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The Arrangement
Erscheinungsdatum: 06/2004
Entwickler/Publisher: Michael B. Clark
Spielsprache: Englisch
Ein Review von André 11. Oktober 2004
Bei The Arrangement handelt es sich um ein gruseliges
Krimi-Independent-Adventure mit stellenweise stark surrealen Tendenzen.
Gespielt wird aus der Ich-Perspektive.
Nicht nur im musikalischen Bereich oder bei Filmen, sondern auch bei
Grafik-Adventures gibt es erfreulicherweise eine rege Independent-Szene bzw. unabhängige Spielededsigner, welche in Eigenregie kleine und oftmals alles andere als schlechte Adventures herausbringen.
Und da mein Herz ja schon immer, also zumindest seit dem Einsetzen der
Pubertät für die Indies schlägt und da ich zudem von The Arrangement von
anderen Spielern in den einschlägigen Foren schon einiges Gute gelesen habe, musste ich das Spiel einfach bestellen. Zudem wurde mir der Kaufentscheid sehr leicht gemacht, da das Spiel als Neuerscheinung und Import trotzdem nur ca. 10 Euro kostet.
Handlung
Vorab sei erwähnt, dass die Handlung in dem Spiel nicht wirklich umfangreich ist und das Spiel eher durch die Rätsel vorangetrieben wird. Daher sollten sich eventuell auch mal Personen an dem preisgünstigen Spiel wagen, die über etwas bescheidenere Englischkenntnisse verfügen und es schon immer mal mit einem englischen Adventure versuchen wollten. Denn auch sonst gibt es verhältnismäßig wenig Stellen zu lesen und die wenigen Dialoge sind untertitelt.
Die Grundsituation ist dementsprechend schnell erklärt: Im Intro sieht man Annie an ihrem Hochzeitstag, wie sie in der Umkleide mit einem unbekannten Mann ein offensichtlich wichtiges Gespräch führt. Die
beiden scheinen ein geheimes Abkommen, ein Arrangement zu haben. Sie verlässt den Raum und bekommt so nicht mit, wie der Unbekannte hasserfüllt ihr Foto zu Boden wirft.
Wir nehmen die Rolle ihres Ehemanns Rick ein, der mit ihr fünf Jahre später den fünften Hochzeitstag feiern will. Leider ist Annie verschwunden und der Unbekannte, von dem wir am Anfang nicht mehr als seinen Namen "Fortrey" wissen, scheint damit im Zusammenhang zu stehen.
Was den Spieler natürlich brennend interessiert, ist, wo die Gattin ist und
was sich hinter diesem Arrangement verbirgt. Das ganze Spiel ist eine
spannende Treibjagd nach Fortrey. Je mehr wir über das Arrangement erfahren, desto größer ist der Wunsch, den Unbekannten kennen zu lernen, um die ganze Wahrheit zu erfahren. Die Spuren der Suche führen uns zu immer neuen Orten. Mal denken wir, wir sind kurz davor ihn zu packen und da ist er auch schon wieder verschwunden.
Letztendlich führen alle Spuren quasi als Finale zu Fortrey´s Unterschlupf.
Es ist ein Haus mit vielen unterirdischen Gängen. Dort merkt man dann, dass sehr viele der zuvor besuchten Orte durch die Gänge sehr schön miteinander verknüpft sind. Hier dürfen wir uns auch rätselmäßig noch einmal so richtig austoben.
Grafik: Was können die Indies?
Es gibt einige Unterschiede zu den Großen in der Spieleindustrie: Der
Hauptunterschied dürfte in der Qualität der Grafik liegen, welche bei The
Arrangement bedingt durch das geringere Budget eines
Fast-Einmann-Unternehmens natürlich längst nicht so professionell sein kann. Das Spiel ist alles andere als Up-to-Date und großartig animierte Sequenzen sucht man vergebens.
Das macht aber nichts, denn die Grafik wirkt zwar grober, aber erfüllt nicht
nur vollkommen ihren Zweck, sondern wirkt gleichzeitig auch sehr
interessant, da sie auch nicht so glattgebügelt wie bei manchem
kommerziellen Adventure daherkommt.
Als negatives Beispiel möchte ich da mal wieder etliche der historischen
Adventures von Cryo nennen, bei denen man in meist recht prächtiger, aber langweiliger Grafik und Atmosphäre durch irgendwelche gleichförmigen, schnöden Schlossgärten und noch öderen Rätsel lustwandelt. Fairerweise sollte ich aber noch anmerken, dass Cryo auch sehr spannende Spiele produziert haben und es natürlich auch andere Firmen gibt, welche mit großem Aufwand stinklangweilige Spiele produziert haben.
Wie auch immer, The Arrangement ist da anders. Die Grafik wirkt wie erwähnt längst nicht so filigran, aber dafür eigenständig und experimentell. Die stellenweise etwas spartanisch eingerichteten Räume fand ich sehr
interessant. Und wenn in einer wilden Traumsequenz z.B. plötzlich auf
Schwarzweiß geschaltet wird, merkt man einfach, dass Michael B. Clark
einfach voller Enthusiasmus an dem Spiel gearbeitet und seine Ideen
verwirklicht hat.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich nach dem Intro, welches mit der
Holzhammermethode animiert wurde und eher den Eindruck eines irren Kurzfilms macht, ein Weilchen gebraucht habe, um mich mit dem Spiel anzufreunden.
Im Rest des Spiels dominieren dann hauptsächlich Standbilder. Hier und da bewegt sich mal die Flamme einer Kerze oder ein Feuerchen lodert im Kamin. Selten taucht mal eine sparsam animierte Person auf.
Dennoch schafft es Clark, eine sehr düstere, bedrohliche Atmosphäre zu
erzeugen. Dabei erinnert mich der Hauptdarsteller vermutlich durch den
toppaktuellen Schnauzbart ein wenig an den jungen Donald Sutherland in
"Wenn die Gondeln Trauer tragen". Aber diese Parallele ist sicher ungewollt.
Rätsel
Einfallsreich sind sie gestaltet, die Rätsel. Ich fand sie größtenteils
nicht unbedingt leicht, aber doch lösbar. Ein paar mal habe ich aber doch
nachgeschaut. Und in der zweiten Hälfte des Spiels noch einmal ein bisschen mehr, da der Schwierigkeitsgrad nicht unbedingt leichter wird.
In The Arrangement gibt es einige Objekte, die wir an der richtigen Stelle
benutzen müssen und diese sind auch nicht immer einfach zu finden, obwohl die Räume tendenziell eher minimalistisch und übersichtlich eingerichtet sind. Jedenfalls scheiterten ein-zwei mal ein Rätsel einfach daran, dass ich noch einen Gegenstand übersehen hatte.
Nach und nach erkundet man immer mehr Locations und diese sind oftmals erst richtig zugänglich, wenn man einen der zahlreichen Lichtschalter oder versteckten Luken gefunden hat. Zahlreiche solcher Details, welche in den Räumen versteckt sind, machen neugierig und lassen so richtig Forscherdrang aufkommen. Jeder Raum lässt sich oft sehr schön aus mehreren Perspektiven betrachten und dieses sollten wir genauestens tun, damit wir auch ja alle Gegenstände für unser Inventar finden.
Ansonsten gibt es nicht nur herkömmliche Puzzles wie Memory zu lösen sondern auch allerlei abstruse Gerätschaften wie mechanische Spielzeugspinnen zu erkunden. Oder eine Maschine, bei der man mittels additiver Farbmischung die versteckte Botschaften auf Folien finden muss.
Sehr originell, aber nicht wirklich einfach fand ich auch, wie man aus
mehreren Skizzen eines Raumes, in dem man sich befindet, die richtige
erkennen muss. Es gibt wirklich viele Maschinen zu bedienen und Rätsel zu lösen und das alles hat mir auf jeden Fall eine Menge Spaß bereitet, da die Lösung nicht selten etwas unkonventionell ist.
Sound
Befremdliche, sparsam und gekonnt akzentuierte elektronische Klänge
unterstützen die düstere Atmosphäre sehr gut und passen sehr gut zu den
dunklen Bildern. Und wenn man in einem einsamen Raum wirres Geflüster hört, kommt Grusel-Atmosphäre wie bei Dark Fall auf.
Die Hintergrundgeräusche wie Türklopfen und Knarzen wurden ebenfalls gekonnt minimalistisch eingesetzt und die Sprachpassagen solide eingesprochen. Die Stimme von Annie ist allerdings sehr quäkig.
Was noch?
Erwähnenswert ist noch die lange Spielzeit. Ich tue mich immer etwas schwer mit Zeitangaben, da ich beim Spielen nie darauf achte, aber ich habe bestimmt acht lange Abende mit The Arrangement verbracht.
Fazit
Die Rätsel sind einfallsreich und durch die kleinen spielerischen Details
macht es Spaß, jeden neuen Raum, der sich erschließt, zu erforschen.
Ebenfalls neugierig macht die Story, denn im Laufe des Spiels erfährt man
immer mehr, was es mit besagtem Arrangement auf sich hat.
Und da es wenig Text gibt und die wenigen Gespräche auch noch schön
untertitelt sind, dürfen sich auch deutsche Abenteurer mit eher bescheidenen Englischkenntnissen an dem Werk versuchen.
Düster und spannend, voller (teilweise ganz schön irrer) Ideen mit
Enthusiasmus umgesetzt. So müssen Adventures sein! Da stört es mich absolut nicht, dass grafisch aktuelle Standards der großen kommerziellen Spiele längst noch nicht erreicht werden.
Solche Selfmade-Adventures können diese natürlich auch gar nicht erfüllen
und das müssen sie auch nicht. Die Grafik erfüllt aber nicht nur ihren
Zweck, sondern ist nicht nur eigenständig und lässt auch gekonnt eine
unterkühlt-bedrohliche Atmosphäre aufkommen.
Mir hat die Reise durch ganz viele Standbilder auf jeden Fall sehr gut
gefallen und vom Spielspass kann The Arrangement auf jeden Fall mit den
großen Produktionen locker mithalten. Daher verteile ich wie immer absolut subjektive 77%, verbunden mit der Hoffnung, dass The Arrangement nicht das letzte Spiel von Michael B. Clark war.
Bewertung: 78 %Anm. der Red.: Michael B. Clarks erstes Adventurespiel hieß Harvest. Er ist außerdem verantwortlich für das Rätseldesign von Lifestream, ebenfalls ein Independent Adventure, das gerade erschienen ist.
Bewertungssystem Adventure-Archiv:
- 80% bis 100% sehr gutes Spiel (sehr empfehlenswert)
- 70% bis 79% gut (empfehlenswert)
- 60% bis 69% befriedigend (bedingt empfehlenswert, mit Abstrichen)
- 50% bis 59% ausreichend (nicht gerade empfehlenswert)
- 40% bis 49% ziemlich schlecht (eher abzuraten - etwas für Hardcore-Adventure-Freaks und Sammler)
- 0% bis 39% grottenschlecht (lieber die Finger davon lassen)
Minimale Systemvoraussetzungen:
- Windows 95/98/2000/ME/XP
- P 300 Mhz
- 32 MB
- 900 MB Festplatte
- 649 x 480 24-bit Farbdisplay
- 2x CDROM
- Windows kompatible Soudnkarte und MAus
Gespielt unter:
- Win 98
- AMD Athlon XP 1800
- 256 MB RAM
- Grafikkarte Radeon 9200 Series
- 16x CDROM-Laufwerk
Festplatte 60 GB
Copyright © André für Adventure-Archiv, 11. Oktober 2004
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