Eines vorweg: Sogenannte humorvolle Unterhaltung aus
Deutschland - speziell wenn sie dem deutschen Privatfernsehen entspringt finde ich
sehr oft alles, nur nicht humorvoll. Dass man das sicher nicht pauschalisieren kann,
zeigen Serien wie z.B. die herrlich subversive Stromberg-Reihe. Aber der bisherige
Ausschuss von Christian Tramitz und Axel Stein, die bei dem für das Adventure zugrunde
liegenden Film Tell" u.a. die Hauptrolle spielen, ist für mich aber eher ein
gutes Beispiel für die erstgenannte Kategorie des lauen Klamauks ohne Substanz. Nun ja,
es ist sicherlich auch schwierig, Humor am Fliessband zu produzieren.
Und so bin ich eigentlich auch überhaupt kein
Michael-Bully-Herbig-Fan, aber das vor einiger Zeit erschienene Adventure
(T)raumschiff Surprise" war zumindest halbwegs nett spielbare Unterhaltung für
zwischendurch. Denn die Hersteller von Adventures arbeiten glücklicherweise oft sehr
eigenständig von den eigentlichen Machern der ursprünglich zugrundeliegenden Serie bzw.
des Films und manches Spiel entwickelt dann teilweise eine Eigendynamik losgelöst vom
Original. Und so erhoffe ich mir, dass man aus der Grundingredienz Tell" ein
nettes Abenteuer gebraut hat.
Die Handlung? Tell me!
Tell? Tell? Tell? Verdammt, wer war das noch mal? Klar, das war der
mit der Armbrust und dem vom Kopf geschossenen Apfel. Aber wie noch einmal genau ging die
Erzählung von Schiller? Ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht, wie exakt man sich an der
Originalgeschichte gehalten hat.
Nachdem ein gut ins Spiel integrierter, da auf einer Couch mitten im
Spielgeschehen sitzender Schiller als Erzähler einen sehr langen Monolog gehalten und
damit einiges von der Rahmenhandlung der Geschichte wiedergegeben hat, sieht man am Anfang
Tell und seinen Freund Val-Tah, wie sie sich einen kameradschaftlichen Wettstreit mit der
Armbrust liefern. Unglücklicherweise schleicht just in dem Moment der bösartige Landvogt
durchs Gebüsch. Und da Val-Tah bei seinen Schießübungen zufällig in die Richtung des
Vogts zielt und selbigem die Krone vom Kopf schießt, denkt dieser nun, dass Val-Tah ein
Attentat auf ihn verüben wollte. Schnell eilen die Männer des Vogts herbei und führen
den zu Unrecht Verdächtigten ab. Tell hingegen wird nicht beschuldigt und landet als
Hilfskoch in der Trutzburg, dem Domizil des Vogts. Er schwört allerdings, dem armen
unschuldig hinter Gittern sitzenden Val-Tah zu helfen. Denn jenem droht für sein
angebliches Verbrechen der Tod.
Grafik
Zum einen liegt es sicher auch an dem Ort des Geschehens, also der
Schweiz, dass mich Tell grafisch sofort an Simon the Sorcerer 4 erinnert hat, da auch
Simon in weiten Teilen in fiktiven Locations spielte, die stark an natürliche
Landschaften und mittelalterliche Städte etwa Bayerns, Österreichs oder wie in diesem
Fall der Schweiz angelehnt sind. Aber noch viel mehr liegt es an der Art der comichaften
Darstellung, welche Simon 4 grundsätzlich einfach etwas ähnlich ist. Man könnte
mutmaßen, dass hier teilweise die selben Leute verantwortlich sind. Allerdings erreicht
man nicht ganz dessen Niveau, da Tell einfacher umgesetzt wurde. Die Hintergründe wurden
z.B. gar nicht animiert.
Trotzdem, die Grafik kann sich gut sehen lassen. Bewegungen und
Mimik gefallen, besonders die von Tell selbst, bei dem man sich natürlich noch etwas mehr
Mühe als mit den Nebencharakteren gegeben hat. Und so fängt es eigentlich
vielversprechend an. Jedoch stößt man im wahrsten Sinne des Wortes schnell an die
Grenzen des Spiels. Denn es gibt insgesamt sage und schreibe nur sieben magere Locations,
in denen das komplette Spiel stattfindet! Das ist für ein Spiel um die 30 Euro viel zu
wenig und absolut ungenügend! Da sind die meisten Demos ja umfangreicher!
Die Charaktere sind - wie auf dem Cover zu lesen ist - original bzw.
wenn man es nur unwenig genauer als der Hersteller definiert - als animierte Figuren den
Originalschauspielern nachempfunden. Da sie zudem nicht von diesen synchronisiert wurden,
liegt der Grad der Abstraktion zu den Originalschauspielern noch etwas höher. Und wenn
man nicht genau darauf achtet, wird man nur noch wenig an diese erinnert. Dadurch und
durch die comichaften Hintergründe entwickelt das Adventure, wie ich es mir erhofft habe,
schon seine Eigendynamik und erinnert grafisch mehr an ein normales Adventure als an den
Film. Die Figur des auf dem Cover beworbenen und recht groß dargestellten Axel Stein
sieht man z.B. nur kurz in einer kleinen Nebenrolle.
Es trat während meines Spiels ein unschöner Grafikfehler auf, denn
in vielen Bildern wurden Teile der Figuren von den Hintergründe überlagert.
Handhabung
Es ist erfreulich: Bis auf wenige Ausnahmen, wie der unbequemen
Steuerung bei Dead Reefs, sind die meisten Adventures, die ich in letzter Zeit gespielt
habe, mit einer praktischen und solide ausgeführten Point+Click-Steuerung und -Bedienung
ausgestattet.
Es gibt ein übersichtliches Optionsmenü, in welchem man alle
wichtigen Werte justieren kann. Hier lassen sich direkt vier Werte bei der Akustik,
nämlich Stimmen, Hintergründe, Musik und Effekte getrennt regeln. Sehr löblich. Weiter
kann man Untertitel an- oder ausschalten.
Die eigentliche Steuerung funktioniert in ähnlicher Form wie die
meisten Point&Click-Spiele der letzten Zeit: Mit der linken Maus kann man im Prinzip
fast durch das ganze Spiel steuern. Einziger Wermutstropfen ist, dass ich mir wieder
einmal wünsche, dass man in der Tradition guter Adventures wie Monkey Island und Co.
mehrere Möglichkeiten der Interaktion zur Auswahl hat, also entscheiden kann, ob man
einen Gegenstand bzw. eine Person nun betrachten oder ansprechen will etc.. In Tell
erscheint sofort das entsprechende Icon und man macht mal wieder alles automatisch. So ist
man in seinem Handlungsspielraum doch ziemlich eingeschränkt. Das Inventar erscheint,
wenn wir den Cursor zum unteren Bildschirmrand führen. Hier kommt noch einmal die rechte
Maustaste zum Einsatz, mit der wir uns Gegenstände beschreiben lassen können.
Mit der linken Maustaste lassen sich Dialoge und Cutscenes
abbrechen, wenn ein entsprechendes Zeichen eingeblendet wird. Ein Doppelklick lässt Tell
rennen und ein einfacher Klick auf das Türsymbole lässt ihn direkt zum nächsten Ort
gelangen, ohne dass er langwierig dorthin traben muss. Es gibt noch ein paar Hotkeys für
Speichern, Laden, etc. Mit H kann man sich alle Hotspots, mit G alle Gegenstände und mit
E alle Exits anzeigen lassen. Und wieder gibt es offensichtliche Parallelen zu Simon 4, da
man mit einem Key zu einem dreistufigem Hilfesystem gelangt, welches genau wie das System
in dem besagten Spiel mit dem Zauberer funktioniert.
Dialoge und Vertonung
Kommen wir zu einem ziemlich unschönen Punkt den Dialogen.
Davon wird sehr ausgiebig Gebrauch gemacht und so stehen einem oft bis zu fünf
Antwortmöglichkeiten zur Verfügung, die nicht selten sehr lang sind. Und so muss man
eine Antwort nach der anderen durchgehen, da zwischendurch natürlich immer mal eine für
den Spieler wichtige Information einfließt. Jedoch geht hier Quantität eindeutig vor
Qualität - geschätzte 90 % der Dialoge enthalten weder Informationen noch sind sie in
irgend einer Weise humorvoll oder unterhaltsam. Es wird ein müder Kalauer nach dem
anderen gezückt. Einige Dialoge, wie die des Hauptdarstellers sind noch gekonnt
eingesprochen, während z.B. der übertriebener bayrische Dialekt schon arg grenzwertig
ist. Noch penetranter fand ich aber das quäkende überzogen-schwulstige Organ des
Landvogts. Solche klischeehaften Stereotype dürfen in deutscher Unterhaltung
offensichtlich nicht fehlen Und so war ich froh, dass man die Dialoge wegklicken kann.
Wohl dem, der schnell lesen kann.
Am Anfang ist mittelalterlicher Sound zu hören und auch die anderen
Tracks sind nette, leichte Melodien vom Keyboard, die ihren Zweck als
Hintergrundbeschallung erfüllen.
Rätsel
Die Rätsel sind alle entweder objektbezogen oder man muss den
richtigen Gesprächspartner finden, damit es weiter geht. Tja, es gibt wie gesagt ganze
sieben Bilder und hier wurden alle Rätsel reingequetscht. Und davon gibt es in den
geschätzten fünf bis sechs Stunden Spielzeit gar nicht so wenige. Einige sind ganz nett,
bei anderen, merkt man deutlich, dass sie nur spielverlängernd eingebaut wurden. Und so
gibt es am Ende fast keinen Gegenstand, der nicht für ein Rätsel hinhalten musste. Ich
denke, ich muss nicht groß erklären, dass das ganze Rumgerenne in immer denselben
Locations und das permanente Ansprechen immer derselben Personen mit der Zeit immer
eintöniger wird.
Aufmachung
Tell kommt auf einer CDROM in einem DVD-Case mit einem dünnen
Beiblatt, welches nur die nötigsten Informationen enthält.
Fazit Ist Tell toll?
Zunächst dachte ich, dass Tell kein Schnellschuss wie viele
Adventures zu Kino- oder Fernsehlizenzen sei, da es vom ersten Eindruck halbwegs
vielversprechend anfing. Zwar ist Tell grafisch kein absolutes Premium-Spiel in der
neuesten High-End-Grafik und der Spieler wird auch nicht mit separaten Sequenzen
verwöhnt. Aber es erinnert von der Machart immerhin zumindest etwas an den letzten Teil
von Simon the Sorcerer, wenn auch nicht in ganz so ansprechend und aufwändig gestaltet.
Jedoch wird der erste Eindruck relativ schnell zunichte gemacht,
wenn wir feststellen, dass das ganze Spiel tatsächlich in sage und schreibe nur sieben
mageren Bildern stattfindet und wir maximal genau so viele Charaktere treffen. Damit
bietet Tell nicht nur ein Bruchteil an Locations die Spiele in dieser Preiskategorie
normalerweise aufweisen, sondern auch fast alle Low-Buget-Spiele bieten hier um einiges
mehr. Hier ist das Preis-Leistungsverhältnis absolut im Ungleichgewicht und man hat man
wohl offensichtlich mehr versucht, mit minimalstem Aufwand und niedrigsten Kosten ein
möglichst gewinnbringendes Produkt abzuliefern.
In diesen sieben Szenen hat man versucht, möglichst viele Rätsel
auf Teufel komm raus unterzubringen. Und so hat man am Ende des Spiels jedes Bild hundert
mal betreten und ebenso oft mit jedem Charakter gesprochen.
Was die Gespräche anbelangt, so wird drauf los gequasselt, was das
Zeug hält und man hält sich mit flachen Kalauern nicht zurück. So bekommt das Spiel
einen Hauch von Komödienstadel-Charakter, wenn so ein bayrisches Urviech vor dir steht
und der biedere Humor mit ebensolchem Dialekt in zähen langwierigen Dialogen vorgetragen
wird. Und auch ein Charakter in dem Fall der Vogt , dem man eine völlig
nervig-übertrieben-tuntige Stimme verpasst hat, darf in dieser Liga der Spiele scheinbar
nicht fehlen.
Da die Rätsel zumindest gut nachvollziehbar und die Grafik und
Bedienbarkeit wie gesagt erstaunlich solide umgesetzt wurden, macht das unter dem Strich
eine