Testament of Sin - Das Vermächtnis
Erscheinungsdatum: 11/2008
Entwickler: Detalion
Publisher: City
Interactive
Spielsprache: deutsch
Boxshots
USK: ab 6 Jahren
PEGI: 16+
Ein Review von Thelma 09. Dezember 2008
Das dunkelste Geheimnis der Menschheit
lüften" na da fühle ich mich doch sofort auf den Plan und an den Rechner
gerufen! Und das für unter 30 Euro, was mir in letzter Zeit respektive zu
Adventure-Dürrezeiten immer öfter zum Kaufkriterium gerät. Und weil die Demo
mich an die von mir sehr gern gespielte Geheimakte Tunguska erinnerte und atmosphärisch
wohl gefiel, erwarb und spielte ich Testament of Sin das Vermächtnis."
Story
Sylvie Leroux, Nichte eines berühmten Archäologen, der auf Malta lebt und in Sachen
Malteserorden forscht, wird von ihrem Onkel nach Malta beordert, um eine Grabungsstätte
in Augenschein zu nehmen, in der er Bemerkenswertes entdeckt zu haben ankündigt. Sylvie,
selbst Archäologin und höllisch gespannt auf die Entdeckung ihres Onkels, reist sofort
in die maltesische Hauptstadt La Valletta, um dort zu sehen, dass von ihrem Onkel jede
Spur fehlt und dass die Entdeckung mit ihrem eigenen Forschungsgebiet zu tun hat: der
Untersuchung des Untergangs der Städte Sodom und Gomorra.
Im Laufe des Abenteuers verschlägt es Sylvie nach Istanbul und Rom, sie kehrt aber immer
wieder zum Ausgangspunkt Valletta zurück. Das schmückende, mystisch-nebulöse Beiwerk
der Story blitzt in kurzen Rückblenden auf und bewegt sich im thematischen Umkreis des
Malteserordens. Auch der adventuretechnisch arg strapazierte Tempelritter-Großmeister
Jacques de Molay kommt vor! Wenngleich nur als eine Art historisches Streiflicht, als vage
Abgrenzung des Templerordens vom Malteserorden. So recht hat sich mir der Sinn seiner
Erwähnung nicht erschlossen. Ebenso wie manche zum Teil recht schwammig hingeworfene
historische Brocken, die wohl Spannung erzeugen sollen, aber durch das komplette Fehlen
eines logischen Kontextes immer eigentümlich in der Luft hängen. So wabert z.B. im
Showdown ein geheimnisvolles Licht aus einer bisher sorgsam verschlossenen Kiste, aber
warum genau es das tut und was genau das ganze mit Sodom und Gomorra zu tun hat, habe ich
auch nach dem dritten Durchgang einfach nicht verstanden!
Tja, die Story: ich möchte den Entwicklern wirklich nicht Unrecht tun und ich freue mich
ja immer, wenn eine weitere Publikation mein geliebtes Genre vorm Aussterben bewahrt, aber
irgendwie hatte ich das unbehagliche Gefühl, dass sich der Plot des Spieles brav an dem
entlang hangelte, was Marketingexperten analytisch als vermarktbar erkannt zu haben
meinten. Ich finde, man kann dem Vermächtnis einen klitzekleinen Vorwurf des Epigonentums
machen.
Installation/Steuerung/Sprache/Sound
Das Vermächtnis ist ein klassisches 3rd-Person-Point-and-Click-Adventure in
2D/3D-Perspektive mit dem im Genre üblichen Hauptmenü, einem in der unteren Bildleiste
permanent eingeblendeten Inventar und einem großen ?" als Hotspot-Anzeiger (so
wie die Leertaste in Tunguska). Durch Klick auf ?" kann man sich anzeigen
lassen, wo im Screen noch Aktionen möglich sind. Die Installation lief problemlos und
verhältnismäßig schnell, ich geriet bloß vorher hatte ich die Demo gespielt und
auch wieder deinstalliert an der Stelle ins Stocken, wo die Demo endet und die
Vollversion weiter geht ging sie aber nicht. Nach mehreren vergeblichen Anläufen
habe ich dann entnervt das komplette Spiel wieder deinstalliert und neu installiert, bloß
um dem City-Interactive-Support sagen zu können, ich hätte alles probiert. Und beim
zweiten Anlauf ging dann plötzlich alles ohne zu murren.
Die Performance und Geschwindigkeit habe ich als äußerst
angenehm empfunden. Das mag auch am Kontrast liegen: vorher hatte ich Edna bricht
aus" gespielt und war am Rande meiner Geduld ob der ewigen Lade- und Speicherzeiten.
Wohl deshalb erschien mir das Vermächtnis sehr schlank und flink. Lediglich die
Videosequenzen haben etwas geruckelt, in einigen wenigen Screens blitzten von Zeit zu Zeit
3D-Artefakte auf. War aber nicht schlimm. Ich muss wohl schooon wieder der Anschaffung
einer neuen Grafikkarte tapfer ins Auge sehen ...
Sylvies Kommentare kann man zwar innerhalb der Dialoge mit
der linken Maustaste abbrechen, leider aber sonst nicht, etwa beim Betrachten eines
Gegenstandes oder beim Ausprobieren einer Kombination. Dann rappelt der Satz immer
gnadenlos herunter, egal wie lang(weilig) er ist. Das hat leicht genervt. Zumal die
Kommentare immer gleich lauten und bar jeglichen Wortwitzes sind (da wiederum konnte
natürlich Edna punkten!).
Das Spiel ist absolut professionell synchronisiert,
Soundeffekte und Musik nicht minder professionell, stimmungsvoll und sehr angenehm.
Hübsch fand ich die stimmigen Geräusche, immer wenn eine Kombination zweiter
Gegenstände im Inventar gelingt. Auch gibt es, immer wenn Sylvie aus zwei Gegenständen
einen neuen bastelt, ein originelles Mini-Päuschen": die Gegenstände
verschwinden kurz aus dem Inventar, Sylvie fummelt rum, nach ein paar Sekunden taucht der
manipulierte/neue Gegenstand wieder auf. Eigentlich logisch!
Grafik
Die Grafik ist für mich der absolute Pluspunkt des Spieles. Kein Innovationskracher, aber
atmosphärisch ganz wundervoll und mit viel Liebe zum Detail. Eine Augenweide. Toll fand
ich die Architektur um einen heimatlichen Mittelpunkt", zu dem man von allerlei
Exkursionen immer wieder zurückkehrt und der sich dann zu wechselnden Tages- und
Nachtzeiten mit neuen Rätseln präsentiert in diesem Falle die maltesische
Hauptstadt La Valletta. Genau das liebe ich bei klassischen Adventures ganz besonders:
allerlei Aufgaben an allerlei Orten lösen und dann nach Hause" zurückkehren.
Vielleicht werden mich ein paar Verrückte verstehen, die irgendwann in ihrem Leben mal
das Gefühl hatten, in Rennes le Chateau zu wohnen ;-) Oder in Nicos Appartement ;-) In
Sachen Grafik, Sinn für Details und Atmosphäre bin ich beim Vermächtnis" auf
meine Kosten gekommen.
Rätsel
Tja, hier kommen wir zu meinem heftigsten Kritikpunkt: Für einen einigermaßen geübten
Adventurerer ist das komplette Spiel von Anfang bis Ende einfach viel zu leicht und
anspruchslos. Ich bin wahrlich keine Spielerin, die nach harten Nüssen"
krakelt und grantelig ist, wenn sie sich nicht das Hirn verrenken darf. Zur Einordnung:
ich fand die Keepsake"-Rätsel VIIEEEL zu schwer, habe in Syberia"
sogar das Schleusenrätsel nicht ohne Hilfe geschafft und empfand den Schwierigkeitsgrad
der Geheimakte Tunguska" als ganz genau passend für meine kleine Seele, um
weder unter- noch überfordert zu sein und ohne Komplettlösung durch das Abenteuer zu
gelangen. Darüber wird mancher Hardcore-Adventurer" müde lächeln ... Wenn
also sogar ich sage, das Rätselniveau des Vermächtnisses ist flach, dann ist es das
bestimmt. Ohne Höhen und Tiefen und nennenswerte Herausforderungen plätschern alle
Rätsel so vor sich hin, bis das Spiel plötzlich zu Ende ist. So hat es mir gerade mal
dreieinhalb unterhaltsame Abende beschert, ehe unvermittelt das Ende (und der nach meinem
Geschmack flache und enttäuschende Showdown) eintritt. Das alles empfand ich als zu wenig
Spielspaß für zuviel Geld.
Es gibt zwar bei der Beurteilung von Adventures ein paar Kriterien, die ich wichtiger
finde als den Schwierigkeitsgrad der Rätsel: etwa Originalität, Spannung, Humor,
Innovation, Dramaturgie, Genialität, Experimentierfreude usw. Aber auch in all diesen
Disziplinen bekleckert sich das Vermächtnis nicht mit Ruhm.
Bei den Rätseln handelt es sich zum allergrößten Teil um klassische Inventar- und
Objekträtsel. Alle gleich leicht. Sie werden gelegentlich variiert, aber nur durch nicht
minder weichgespülte mechanische Rätsel. Einmal muss man ein sehr einfaches Puzzle aus 8
Mauersteinen lösen, einmal in sich auf und ab bewegende Felsbrocken zum richtigen
Zeitpunkt einen Blockadestein werfen und schließlich ein paar Stein-Schalter in der
richtigen Reihenfolge eindrücken. Uuuuuuund tatatataaaa - es gibt ein
Kistenschieberätsel!!! Voller Vorfreude auf das eine oder andere augenzwinkernde Zitat
hub ich an zu schieben. Aber NICHTS! Nicht mal das George-Stobbart-Stöhnen beim
vergeblichen Schieben, allein das hätte mir ja ein kleines Lächeln ins Gesicht
gezaubert... Schade.
Fazit
Um ein nach meinem Geschmack sehr gutes Adventure zu sein, dafür ist das Vermächtnis
einfach zu kurz und zu mainstreamig". Ich bin nicht mal sicher, ob es in dieser
Ausformung Genre-Neulinge anfüttern könnte. Das brave Vermarktungsrezept für dieses
Spiel schien zu sein: Man nehme eine hübsche Protagonistin, eine Prise Mystik, einen
Esslöffel biblisches Leitmotiv, fünf Gramm Tempelritter, professionelles Artwork in
Sachen Grafik und Synchro, eine solide Programmierung ach ja, und beinah
vergessen ein Kistenschieberätsel! Zack, schwarze Zahlen!
Die Kürze des Spieles ist nicht alles, was mich enttäuscht hat. Die Story ist bei auch
mystisch-nebulösem Lichte besehen einfach gar keine. Der Plot ist mit so losen Maschen
aneinandergestrickt, dass das historische" Handlungskorsett ständig
aufzuribbeln droht.
Aber dennoch habe ich das Spiel gern gespielt. Die wundervolle Grafik und die schöne
Spielatmosphäre haben mich für die Lieblosigkeit" bei der Story und den
Rätseln entschädigt und mir doch soviel Spielvergnügen bereitet, dass ich diese
Gesamtpunktzahl vergebe:
Gesamtwertung 73%
Bewertungssystem Adventure-Archiv:
- 80% bis 100% sehr gutes Spiel (sehr empfehlenswert)
- 70% bis 79% gut (empfehlenswert)
- 60% bis 69% befriedigend (bedingt empfehlenswert, mit Abstrichen)
- 50% bis 59% ausreichend (nicht gerade empfehlenswert)
- 40% bis 49% ziemlich schlecht (eher abzuraten - etwas für
Hardcore-Adventure-Freaks und Sammler)
- 0% bis 39% grottenschlecht (lieber die Finger davon lassen)
Systemvoraussetzungen:
- Windows XP/Vista
- CPU 1,5 GHz
- 512 MB
- DirectX 9
- NVIDEA-GeForce oder ATI Radeon 64 MB RAM, DirectX-kompatibel
- 1 GB freier Festplattenspeicher
- DVDROM-Laufwerk
- Maus, Tastatur
- DirectX-kompatible Soundkarte
Gespielt auf:
- Windows XP
- NVIDEA-GeForce 6200
- 512 MB
- Pentium 4 CPU 1700 MHz
|
|

Das Hauptmenü vor der Grabungsstätte im Dämmerlicht sehr stimmungsvoll

Sylvie durchstöbert das Arbeitszimmer ihres Onkels nach
brauchbaren Hinweisen

La Valetta auf Malta: es ist eigentlich viel zu heiß für
Abenteuer ...

Die Stätte archäologischer Erkenntnisse. Mal in der Mittagssonne, mal im
Dämmerlicht

Dezentes Product Placement ;-)

Im Vatikan warten keine schweren Rätsel, aber schöne
Bilder

Uuuuuund: ein Kistenschieberätsel! Juhu!!!

Sylvie als Nonne im Garten des Vatikan: nicht neu, aber
grafisch einfach wunderschön!

Liebevolle Grafik mit Sinn für stimmungsvolle Details

Sylvie Leroux vor der malerischen Kulisse der antiken Trümmer: da kommt
ganz schnell Urlaubsstimmung auf!
Mehr Screenshots
|