The Legend of Crystal Valley
Erscheinungsdatum: 02.07.2010
Entwickler: Cataia Games
Publisher: dtp
Spielsprache: deutsch
Boxshots
USK: Geeignet ab 0 Jahren
PEGI: 7+ (Angst)
Ein Review von Thelma 11. Dezember 2010
The Legend of Crystal Valley.
Was verheißen hier Klappentext und DVD-Cover? Eine Welt jenseits
meiner Vorstellungskraft. Eine abenteuerliche Reise in eine magische Fantasy-Welt.
Geheimnisvolle und fremdartige Fabelwesen. Und eine junge Protagonistin, die durch Portale
muss. April Ryan, ich hör dir trapsen! Von der Aufmachung und Beschreibung her ist eine
Nähe zu The Longest Journey sicherlich alles andere als unbeabsichtigt. Werden
Erwartungen, die dadurch erweckt werden, erfüllt oder enttäuscht? Das hatte mich beim
Testen am meisten interessiert.
Story
Eine junge Frau namens Eve erhält einen Brief von ihrem Vater,
in dem er sie in recht kryptischen Andeutungen auffordert, sich auf dem elterlichen
Anwesen einzufinden. Ihr Herz und ein dem Brief beigefügtes Medaillon würden ihr den Weg
zu ihm schon weisen. Bevor ein Off-Sprecher uns, dem spielenden Eve-Steuerer, den Brief
vorliest, hat man in einer ziemlich dunklen Videosequenz bereits gesehen, dass sich Eves
Vater auf eben diesem Anwesen gar nicht mehr befindet er ist nach dem Schreiben des
Briefes von seinem Schreibtisch aufgestanden und durch eine Art Tor entschwunden.
Eve kommt mit dem Bus zu Hause auf dem Bauernhof an und findet recht
schnell ein mysteriöses Loch in der Wand im Schuppen, das offensichtlich der Eingang zu
einer anderen Welt ist. In sieben Kapiteln bewegt sich Eve immer weiter von zu Hause weg
durch verschiedene Welten und immer näher an die Lösung des Rätsels um den Verbleib
ihres Vaters. Dabei durchschreitet sie einige Welten fast allein und schweigend, andere
wiederum sind dicht bevölkert von allerlei skurrilen Bewohnern.
An der Story und dem Plot ist erwähnenswert, dass durchgehend mit
einem Minimum an epischen Ausformungen gearbeitet wird. Die Umgebung ist meist
spartanisch, die Informationen über Charaktere, Historie, Vergangenheit und Fortgang der
Ereignisse sind äußerst spärlich. Vieles bleibt der Fantasie des Spielers überlassen.
Um gleich mal das berühmte Vorbild zum Vergleich heranzuziehen: Wäre The Longest
Journey ein Spielfilm, so wäre The Legend of Crystal Valley ein
Zeichentrickfilm. Oder ein Marionettenspiel. Oder ein Schattentheater. Darin soll keine
Wertung liegen, alle Genres haben ja ihren Charme und ihre Daseinsberechtigung. Ich will
damit nur sagen: die Atmosphäre des Spieles ist vollkommen anders und sehr viel
dünner" als in der episch, effektisch und akustisch breit ausgeformten
Spieleumgebung, in der sich April Ryan bewegt. Der Gesamteindruck verströmt ein gewisses
Low-Budget-Feeling".
Installation, Steuerung
Das Spiel installierte und spielte sich vollkommen problemlos.
Wenn man wie ich während des Spiels zu Testwerkzeugen" wie Word und Photoshop
wechseln möchte, freut man sich darüber, wie schnell das geht und wie wenig Ressourcen
das Spiel okkupiert. Die Spielsteuerung ist wie alles an dem Spiel recht spartanisch, aber
funktioniert tadellos. Der Cursor ist immer ein kleines Dreieck und wechselt je nach
Aktionsmöglichkeit die Farbe: weiß = neutral, gelb = man kann sich an diese Stelle
bewegen, grün = die Aktionsfarbe" für Sprechen, Anschauen oder Aufnehmen,
blau = hier kann man die Szene verlassen. Ein Doppelklick bringt Eve zum Rennen, aber erst
dann, wenn sie in der neuen Szene schon einmal war: jede neue Umgebung muss langsam
durchschritten werden. Das nervt etwas, denn unsere kleine, grob gezeichnete 3D-Eve ist
echt langsam. Jeder Spielstand ist speicherbar, ein Autosave speichert trotzdem immer noch
mal den letzten Stand. Dialoge können mit der Leertaste unterbrochen werden. Am oberen
Bildschirmrand führen zwei Buttons ins Inventar und ins Hauptmenü. Die Gegenstände, die
sich im Inventar befinden, sind in groben schwarz-weiß-Zeichnungen angedeutet. Ein
Mausover erhellt und erklärt sie kurz schriftlich. Im Inventarmenü gelangt man auch zu
Eves Tagebuch. Da unsere Weltenbummlerin im Laufe ihrer Reise nicht nur Gegenstände,
sondern auch Zaubersprüche findet, ist das Inventarmenü noch um den Reiter
Magie" ergänzt. Möchte man einen Zauberspruch anwenden, geht das mit
Doppelklick auf die magische Formel. Diese sehr schöne Idee (ich fühlte mich ein wenig
an Zork Großinquisitor erinnert) wir leider nur sehr spärlich und am Rande genutzt: mehr
als zwei Zaubersprüche gibt es nicht.
Spartanisch ist auch die Sprachausgabe: nur in Dialogen hört man
Stimmen. Eves innere Monologe toben sich ausschließlich schriftlich aus. Alle Dinge, die
man sich anschauen kann, werden schriftlich erklärt/kommentiert. Diese Kommentare
bestehen meist aus mehreren Teilen (sehr oft drei). Mit Klick geht es zum nächsten Das
nervt ein wenig, denn man weiß nie, wann der gesamte Kommentar zu Ende ist. Und klickt
sich so tapfer durch, bis es von vorne mit dem ersten Teil losgeht.
Angenehm hingegen fand ich: wenn man einen Gegenstand erhalten hat,
mit dem einer der Charaktere irgendwas anfange kann, braucht man ihn nicht aus dem
Inventar zu holen er erscheint automatisch als neuer Punkt im Dialogmenü, an der
Farbe zu erkennen: alles was man schon gefragt und abgehandelt hat, ist gelb. Neues ist
weiß.
Grafik, Sound, Atmosphäre
Die Grafik in The Legend of Crystal Valley haut einen
wirklich nicht um. Die 3D-geranderten Figuren kommen schon während des normalen
Spielbetriebes ziemlich grobschlächtig daher, und Eve sieht aus, als ob sie die
berühmten 5-10 kg, die ja irgendwie jede Frau vom Wunschgewicht trennen,
kleidungstechnisch echt besser kaschieren sollte! Und mit ihrem Gesicht hat sie auch kein
Glück gehabt. Aber richtig schlimm wird es in den wenigen Videosequenzen, meist am Ende
eines Kapitels zur Einstimmung auf das nächste Kapitel. Dort sehen die ebenfalls
3D-animierten Figuren noch um einiges grobschlächtiger, gruseliger und uncharmanter aus.
Nein, das ist kein Augenschmaus. Das hübsche Gesicht auf dem Cover kommt im Spiel
definitiv nicht vor: Eve ist echt hässlich!
Die Umgebungen sind teilweise schon recht liebevoll gestaltet, aber
sehr weit entfernt von Grafik-Stars" mit 2,5 D vorgerenderten Hintergründen
und Animationen, Effekten wie Schatten, Spiegelungen usw. Das Wort spartanisch"
trifft es auch hier. Der Gesamteindruck ist irgendwie anachronistisch. Ich fühlte mich an
Gabriel Knight 3 erinnert.
Ebenso wie die Grafik verbreiten Musik und Soundeffekte ein gewisses
Low-Budget-Feeling. Sound generell ist extrem sparsam eingesetzt, die Musik ist
synthetisch und meist homophon, alles andere als elegant abgemischt (Beispiel, wenn der
Freund vom Flötenspieler spricht, wird die Flöte nicht leiser, sondern stoppt abrupt, um
danach wieder in voller Lautstärke einzusetzen).
Die Synchronisation ist ein Kapitel für sich. Deshalb eröffne ich
hier mal eins:
Synchronisation, Sprache
Hier steckten für mich die meisten Überraschungen.
Zu Beginn des Spieles wird so gut wie gar nicht gesprochen. Denn Eve
denkt" ja schriftlich. Die erste Stimme, die wir hören, kommt aus dem Off und
liest uns den väterlichen Brief vor. Und zwar ganz schrecklich! Die Qualität der Stimme
ist gar nicht schlecht, aber die Art des Vorlesens ist so leierig und lätschig und
lieblos, dass ein Profisprecher meiner bescheidenen Meinung nach sein Honorar
zurückzahlen müsste, aber sofort und ohne Wenn und Aber! Ich vermutete instinktiv einen
Laiensprecher, wurde aber skeptisch, als ich Eves Stimme sofort erkannte (Céline
Fontanges: Mona in The Vampyre Story!). Griff aus diesem Anlass mal zum Handbuch, um mir
den Voice Cast" durchzulesen und bin beinah vom Stuhl gefallen: hier gibt sich
die Crème de la Crème der deutschen Synchronsprecherlandschaft die Klinke in die Hand!
Da sind mit Oliver Böttcher, Robert Missler, Katja Brügger, Mario Grete, Alexander
Grimm, Tetje Mierendorf u.v.a. absolut hochkarätige Sprecher am Werk. Merkwürdigerweise
muss man sich erstmal durch den akustischen Griesbrei" des ersten Kapitels
fressen, bis man in den Genuss dieser Sprecherkunst kommt. Aber sobald sich die Bardame
Hilge zu Wort meldet, haben eingefleischte TLJ-Fans sofort ein Lächeln auf dem Gesicht!
Aber es kommt im nächsten Kapitel noch besser: wir dürfen ein Wiederhören mit der guten
alten Krähe feiern. Endgültig geschehen ist es um jeden Fan von April Ryans Abenteuern,
wenn der Zwerg Harry den Mund aufmacht!!
Ob diese streckenweise hervorragenden Sprecherleistungen dem Spiel
nützen oder schaden, darüber bin ich mir nicht so richtig im Klaren. Auf der einen Seite
ist es schön, tolle und dazu noch bekannte Stimmen zu hören. Auf der anderen Seite
stehen die Inhalte der Dialoge in keinem richtig stimmigen Verhältnis zu der
Sprecherqualität. Es fühlt sich ein wenig so an, als ob eine Portion Pommes mit Majo auf
einem Silbertablett daherkommt. Der Einsatz der tollen Synchronisationsarbeit lässt mich
an die Hochzeit zu Kanaan denken: dieses Feuerwerk an tollen Dialogen wird nicht zu
Anfang, zum Anfüttern, abgebrannt, sondern mitten drin, wo der geneigte Spieler sowieso
schon gewonnen ist. Warum??
Rätsel
Tja, hier lag für mich der Hase im Pfeffer. Bzw. die Krähe in
der Kiste. Sämtliche Rätsel sind leider viel zu hm leicht" ist
das falsche Wort. Ich habe nichts gegen leichte Rätsel. Der Schwierigkeitsgrad ist für
mich nicht das einzige Kriterium, das Rätsel vergnüglich macht. Leichte Rätsel können
trotzdem witzig, schön, originell, optisch oder akustisch ansprechend, innovativ oder
inspirierend sein. Diese hier sind fast alle langweilig. Einzig in den Kapiteln 2-4
kam bei mir sowas wie Spielfreude auf, weil man mit lauter lustigen Charakteren und
Figuren in Interaktion treten kann. Wenn sich Eve beim Dorfschmied dafür entschuldigt,
seine Arbeit nicht höher eingeschätzt zu haben, flackert sogar zaghafter Humor auf. Das
Spielprinzip ist fast durchgehend: von Person zu Person ziehen und Gefallen einfordern /
Tauschgeschäfte abschließen / Versprechen einlösen, bis man alles beisammen hat, was
man braucht. Aber auch wenn die Gegend mit netten Figuren bevölkert ist, werden die
Rätsel nicht interessanter. Der Ball, für den man bei der Bibliothekarin etwas
eintauschen kann, ist nach dem Dialog mit zwei Lausbuben einfach im Inventar, man musste
ihn nicht mal aufheben. Oder: in einem Raum liegt ein defekter Roboter, dem wir einen Arm
und ein Bein anschrauben müssen. Im nächsten Raum liegt zack ein Bein rum.
Im übernächsten ein Arm.
Es gibt mechanische, akustische und Kombinationsrätsel. Meist
müssen Gegenstände hin- und hergeschleppt und Figuren übergeben, gelegentlich
miteinander kombiniert werden. Nur zwei Rätsel (eine Musikbox muss repariert werden,
indem man sich eine melodische Tonabfolge einprägt, und ein Türmechanismus muss in ein
bestimmtes Muster gebracht werden) waren winzige Herausforderungen.
Die Rätsel sind meiner Meinung nach so leicht und belanglos, dass
sich auch Genre-Neulinge nicht freuen, sondern fragen werden, was um alles in der Welt an
Grafik-Adventures bloß interessant sein soll.
Und: seit langem bin ich mal wieder auf eine echte Sackgasse
gestoßen: Wenn man es im Kapitel 7 nach dem Dialog mit dem Fährmann versäumt, einen
Fisch zu stibitzen, solange man sich noch in der Nahansicht befindet, ergibt sich später
keine Gelegenheit mehr. Und ein Fortkommen ohne eben jenen Fisch ist unmöglich. Es heißt
also, zähneknirschend einen früheren Spielstand zu laden und alles noch mal
durchzuexerzieren. Für Leute, die sich ausschließlich auf das Autosave verlassen haben,
bedeutet das: ganz von vorn! Ob das die einzige Sackgasse im Spiel ist, kann ich nicht
beschwören ich habe nicht alle Gelegenheiten, Dinge liegen zu lassen, ausprobiert.
Fazit
Mein Gesamteindruck von dem Spiel ist zerrissen und inhomogen.
Dem Feuerwerk an Dialogen steht ein eher hölzern-marionettenhaftes Spiel und eine
Handlungsentwicklung mit Sprüngen und Lücken gegenüber. Die nette Idee mit den
Zaubersprüchen ist nicht adäquat genutzt worden. Die Gesamtspieldauer betrug bei mir ca.
6 Stunden und ist damit nach meinem Gefühl immer noch zu kurz für die 15,90 , die
man für das Spiel berappen muss. Sowohl den Figuren als auch der Handlung fehlt es an
Stringenz und Tiefe. Das Ende hat mich maßlos enttäuscht.
Bewertung: 62%
Bewertungssystem Adventure-Archiv:
- 80% bis 100% sehr gutes Spiel (sehr empfehlenswert)
- 70% bis 79% gut (empfehlenswert)
- 60% bis 69% befriedigend (bedingt empfehlenswert, mit Abstrichen)
- 50% bis 59% ausreichend (nicht gerade empfehlenswert)
- 40% bis 49% ziemlich schlecht (eher abzuraten - etwas für
Hardcore-Adventure-Freaks und Sammler)
- 0% bis 39% grottenschlecht (lieber die Finger davon lassen)
Minimale Systemanforderungen:
- Windows XP/Vista
- 1,6 GHz Prozessor
- 128 MB AGP Grafikkarte
- 512 MB RAM
- DirectX 9.0 oder höher
- CDROM-Laufwerk
- 514 MB Festplattenspeicher
Gespielt auf:
- Windows 7
- ATI Radeon HD5670 DirectX 11 Grafikkarte mit 1024 MB
- 4 GB DDR3 SDRAM Arbeitsspeicher
- AMD Phenom II X4 925 Quad Core Prozessor - 2,8 GHz
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Das Startmenü: Der erste Eindruck von einer etwas dicklichen Eve mit
Gummiknien

Eine eigentlich
recht stimmungsvolle Nahansicht, nur der gerenderte Mitnehm-Gegenstand (Pokal mit Mond)
fällt sofort ins Auge

Eine Schönheit
ist sie nicht, unsere Spielfigur Eve

Während der Dialoge blendet sich immer ein
kleines Portrait vom Sprecher am unteren Bildschirmrand ein

Das Dialogmenü: Was gelb ist,
ist schon abgefragt

Bei Gegenständen, die
man aufnehmen kann, öffnet sich nochmals ein kleines Untermenü: anschauen"
oder nehmen"?.

Allerlei
skurrile Gestalten bewohnen das skurrile Dorf

Die monochromen
Bilder während der Ladezeiten zwischen zwei Kapiteln sind grafisch noch die
ansprechendsten

Eines der wenigen etwas
anspruchsvolleren Rätsel: Die Kugeln müssen in eine bestimmte Reihenfolge gebracht
werden.

Düstere Zwischensequenzen
leiten in das jeweils nächste Kapitel

Die Eidechse: ein Wiederhören
mit einem für alle TLJ-Fans guten alten Bekannten!

Harry und Willy, die
Heimeligen"

Mitten zwischen umgekippten Regalen
quiekt ein Bücherwurm". Typisch für die Erzählweise: was er da macht und
warum es ihn gibt, spielt nicht die allergeringste Rolle.
Mehr Screenshots
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