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John Sinclair - Evil Attacks

Endlich aus der Gruft entstiegen: Das Spiel zur Pulp-Romanserie. Nach Perry Rhodan die zweite deutsche Umsetzung von Groschenromanen.

Hier ist er. Endlich, möchte man ausrufen, denn John Sinclair ist nicht nur einfacher Detektiv bei Scotland Yard, sondern auch professioneller Geisterjäger und der Held von über eintausend Romanheften. Man munkelt sogar, er sei die Reinkarnation verschiedener Lichtgestalten quer durch die Geschichte. Welches Schicksal ihn zu diesem ausgefallenen Beruf geführt hat - wir wissen es nicht. Wir können nur hoffen, daß die multimediale Umsetzung dieses ewigen Kampfes des Lichts gegen die Dunkelheit in der vorliegenden Form die Sache etwas aufklären kann. Diesmal haben wir ja die einmalige Gelegenheit, nicht nur passiv, wie anhand der Romane oder der TV-Verfilmung, sondern aktiv mit Maus und Keyboard am Geschehen teilzunehmen.

Die Geschichte beginnt in einem abgelegenen Kloster, irgendwo im verschlafenen Deutschland, wo das Böse gern im Verborgenen brütet. John wird gerufen, als dort schreckliche Dinge geschehen und die Toten aus ihren Gräbern kommen. Wir nehmen also den treuen Begleiter Suko mit und fahren eilig in die Eifel. Suko, der Chinese ohne Nachname, ist nicht nur mit bedeutenden Körperkräften gesegnet, sondern besitzt auch die Dämonenpeitsche, eine schreckliche Waffe gegen die Kreaturen der Nacht. Alle im Kloster Angetroffenen werden zunächst genauestens befragt, danach das klösterliche Anwesen einer intensiven Durchsuchung unterzogen, die auch mehrere Gegenstände zutage fördert. Wir stecken alles ein, man weiß ja nie, wozu man einen Schlüssel oder Brecheisen brauchen kann. Sobald wir Informationen und Hilfsmittel gesammelt haben, ist es uns möglich, den wandelnden Skelette gegenüberzutreten, um ein geheimnisvolles Buch zu erhalten. Unsere Beretta leistet uns dabei wertvolle Dienste.


Ist dieser Reif der Schlüssel zur Hölle?

Auch im heimatlichen London mehren sich Zeichen, daß die Mächte der Finsternis Übles im Sinn haben. Zum Zwecke der Aufklärung solcher Umtriebe besuchen wir den Jahrmarkt "Centennial Fair". Diesmal werden wir nicht von Suko, sondern von unserem alten Freund Bill Conolly begleitet. Der porschefahrende Journalist ist Besitzer der goldenen Pistole, sie versprüht den Todesnebel, aber wird ihm das etwas nützen? Auf dem Jahrmarkt sehen wir uns alle Buden genau an, damit uns keine Absurdität entgeht. Zuletzt besuchen wir die Freakshow, werden dort in Halluzinationen verwickelt und machen in den Kellern darunter einige mehr oder weniger angenehme Begegnungen. Wir treffen dort auf eine dimensionsreisende Schönheit namens Kara, eine alte Bekannte von John, die uns ein magisches Artefakt aus dem versunkenen Atlantis überreicht. Doch Vorsicht vor der fetten Frau! Ihr können wir nur mit den geeigneten Waffen gegenübertreten.


Ein satanischer Scherge raubt das Buch der Beschwörungen

Sogar in die brodelnde Metropole New York hat das Grauen Einzug gehalten. Wir müssen uns, wiederum begleitet vom treuen Suko, in die Abwasserkanäle der Millionenstadt hinabwagen. Dort fallen natürlich sofort die Ghoule über uns her. Aber die Beretta gezückt, deren legendäre Silberkugelmunition unter den schleimig-grünen Gestalten gründlich aufräumt, zumindest beim zweiten Treffer. Ist das Magazin leer, dann sollten wir schleunigst zur nicht minder legendären Geisterpeitsche aus Dämonenhaut greifen, um unsere Mission fortsetzen zu können. Denn am Ende eines dieser schlammigen Kanäle liegt ein Toter, bei dem wir em wichtiges Schlüsselbund finden...

Selbst ins geschichtsträchtige Ägypten führt die Reise des Heilsbringers von Scotland Yard. Doch bevor wir die Chance haben unsere Vorstellungen von Mumien und Grabzauber umzusetzen, haben wir uns erstmal mit arabischen Ladenbesitzern und Omnibusfahrern herumzuschlagen...

Mit den Mitteln des Geistes und einer ruhigen Hand sollte es Euch möglich sein, alle vier Teile des Sinclair-Abenteuers zu bestehen. Immer aber sollte man die abstruse Geisterwelt aus der Feder von Kultautor Jason Dark alias Helmut Rellergerd im Hinterkopf behalten, um auf die richtige Spur der Verwendung von magischen Gegenständen oder auch profaneren Werkzeugen zu kommen. Das soll nicht heißen, daß jemand, der nicht sämtliche Sinclair-Hefte auswendig herbeten kann, keine Chance hätte. Man muß sich nur in die spezielle Vorstellungswelt hineinversetzen. Dazu muß man nicht wissen, daß Sinclair eine Wiedergeburt des Kreuzritters und Gründers des Templerordens, Hector de Valois ist, der nun als silbernes Skelett in der Kathedrale der Angst in Alet-les-Bains liegt. Obwohl Hector immer wieder als Geist in die Gegenwart zurückkehrt, da er einst mit einem Würgeeisen getötet worden war. Zudem wurde er durch die Kraft der Bundeslade in eine flüssige Masse verwandelt, als er John Sinclair das Leben rettete. Dieser ist ja bekanntlich der Erbe des Kreuzes und der Sohn des Lichts, und hat nicht nur als Hector de Valois, sondern ebenso als König Salomo und als Richard Löwenherz je eines seiner vorigen Leben gelebt. Aber auch in Unkenntnis dieser grundsätzlichen Fakten des Sinclair-Universums kann „Evil Attacks" eine Menge Spaß machen.


Hinter diesen idyllischen Klostermauern lauert der Schrecken

Die Grafik ist zwar trotz Hardwarebeschleunigung nicht gerade Weltspitze, liefert aber atmosphärische Bilder und teilweise erschreckende Kamerafahrten. Die Shooter-Elemente dagegen - hm, wie sag‘ ich‘s - heben den Trash-Faktor schon beträchtlich. Nicht nur, daß sie eigentlich nicht 3D, sondern zweidimensional sind - man bewegt sich auf der Ebene in einem mäßig komplexen Irrgarten, von allen Seiten nähern sich Skelette, Ghoule oder andere Monströsitäten.Außerdem man hat alle Hände voll zu tun, trotz der eher langsamen Grafik-Engine alle Kurven zu schaffen und sich rechtzeitig und im Zeitlupentempo umzudrehen, um die Angreifer auch zu erwischen. Besonderen Spaß verursachen auch die zweidimensionalen Objekte wie Grabsteine und Bäume, die im geeigneten Winkel zu Nichts zusammenklappen, um bei der nächsten Bewegung wieder zu voller Größe aufzuploppen. Wir haben aber nicht wirklich einen Shooter von id-Software-Niveau erwartet, schließlich sind diese Teile nur unterhaltsame Dreingabe eines reinrassigen Adventures, in dem ansonsten das bewährte "benutze-dieses-mit-jenem-Modell" vorherrscht.

Zusatzspaß - hier wird außerdem das rückhaltlose Bekenntnis der Entwickler zum Trash-Kult offenbar - bringen die eingestreuten Minispielchen. Schon im Hauptmenü bietet sich die MögIichkeit, eine Knochenmannvariante dem Ur-Games Pong ("Bones") und eine Schädel-und-Grabstein-Version des nicht minder archaischen Breakout ("Scully"!) zu spielen. Und seht Euch mal auf dem Jahrmarkt um. Ihr werdet Dinge finden, die man sonst nur bei Monty Python vermutet hätte.

Sicher, auch hier werden keine rendergrafischen Meilensteine gesetzt, und die Shooterparts sind eher erheiternd als beeindruckend. Aber das stört in diesem speziellen Zusammenhang auch überhaupt nicht. Schließlich muß die Spielumsetzung dem Trash-Niveau der Vorlage gerecht werden. Ich stelle es mir sogar recht schwer vor, aus so einem skurrilen Stoff ein vernünftiges Spiel zu basteln. Immerhin wurden Themen aus mehreren Originalromanen verwendet und in ein stilsicheres Adventure umgebaut, das nicht nur für echte Gruselfans, sondern auch für alle anderen mit einem Sinn für skurrilen Humor zugänglich ist.

Die Rätsel sind teilweise durchaus knackig, die eingestreuten Shooter-Teile schön trashig und teilweise zum Brüllen komisch, etwa wenn Ghoule und Skelette auf einen zuwackeln und erst nach energischem Schießen von ihrer Absicht ablassen. Der Jahrmarkt mit seinen kleinen Zwischenspielchen und der Palmtop im Spielmenü ermöglichen noch etwas Entspannung zwischendurch...

Mindestanforderungen:
P100, 16 MB RAM, 250 MB HD, 4x CDROM, 1 MB SVGA-Grafik

Hersteller: Bitlab

Bewertung:

Grafik: 69 %

Sound: 72%

Spielspaß: 77%

www.sinclair.de

Fritz Effenberger, PowerPlay 6/98

 

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