"König Artus- Die Ritter der
Tafelrunde" ist mittlerweile schon das dritte Spiel der Cryo-Legend Serie, also war
ich einerseits gespannt, ob man aus den Fehlern der Vorgänger "Zeitmaschine"
und "Odyssee" gelernt hat, und andererseits skeptisch angesichts der Tatsache,
daß bereits für Mitte 2001 eine Fortsetzung angekündigt wurde. Inhalt
Britannien befindet sich im Mittelalter nach dem Zerfall der
römischen Herrschaft in einem desolaten Zustand zwischen alten keltischen Bräuchen und
dem zunehmenden christlichen Glauben. König Artus und seine Ritter der Tafelrunde sind
bestrebt, die gespaltenen Königreiche wieder zu vereinen, sowie gleichzeitig die
barbarischen Angriffe der Sachsen abzuwehren.
Bradwen - unehelicher Sohn eines Britenkönigs - will das
Schicksal seiner Familie gegen den niederträchtigen Halbbruder und Thronfolger sowie
dessen Verbündete verteidigen, seinen rechtmäßigen Platz an der ritterlichen Tafelrunde
einnehmen und somit für Ehre und Gerechtigkeit sorgen.
Dazu muß er fünf Aufgaben bewältigen, die jeweils wiederum
in fünf bis sechs (am Ende sogar zehn) Kapitel unterteilt sind. Jede Aufgabe findet an
einem Hauptort mit mehreren Nebenschauplätzen statt: in der verschneiten Winterlandschaft
des Königreichs der Atrebaten, in der verzauberten Welt der Feen und Götter von Avalon,
im mystischen Wald der Zauberer von Arden, in den martialischen Ruinen und Gruften der
verfallenen Römerstadt Magovenium, auf der alten Römerstraße mit der Festung Tintagel
und bei den Lagern der intriganten Könige und Kriegsherren von Camelot.
Daneben gibt es noch einige weitere Schauplätze, zwischen
denen Bradwen ständig hin und her wandern muß, denn schließlich hat er es bei seinem
Vorhaben sowohl mit Göttern, Feen und Zauberern, wie auch mit dem Teufel, schwarzen
Rittern und bestialischen Ungeheuern zu tun.
Steuerung
Die Steuerung erfolgt fast ausschließlich über die
Tastatur, und trotz eines umfangreichen Options-Menüs sind die Untertitel nicht
ausblendbar. Eine Weiterentwicklung von Spiele-Software sollte meiner Meinung nach davon
ausgehen, daß 99 % aller Adventure-Gamer sowohl über eine Maus als auch über
Lautsprecher verfügen.
Beim Inventar hat man sich dafür etwas Neues einfallen
lassen. Es besteht aus drei Teilen, - Objekte, Subjekte und Ziele - wird über die Maus
gesteuert, ist aber ein wenig umständlich zu handhaben. Auch die Programmierer hatten
damit wohl offenbar einige Probleme, man hätte sich an anderer Stelle ein wenig mehr
Innovation gewünscht.
Bradwen bewegt sich stets in der Dritten-Person-Perpektive,
die 3D-Grafiken wirbeln ständig unkontrollierbar um ihn herum und lassen sich nicht aktiv
steuern wie z.B. bei der Omni-Technik von "Atlantis" oder "Faust",
sondern folgen demselben Algorithmus wie bei der "Zeitmaschine" oder
"Odyssee", allerdings durchaus etwas verbessert.
Ausgesprochen einfallsreich fand ich dagegen die Gestaltung
der Fortbewegung zwischen den einzelnen Sequenzen in zwei unterschiedlichen
Geschwindigkeiten (mit Hilfe der Hochstelltaste). Sowohl der Übergang zwischen Bradwens
Gehen und Rennen wie auch das abwechselnde Reiten im Trab oder Galopp wurden nicht nur
technisch einwandfrei umgesetzt, sondern auch mit großem Aufwand ausgesprochen
phantasievoll realisiert.
Sound und Grafik
Auf eine aufwendige musikalische Untermalung wurde fast
gänzlich verzichtet, dafür hat man sich äußerst viel Mühe mit der Geräuschkulisse
gegeben, die sehr zu der hervorragenden atmosphärischen Stimmung des Spiels beiträgt.
Die heulenden Wölfe, summenden Schmetterlinge, hämmernden Schmiedeeisen, grunzenden
Ungeheuer, springenden Fische oder schwingenden Feen sorgen für ein ausgesprochen
gelungenes Ambiente.
Die Grafiken sind wieder einmal eine Augenweide und stehen
denen früher von Arxel Tribé entworfenen Kunstwerken kaum nach, allerdings ist zu
bemängeln, daß sie aufgrund der verwendeten Software doch sehr grobkörnig und im Detail
ein wenig zu "verpixelt" wirken. Einem Vergleich zu anderen Neuerscheinungen wie
z.B. "The Final Curse" oder "Egypt II" halten sie jedenfalls in keiner
Weise stand.
Positiv anzumerken ist aber allemal, daß die noch bei den
Vorgängern aufgetretenen Fehler doch weitgehend abgestellt werden konnten. Dort kam es
nämlich vor, daß Personen regelrecht im Raum schwebten, durch Mauern hindurch zu sehen
waren oder sich gar plötzlich in Luft auflösten.
Zu den wirklich herausragenden Merkmalen des Spiels gehören
aber zweifellos die vielen detailgenau dargestellten und sich bewegenden Tiere am Rande
des Spielgeschehens (Hirsche, Bären, Wölfe, Kühe, Eichhörnchen, Ratten, Vögel,
Schmetterlinge, etc.), die zwar den Handlungsablauf überhaupt nicht beeinflussen, aber
zur insgesamt gelungenen Atmosphäre des Spiels in sehr positiver Weise beitragen.
Lösungsweg
Es ist natürlich schwer, den Geschmack des klassischen
Adventure Game Anhängers zu treffen. Der eine legt mehr wert auf viele Rätsel, entweder
möglichst schwierig und logisch oder möglichst leicht und zahlreich, der andere
bevorzugt eher schöne Grafiken mit einer ansprechenden Atmosphäre und gutem Sound oder
eine spannende Story mit vielen Details.
Bei "König Artus" sind keine schweren Rätsel zu
lösen, sondern möglichst viele Personen zu befragen, Gegenstände zu finden, Hinweise zu
sammeln und Wege abzusuchen. Wer knifflige Puzzles bevorzugt, sollte sich anderen Spielen
zuwenden, ebenso wenig wird der klassische Lucas-Arts-Spieler oder Anhänger von
Action-Einlagen begeistert sein.
Als besonders gelungen finde ich allerdings die Variation,
daß man das Spiel mit zwei unterschiedlichen Charakteren unabhängig voneinander spielen
kann. Der Christ Bradwen erlebt eine ganz andere Geschichte als der Kelte Bradwen, die
Personen, der Lösungsweg und die Begleitumstände sind völlig unterschiedlich, obwohl
die Lokationen weitgehend dieselben sind.
Das Spielvergnügen wird dadurch gesteigert, daß man mit dem
einen Charakter weiter spielen kann, wenn man mit dem anderen nicht mehr so recht
vorankommt, auf der anderen Seite verliert man aber bei häufigem Hin-und-her-Springen
schon mal die Orientierung, da hilft dann nur noch das Nachlesen im Tagebuch.
Technische Probleme
Zum größten Ärgernis werden bei diesem Spiel leider wieder
einmal die zahlreichen Fehler, Nachlässigkeiten und Versäumnisse. Ich muß zugeben, daß
die noch bei der "Zeitmaschine" und "Odyssee" aufgetretenen
gravierenden "Bugs" weitgehend abgestellt werden konnten, dennoch sind auch bei
diesem Spiel erneut Fehler gemacht worden, die bei sorgfältiger Programmierung und
angemessenen Testverfahren hätten vermieden werden können.
Bereits beim Einstellen der Optionen wird man mit
irreführenden Überschriften verwirrt, und bei der falschen Auswahl der 3D-Software mit
einem schwarzen Hintergrund "belohnt". Anschließend muß man sich erst einmal
an die Bedienung der Leer-, Return-, Escape- und Pfeil-Tasten sowie der Maus-Funktionen
gewöhnen.
Viel schlimmer sind aber die echten "Bugs", die um
so häufiger auftreten, je länger das Spiel dauert - es wurde offenbar am Ende zunehmend
gepfuscht: Die französischen Texte sind oft schlecht oder falsch übersetzt,
spielentscheidende Hinweise wurden von den Programmierern falsch umgesetzt, und auch vor
Systemabstürzen ist man leider wieder einmal nicht gefeit.
Besonders ärgerlich - gerade bei Abstürzen - ist, daß zum
Neustarten des Spiels immer wieder die CD 1 (von 3) eingelegt werden muß, und daß man
gerade einmal nur zehn Spielstände abspeichern kann. Außerdem ist es auch nicht sehr
hilfreich daß man sich immer sehr genau vor ein Objekt stellen muß, um eine bestimmte
Aktion auszulösen, selbst wenn es sich lediglich um das Öffnen einer Tür handelt.
Manchmal kommt es sogar vor, daß man sich zufällig -
aufgrund von Programmierfehlern - auf Wege begibt, die eigentlich gar nicht vorgesehen
sind, wodurch es einerseits zu recht komischen - wenn auch sinnlosen - Phänomenen,
andererseits aber auch zu äußerst lästigen Abwegen oder sogar Abstürzen kommen kann.
Ausblick
Auch ein so lange in diesem Genre tätiges Unternehmen wie
Cryo tut sich offenbar schwer, es allen Adventure-Fans recht zu machen, gerade wenn man
solche Erfolge wie "Atlantis" 1+2, "Der Ring", "Faust" oder
"Egypt" 1+2 vorzuweisen hat. Mit der Legend-Serie allerdings hat Cryo sich - und
vor allem seinen Fans - meines Erachtens keinen großen Gefallen getan.
Mit den - offenbar unter Kosten- und Zeitdruck - entwickelten
Spielen "Zeitmaschine", "Odyssee" und nun auch "König
Artus" hat man viele Anhänger, die auf bewährte Qualität gehofft hatten, eher
verärgert. Anstatt es vielen recht machen zu wollen, hätte man sich vielleicht etwas
mehr Mühe geben und vor allem Zeit lassen sollen.
Den Vorwurf, daß die mittlerweile ja schon übliche
Aufteilung neuer Adventure-Games in mehrere Teile (natürlich zum jeweils unveränderten
Preis) automatisch mit einer Verkürzung der Spieldauer verbunden sein muß, braucht sich
Cryo in diesem Fall allerdings nicht vorwerfen lassen.
Dennoch warte ich lieber noch ein wenig länger auf
"Atlantis 3", "Myst Exile" oder "Schizm" in der Hoffnung auf
mehr Qualität und Spielspaß, als mich mit den in erster Linie kommerziell ausgerichteten
und nicht ganz fehlerfreien Cryo-Legend-Versionen im Abstand von nur wenigen Monaten
abzugeben.
Gesamtbewertung
Ich bewerte das Spiel insgesamt mit 65%, (bedingt empfehlenswert, mit Abstrichen), die Abstriche hauptsächlich aus
technischen Gründen.
Bewertungssystem Adventure-Archiv:
- 80% bis 100% sehr gutes Spiel (sehr
empfehlenswert)
- 70% bis 79% gut (empfehlenswert)
- 60% bis 69% befriedigend (bedingt
empfehlenswert, mit Abstrichen)
- 50% bis 59% ausreichend (nicht gerade
empfehlenswert)
- 40% bis 49% ziemlich schlecht (eher
abzuraten - etwas für Hardcore-Adventure-Freaks und Sammler)
- 0% bis 39% grottenschlecht
(lieber die Finger davon lassen)
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