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Jack Orlando Philip Marlowe auf Polnisch Keine andere Epoche hat die Kriminalliteratur so nachhaltig beeinflußt wie das Golden Age of Detective Fiction, wie die amerikanische Hardboiled School gern genannt wird. Entstanden und inspiriert durch die Zeit der Prohibition mit ihren Schmugglerbanden und Flüsterkneipen, brachte sie nicht nur solche Legenden wie Philip Marlowe, Mike Hammer und Sam Spade zur Welt, sondern sie erfreut sich bis heute einer ungebrochenen Popularität. Detektive wie Jirn Rockford, Spenser und auch Thomas Magnum tragen noch immer die wesentlichen Charakterzüge des hartgesot±enen Detektivs. Auch etliche Adventures haben in der Vergangenheit versucht, auf dieser Welle mitzuschwimmen, von Puppen, Perlen und Pistolen bis zu Die Schwarze Dahlie. Jetzt kommt ein weiteres hinzu:TopWare hat sich mit Jack Orlando: A Cinematic Adventure vorgenommen, die Karten in diesem Subgenre neu zu verteilen.
Gute, alte Zelt Wie der Titel des Spiels, lautet auch der Name des Hauptdarstellers Jack Orlando. Und wie Amerika soeben den 21sten Verfassungszusatz verabschiedet hat (wir schreiben das Jahr 1935: es darf wieder getrunken und mit Alkohol gehandelt werden, prost!), hat sich auch der gute Jack vom Zenit seiner beruflichen und privaten Karriere verabschiedet. Der einst erfolgreiche Privatdetektiv und von den Stadtvätern hochdekorierte Bürger verbringt die meisten Stunden seines unausgefüllten Tages in den stillen Winkeln düsterer Kaschemmen. Hier besäuft er sich mit schlichter Regelmäßigkeiet und hängt in Gedanken den zeiten nach, in denen seine Welt noch heil war. Und aus einer solchen Kaschemme kommt er auch, als ein unvorhergesehens Ereignis sein Leben verändert.
![]() Ein echter Detektiv kennt die Straßen der Großstadt natürlich besser als seine Westentasche Alles beim alten Wo sich Jack Orlando inhaltlich ganz auf klassisches Ambiente verläßt (Großstadt, Outfit, Charaktere), betritt das Spiel auch keine neuen Wege im Adventure-Bereich. Die Menüführung ist bekannt, geübte Spieler werden nur ganz wenige Minuten brauchen, um sich im Spiel zurechtzufinden. Einziger Nachteil: Fast alles, was man findet, kann auch ins Inventar übernommen werden, ob es für den weiteren Spielverlauf von Bedeutung ist oder nicht. So sammelt sich schnell ein ganzer Wust diverser Objekte an, die entweder einzeln oder miteinander kombiniert den Handlungsverlauf nach vorne treiben - oder auch votlkommen nutzlos sind. Ubersicht und Geduld des Spielers werden auf diese Weise oft ziemlich strapaziert. ![]() 150 Mark? Ins Hotel? Wie bitte, der falsche Film? Die Grafiken des Spiels wurden komplett von polnischen Teams erstellt, zum größten Teil in einem Airbrush-Verfahren, bei dem die fertigen Bilder am PC nachbearbeitet werden. Das Ergebnis entspricht im Stil solchen Genre-Trendsettern wie Baphomets Fluch oder Der Letzte Express, ohne deren Qualität aber jemals zu erreichen. Was fehlt ist vor allem die Liebe zum Detail, besonders viele Räume wirken eher wie der Showroom eines Möbelhauses, als daß sie an eine belebte, lebendige und authentische Spielumgebung erinnern. Auch einige der Personen wirken schemen- und schablonenhaft, was sich natürlich negativ auf das Identifikationsgefühl auswirkt. Auch wenn die Grafiker rein technisch betrachtet sicher ihr Handwerk verstanden haben, fehlte ganz offensichtlich das richtige Feeling für die Atmosphäre. Leider ging es einigen Sprechern scheinbar ebernso. Besonders der Versuch der Jack OrIando-Stimme, angetrunkenes Gelalle glaubhaft über den Äther zu bringen, will einfach nicht gelingen. Einziges echtes Highlight bleibt die Musik des bekannten Filmkomponisten Harold Faltermeyer. Der Routinier weiß eben, wann man die musikalische Untermalung einen Gang zurückschalten muß, um den Spieler nicht in seiner Konzentration zu stören. Daß die Stücke trotzdem niemals nerven und ein paar davon sogar das Zeug zu echten Ohrwürmern haben, spricht außerdem eine eindeutige Sprache.
Aus eins mach zwei Obwohl das komplette Spiel auf einer CD Platz findet, wird es doch auf zweien ausgeliefert. Der Grund: Bei einer davon handelt es sich um eine High-Performance-Version, mit verbesserter Grafik und Spitzensound, aber auch mit Appetit auf einen P 133 mit 32 MB RAM und 6-fach CD-ROM. Uberhaupt gibt es vier verschiedene Mindestanforderungen, je nach Spielversion und Betriebssystem. Warum Jack Orlando bei so viel technischem Schnickschnack trotzdem bei der Installation zickt, verstehe, wer will. Besonders der Ärger mit einigen Grafikkarten scheint vom Hersteller einkalkuliert, jedenfalls wurde ein SciTech-Universaltreiber gleich mit auf die CD gepackt. Manche Karten, etwa solche mit dem Laguna 3D-Chip (Microsofts Referenz-Produkt von Cirrus Logic!) wurden aber auch damit nicht korrekt erkannt, das Spiel blieb unspielbar. So erwartet Sie mit Jack Orlando ein ambitioniertes, aber leider ganz und gar nicht innovatives Produkt, mit einigen Abstrichen in der Technik-Wertung. Spielerisch werden hartgesottene Freunde der hartgesottenen Detektive wohl trotzdem ordentliche Unterhaltung finden, erste Wahl ist Jack Orlando aber zu keiner Zeit. Alternativen: Baphomets Fluch 2, The Last Express, Evidence Hersteller: Topware Preis: 49,95 DM Minimum: 486 DX 100, 16 MB RAM, SVGA, DOS 6.0 Pro Kontra
November 1997 PC Power
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