überraschend.
Grafik
Natürlich ist Whispered World von Daedalic, die zuvor Edna
bricht aus veröffentlicht haben, aber deshalb sollte man nicht Rückschlüsse
ziehen, dass die Grafik bzw. das ganze Spiel zwingend im ähnlichen Stil gehalten ist.
Denn es wird schnell klar, dass es sich nicht wirklich um dieselben Grafikdesigner
handelt, die für Edna verantwortlich sind, da der Stil schlicht komplett anders ist.
Denn im Gegensatz zu Edna bricht aus, in dem das
Flüchtige, das Minimalistische den Reiz ausmacht, ist Whispered World im sehr
perfekten Zeichentrickstil gehalten, der mir aber nicht weniger zusagt. Es handelt sich um
ein buntes, klassisches Comicadventure im Fantasy- bzw. Märchenstil mit ebensolchen
klassischen 2D-Hintergründen. Hierzu wurde in manchen Bildern das hauseigene sogenannte
Parallaxscrolling angewandt, bei dem verschiedene Ebenen wie Wolken, Berge usw.
übereinandergelegt werden, die dann beim Laufen in verschiedenen Geschwindigkeiten
mitscrollen. Dadurch erscheint die Welt trotz 2D etwas plastischer.
Die Szenenbilder an sich sind liebevoll gemacht und jedes für sich
sieht fast schon wie ein kleines Kunstwerk aus. Die sehr detailreichen und manchmal
verhältnismäßig realistisch gezeichneten Hintergründe wie Wiesen und Wälder sind in
natürlichen Braun- und Grüntönen gehalten und sehen einfach umwerfend aus. In einem
kleinen, interessanten Bonusfilm, der freigeschaltet werden kann, kann man übrigens
sehen, wie der Grafiker einen Hintergrund erstellt und was für eine akribische Arbeit
dieses ist. Immer wieder wird der Spieler mit kleinen Zwischenfilmchen belohnt, die etwas
anders als die Spielgrafik aussehen, sich aber bestens ins Spiel einfügen.
Auch was Animationen anbelangt, ist zur Endversionen fleißig
gebastelt worden und nun wirkt das mit zahlreichen Effekten versehene Spiel sehr lebendig.
Mal plätschert ein Wasserfall. Licht bricht durch ein Fenster. Woanders sorgen flackernde
Kerzen für die richtige Atmosphäre. Die gelungenen Animationen der im märchenhaften
Look gekleideten Figuren finden in mit sehr vielen Details ausgeschmückten Szenen statt,
wo das beigebraune Narrenkostüm von Sadwick manchmal fast schon in den Naturfarben
untergeht.
Hauptfiguren und Nebencharaktere sind im Gegensatz zur
Hintergrundgrafik noch mehr im Comiclook gehalten. So heben sie sich mit ihrer nur noch
angedeuteten Räumlichkeit, wie das bei Comicfiguren nun mal nicht selten der Fall ist,
andererseits gut ab. Trotzdem fügen sie sich harmonisch in die Hintergründe ein und das
Gesamtbild wirkt sehr homogen. Gestik und Mimik sind absolut ansprechend und sehr schön
animiert: so sieht man z.B., wie sich Sadwicks Körper beim Atmen bewegt und sein Bruder
trainiert während der Redepause weiter mit seinen Jonglierbällen.
Mit Clown Sadwick hat man einen Helden geschaffen,
der das sad" nicht nur in seinem Namen trägt. Auch seine Gesichtszüge wirken
leicht traurig, aber auch mutig, entschlossen und mit seiner großen Bommelmütze doch
ziemlich putzig genauso putzig wie sein treuer Begleiter, der zur Metamorphose
neigende Wurm Spot alles in allem also der klassische Fall, wo das Helfersyndrom
beim Spieler greift.
Ton und Dialoge
Habe ich mir während der Vorabversion noch gewünscht, dass Whispered
World bezüglich der Dialoge noch etwas optimiert würde, da das Spiel noch recht
einsilbig wirkte, hat man auch hieran noch ordentlich gearbeitet. Nun steht Whispered
World Edna in Punkto abwechslungsreicher Kommentare nicht nach. Man bekommt nun nicht
mehr dieselben Standardantworten à la Das geht nicht" oder Versuch was
anderes", sondern erhält auf viele Kombinationen von Gegenständen individuelle
Antworten, so dass das Ausprobieren eine wahre Freude ist. Das haben Daedalic drauf, wie
kaum ein anderer Hersteller. Apropos Spaß und Freude: Auch was den Humor betrifft, ist
das Spiel nicht so überdreht wie Edna. Sadwick ist durch und durch melancholisch und
nicht so irre wie diese. So wird der Humor entsprechend leiser als bei der manischen Edna,
aber ebenso filigran vorgetragen. Kein Wunder, schließlich zeigt sich auch Jan
Müller-Michaelis für die Texte verantwortlich, der auch schon bei Edna gewirkt hat. So,
nun ist aber Schluss mit den Vergleichen.
Sadwick ist auf jeden Fall ein kleines Plappermäulchen, allerdings
im richtigen Rahmen, also ohne dass die Dialoge zu umfangreich ausfallen. Er hält oftmals
kleine Monologe, wenn man sich durch das Spiel klickt, etwa wenn man die Gegenstände vor
Ort betrachtet. Dadurch wird dem Spieler der Charakter Sadwicks näher gebracht und man
erfährt schnell eine Menge über seine Welt, seine tiefgreifende Melancholie, seine
angespannten Beziehung zu seinem Bruder, usw..
Hinzu kommt, dass alle Darsteller vorbildlich besetzt wurden.
Sadwick hat man eine Stimme verpasst, die zu seinem Charakter passt: Lieb, leicht
melancholisch, aber auch ein bisschen keck.
Wie schon z.B. bei The Abbey oder Larry 7 hat man
sich auch bei Daedalic nicht lumpen lassen und dem Spiel manuell eingespielte Musik von
echten Musikern gegönnt. Vertont werden die Hintergrundklänge von einem Ensemble
klassischer Musiker des Teams der Periscope Studios. Im ersten Kapitel wurde die Musik vom
märchenhaften Ambiente des Spiels inspiriert. Es ist überhaupt eine spannende
Entwicklung, dass man teilweise statt Samples und Computerklängen zu benutzen wieder auf
per Hand eingespielte Musik zurückgreift und dann noch in der aufwändigen und bestimmt
nicht ganz kostengünstigen Variante eines Orchesters. Auch wenn ich nicht generell sagen
möchte, dass manuelle Klänge für jedes Spiel besser als elektronische funktionieren,
war es für dieses Spiel auf jeden Fall eine weise Entscheidung, da sie bestens zu den
stimmungsvollen handgemalten Bildern passten.
Rätsel
Komisch, obwohl grafisch eigentlich überhaupt nicht ähnlich musste
ich sofort an das tolle Torins Passage von Al Lowe denken. Vielleicht, weil beide
Adventures in einem Fantasiereich spielen und in beiden Spielen die Hauptfigur von einem
putzigen Tier begleitet wird. Und tatsächlich stellt sich schnell noch eine weitere
Gemeinsamkeit heraus. Wie in Torins Passage erlernt auch Wurm Spot mit
zunehmender Spieldauer immer mehr Spezialfähigkeiten, die Sadwick in vielen Situationen
helfen, sprich ins Rätseldesign integriert wurden. Eine erste Fähigkeit wäre z.B., dass
er sich in einen Ball verwandelt. Das verleiht dem Spiel natürlich Abwechslung. Und
gelegentlich hat man Spot sogar einen kleinen Spielabschnitt gewidmet, in dem der Spieler
ihn losgelöst von Sadwick steuert und sich an seinen Spezialfähigkeiten austoben kann.
Ansonsten gibt es wie gewohnt ein Inventar, in das die gesammelten
Gegenstände rein- und aus dem sie wieder rausgepackt werden müssen, um sie an
entsprechender Stelle zu verwenden. Immer wieder darf man sich an Geräten, Schaltern oder
Hebeln austoben. so muss man z.B. den Mechanismus einer Standuhr einstellen, oder die
Zahnräder in einer Apparatur ordnen, so dass diese wieder läuft. Auch die Dialoge, derer
man zahlreiche führen muss, wurden ins Rätseldesign einbezogen, denn man muß die
richtigen Antwortmöglichkeiten auswählen. Es gibt eine Art Schachrätsel (welches man
aber auch ohne Schachkenntnisse bewältigen kann). Das ist nur eine kleine Auswahl des
umfang- und abwechslungsreichen Repertoires an Rätseln.
Auch was den Schwierigkeitsgrad anbelangt, hat man ein gutes Maß
gefunden. Insgesamt fand ich den Großteil der Rätsel mit etwas Überlegen und Probieren
gut nachvollziehbar, während es zwischendurch immer mal wieder schwieriger wird.
Handhabung
Die Steuerung ist wie gewohnt einfaches und praktisches Point &
Click und vergleichbar mit Monkey Island 3. Wie in diesem Spiel erscheint, wenn
man über einem Hotspot die linke Maustaste gedrückt hält, an dieser Stelle ein kleines
Kontextmenü. Hier kann man zwischen Auge (Ansehen), Mund (Sprechen) und Hand (Nehmen)
auswählen.
Sadwick ist zwar ein Bummelant und kann nicht rennen, aber zumindest
verlässt er per Doppelklick auf die als Pfeil dargestellten Bildausgänge das Bild stante
pedes. Außerdem bekommt man schnell einen Karte, so dass eine halbwegs flotte
Fortbewegung durch das Spiel gewährleistet ist.
Um Spot seine jeweilige Spezialfähigkeit zukommen zu lassen, muss
man den Cursor rechts zum oberen Bildschirmrand führen, so dass ein Menü mit den
Fähigkeiten erscheint, von denen man nur noch eine mit einem Linksklick aussuchen muss.
Das Inventar öffnet man mit der rechten Maustaste und mit Links
wählt man einen Gegenstand aus. Nicht selten konnte ich Gegenstände im Inventar
miteinander kombinieren.
Im Optionsmenü lassen sich die wichtigsten Werte einstellen und das
reicht meines Erachtens auch völlig aus. Ich brauche nicht zwingend 35 Abstufungen von
Antialiasing (wobei ich bis heute nicht wirklich weiß, was Antialiasing eigentlich genau
ist). Aber alles, worauf es ankommt, also z.B. ein Lautstärkenregler, der Effekte,
Sprache und Musik getrennt regeln lässt, ist vorhanden. Es gibt Untertitel, das Speichern
erfolgt durch einfaches Anwählen eines der Speicherslots, der dann automatisch angelegt
wird und noch ein zwei weitere Funktionen, und mehr braucht so ein Comic-Adventure ja
eigentlich nicht. Prima!
Must fix
Es gibt bereits einen Patch, der aber nicht das komplette Spiel
grundsaniert, sondern nur einen Bug im vierten Kapitel ausmerzt. Will sagen, es läuft
generell doch angenehm störungsfrei. Probleme hatte ich - trotz Patch - nur mit einem
Rätsel, bei dem man Rohrleitungen richtig stecken muss: Bei jedem Umstecken der einzelnen
Elemente tat sich jedes mal bis zu einer guten halben Minute gar nichts. Abgesehen davon
wurde ein Korken zum Flicken der Rohre angezeigt, aber dieser ließ sich nicht bewegen.
Das schmälert den ansonsten sehr guten Gesamteindruck aber nur unwesentlich.
Fazit
Deadalic hat es wieder einmal geschafft - Der Kandidat hat 90
Punkte! 2009 scheint ein wirklich guter Jahrgang zu sein, in dem die besten Fantasy-Adventures
reifen. Zunächst Ceville, dann das geniale The Book of Unwritten Tales
und jetzt das nicht weniger schlechte Whispered World. Das Spiel mit dem
melancholischen Helden ist ein märchenhaftes Fantasyadventure geworden und der
wunderschöne, ausdrucksvolle 2D-Grafikstil mit den zahlreichen, detailreich
ausgeschmückten, kunstvoll gezeichneten Hintergrundbildern kann auf ganzer Linie
überzeugen.
Wer klassische Comic-Adventures mit ebensolchen Rätsel mag, wird
auf jeden Fall auf seine Kosten kommen. So gibt es eine ganze Palette unterschiedlicher
Aufgaben. Sadwicks niedlicher Begleiters Spot besitzt wie Torins bester Freund aus dem
Adventure-Klassiker Torins Passage Spezialfähigkeiten. Auch sonst hat man alles
richtig gemacht: mit Sadwick als überzeugendem Helden, abwechslungsreichen Dialogen, der
spannenden Story, einer sehr schönen Grundstimmung, der praktischen Steuerung, einer
ordentlichen Spielzeit, und und und. Für Freunde klassischer Comic-Adventures und die es
werden wollen uneingeschränkt empfehlenswert!
Gesamtwertung: 90%
Bewertungssystem Adventure-Archiv:
- 80% bis 100% sehr gutes Spiel (sehr empfehlenswert)
- 70% bis 79% gut (empfehlenswert)
- 60% bis 69% befriedigend (bedingt empfehlenswert, mit Abstrichen)
- 50% bis 59% ausreichend (nicht gerade empfehlenswert)
- 40% bis 49% ziemlich schlecht (eher abzuraten - etwas für
Hardcore-Adventure-Freaks und Sammler)
- 0% bis 39% grottenschlecht (lieber die Finger davon lassen)
Minimale Systemanforderungen:
- Windows XP/Vista 32-bit
- Prozessor mit 2 GHz
- 1 GB Arbeitsspeicher
- DirectX 9.0c-kompatible Grafikkarte mit 256 MB RAM
- DirectX 9.0c-kompatible Soundkarte
- DVDROM-Laufwerk
- 3 GB freier Festplattenspeicher
- Maus
Gespielt unter:
- Win XP
- AMD Athlon XP 1800
- 512 MB RAM
- Grafikkarte Radeon 9200 Series
- DVD-Laufwerk
Festplatte 60 GB
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Über den Weiterspielen"-Button gelangt man
direkt zum aktuellen Spielstand

Och, ist der niedlich!

Im Wohnwagen startet der Spieler

Sadwick ist ängstlich. Och, ist der niedlich!

Draußen wartet schon Sadwicks griesgrämiger Bruder
Ben

Links ein Farbmix-, rechts ein Rohrrätsel

Eine recht verlassene Ansiedlung

Feuer-Spot. Och, ist der niedlich!

Ist Sadwicks Reise bald zuende?

Hier muss man sich erst einmal zurechtfinden
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Screenshots
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