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Inherent Evil
Erscheinungsdatum Erstauflage: 1999
Erscheinungsdatum Neuauflage: 11/2005
Entwickler/Publisher: Bigtime Games
Spielsprache: EnglischESRB: Teen
Ein Review von André 30. November 2005
Ich war erst ein wenig skeptisch, ob Inherent Evil ein geeignetes Spiel für mich sei, denn ich hatte gehört, dass es stilistisch die uralten Klassiker 7th Guest bzw. dessen Nachfolger 11th Hour nachahmen sollte. Und diese Spiele gehören zu der Kategorie, welche die Adventuregemeinde in zwei Lager teilt - den Freunden und den - genau - Nicht-so-wirklich-Freunden der Reihe. Auch ich hatte zumindest 11th Hour irgendwann mal angefangen zu spielen und gebe zu, eher der zweiten Kategorie anzugehören. Während ich die Aufmachung der Spiele für die damalige Zeit für ziemlich gelungen hielt, störte mich vor allen, dass die Rätsel und die eigentliche Geschichte zu sehr getrennt waren und die Spiele teilweise eher wie eine Ansammlung von ziemlich happigen Rätseln wirkten. Hier haben wir also mit Inherent Evil ein nettes Spiel, welches an die Klassiker erinnert, aber noch - wie man so schön sagt - mit einigen Kinderkrankheiten versehen ist.
Grafik
Die Zeiten, in denen Independentspiele noch grobschlächtige Pixelorgien waren, gehören langsam aber sicher der Vergangenheit an. Sprachausgabe ist schon lange Standard und auch grafisch werden die Indies eine ernstzunehmende Konkurrenz. Spiele wie beispielsweise Dark Fall zeigen, wo der Bartel den Most holt! Die Grafik dieses Spiels braucht sich ebenfalls nicht zu verstecken und erinnert ein bisschen an Shady Brook - sowohl von der Art, wie die Räume gestaltet wurden, als auch von der Qualität der grafischen Umsetzung. Ähnlich wie bei Dark Fall bewegt man sich durch eine sehr hohe Anzahl von Standbildern, teilweise gibt es dabei sogar flüssige Übergänge. Zwischendurch findet man kleine in 3D gehaltene Zwischensequenzen und schon das Intro, in dem man mittels dynamischer Kamerafahrten in den ungewöhnlichsten Perspektiven von der Strasse durch die sehr schön animierten dreidimensionalen Räume der Wohnung des Hauptdarstellers Kyle Reed geführt wird, gefällt und bewirkt, dass dadurch von Anfang an Spannung aufgebaut wird. Nett sind auch die ab und zu eingeblendeten kleinen Animationen und die in der Spielgrafik eingebauten Videosequenzen, wenn Reeds Vater beispielsweise von einem richtigen Darsteller gespielt im Fernseher auftaucht. Bis auf diese wenigen kurzen Einspieler begegnet man übrigens so gut wie keinem Menschen im Haus.
Handlung
Inherent Evil ist ein Gruselspiel, das zwar sehr spannend, aber nicht wirklich gruselig ist. Denn es nimmt sich selbst nicht zu ernst, da
es mit einem gewissen Trash- bzw Spassfaktor daherkommt, wie es auch bei 7th Guest bzw. 11th Hour der Fall war, zu denen es wie gesagt deutliche Anleihen gibt. Das bedeutet ebenfalls, dass wir es in Egoperspektive spielen und alles in einem alten Hotel stattfindet - mehr oder weniger zumindest, denn das Hotel neigt schon mal zum Mutieren.
Zunächst einmal sehen wir im Intro, wie unser Protagonist Kyle Reed morgens früh um kurz nach sechs in seiner Wohnung in New York einen Anruf von seinem Bruder Frank bekommt. Frank hatte sich vor einiger Zeit entschlossen, das alte Hotel seiner Eltern zu übernehmen, obwohl dort vor 20 Jahren das Böse herrschte und über hundert Menschen - so auch deren Eltern - das Leben nahm. Jetzt ruft Frank aus der altern Villa an und scheint in großen Schwierigkeiten zu stecken, denn sofort nach dem Anruf verlässt Kyle hektisch seine Wohnung und fährt zu dem Gemäuer, um ihm zu Hilfe zu eilen. Dort angekommen findet er Frank nicht vor, sondern hört nur einen Schrei aus einer der oberen Etagen. Hier endet das Intro und der Spieler befindet sich am Anfang des ersten von insgesamt acht Kapiteln und übernimmt von nun an das Steuer bzw. die Maus.
Technisches
Da haben wir den Salat: Es gibt wieder mal keine getrennte Lautstärkenreglung von Musik und Sprache. Das bedeutet in diesem Fall konkret, dass die eigentlich nette, aber leider viel zu laute Musik so richtig abnervt, während die Sprachausgabe viel zu leise ist. Also muss ich, um die Sprachausgabe zu verstehen, die Boxen mächtig laut aufdrehen, so dass mir bei der Musik der Sound um die Ohren dröhnt. Damit ist besonders später am Abend der Konflikt mit meinen hellhörigen und eh schon zur Cholerik neigenden Nachbarn vorprogrammiert und nicht nur deswegen werde ich dieses auch in die Bewertung einfließen lassen. Zumal es natürlich auch keine Untertitel gibt. Warum auch? Man könnte ja etwas vom Text mitbekommen!
Ansonsten gab es besonders am Anfang drei-vier Totalabstürze mitten im
Spiel, bis ich merkte, dass es besser war, wenn ich nicht allzu schnell
durch die Bilder hetzte, sondern zumindest einen kurzen Moment in jedem Bild verweilte. Anderenfalls friert das Bild ein und da hilft auch kein Strg-Alt-Entf mehr, sondern nur noch ein zarter Druck aufs Reset-Tästchen. Kann passieren. Generell verüble ich den einen oder anderen Absturz absolut nicht - besonders keinem Indie-Spiel. Leider ist es in diesem speziellen Fall aber etwas problematisch, da man während eines laufenden Kapitels nicht abspeichern kann, sondern immer ein komplettes Kapitel zu Ende spielen muss! Und daher bedeutet es auch bei einem Absturz, dass man noch mal von vorne spielen darf. Nicht nur deshalb bin ich gar nicht angetan von diesem Spielprinzip. Ich finde es generell schöner und entspannender, wenn man speichern kann, wann man will, um beispielsweise in die ebenfalls auf dem Rechner befindliche Lösung zu spicken oder um aufzuhören.
An sich geht die Steuerung per Point+Click-Befehle problemlos
vonstatten. Der Cursor ist wie bei den alten Vorbildern leicht überdimensioniert und verwandelt sich ebenfalls in einen Schädel, wenn es
einen Hotspot zu betrachten gibt. Mit ihm kann man sich gut durch die übersichtlich gestalteten Räumlichkeiten orientieren. Auch die Speicher- und Lade-Funktionen sind praktisch und übersichtlich im Optionsmenü untergebracht, in dem man ansonsten allerdings nur noch zwischen "Spiel/Kapitel Starten" bzw. "Beenden" sowie zwischen low und high transition (Übergänge) auswählen kann.
Sound
Abgesehen von der wirklich problematischen Lautstärkenreglung sind die
Sprachausgabe und die Musik an sich völlig okay. Ich habe die Sprecher wie gesagt hauptsächlich wegen der unausgewogenen Verhältnisses von Sound und Sprache und ein bisschen auch wegen des recht zügig gesprochenen Slangs kaum verstanden. Während der Besichtigung der Gänge, Keller oder Flure dröhnen atonale, elektronische Gruselklänge aus den Boxen und im Fahrstuhl gibt´s (wie bei einigen Sierra-Spielen) klassische Elevator-Musik.
Rätsel
Eigentlich wimmelt es in dem Spiel nur so von guten Einfällen. Mal müssen wir einem riesigen Roboter entkommen, mal mutiert ein Raum vor unseren Augen. Es wird ein bunter Reigen verschiedenster Rätselkost dargeboten, mal bekömmlich und mal happig bis wirklich schwerverdaulich. Schwerverdaulich etwa, wenn man mitten im Kapitel oder gar kurz vor Schluss unvermittelt per Stromschlag oder ähnlichem den Weg alles Irdischen geht und das ganze Kapitel noch mal durchspielen darf. So was frustet. Also ist es manchmal ratsam, seine Neugierde etwas zu zügeln und beispielsweise nicht voreilig in den Schacht zu klettern um dort den ach so verlockend aussehenden Gegenstand rauszufischen. Gesünder ist es, denn so endet man wenigstens nicht als Kurzgebratenes!
Der Hammer ist aber das supernervige, superöde, scheinbar nicht enden
wollende Labyrinth, bei dem die einzige Aufgabe darin besteht, immer wieder neue Türen finden zu müssen. Das ist extrem dröge und ohne Lösung hindurch zu kommen ist nur was für extrem masochistisch veranlagte Gemüter. Ich möchte auf jeden Fall nicht stundenlang farbige Türen suchen, dafür ist mir meine Zeit zu schade. Aber selbst wenn man es geschafft hat, kann es sein, dass man das ganze Labyrinth erneut durchqueren muss, da sich wohl ein Fehler beim Programmieren eingeschlichen hat.
Nervig ist auch die Tatsache, dass man alle Orte akribisch genau absuchen muss. Das Suchen als solches ist natürlich Bestandteil eines jeden Adventures, aber hier muss man sich für meinen Geschmack dabei ein bisschen zu oft auf Pixelhunting begeben. Wie soll man beispielsweise den winzig kleinen Zipfel der Karte unter dem Nachttisch entdecken? Oder den nur millimeterkleinen Schlüssel in der Schublade? Abgesehen davon ist es ziemlich nervig, immer wieder erneut alles abzusuchen. Denn auch wenn man schon zehnmal in einem Raum war - beim elften Mal könnte dort etwas Neues sein.
Anderes ist da leichter verdaulich, da offensichtlicher. Bei einigen Rätseln sollte man etwas zügiger handeln, wenn man sich beispielsweise vor fliegenden Messern mit einem Küchenbrett schützen muss, damit man nicht zu Hackepeter verarbeitet wird. Viele Rätsel sind wirklich witzig, einfalls- und abwechslungsreich. Dennoch habe ich wegen der vielen Tode, der Angst vor Abstürzen und der nervigen Absucherei es entgegen meiner normalen Vorgehensweise vorgezogen, große Teile des Spiels ab dem dritten Kapitel nach der Komplettlösung zu spielen.
Fazit
Wenn ich also am Ende der von den Entwicklern selbstgeschriebenen Lösung gefragt werde "Did you like this Game?", lautet meine Antwort, "Ja, eigentlich schon, aber...". Denn, sicher, Inherent Evil ist eigentlich ein
gutes und sympathisches Grusel-Adventure. Dennoch ist so manches, was da an den Nerven zerrt, nicht unbedingt beabsichtigt. Richtig nervig ist der Sound. Denn während die Mucke besonders in den Zwischensequenzen abends in Diskothekenlautstärke durch meine Wohnung hallte, konnte ich indes nur raten, was die viel zu leise Sprachausgabe mir mitteilen wollte. Und so war das Spannenste an dem Spiel, darauf zu warten, wann mein wieder mal völlig entnervter Nachbar wegen des Gedröhnes anschellt. Und womit? Mit Recht!
Ebenso uncool fand ich auch das Fehlen der Möglichkeiten während des
laufenden Kapitels zu speichern. So darf man das ganze Kapitel noch mal
erneut spielen, wenn das Spiel abstürzt, man einen der zahlreichen Tode
stirbt oder man aus welchen Gründen auch immer einfach nur so mittendrin aufhören will.
Ich denke, hier wurde ein bisschen Potential verschenkt. Schade eigentlich, ich hätte gerne mehr Punkte vergeben, denn man merkt einfach, dass sich das Herstellerteam definitiv viel Mühe gegeben hat. Die Aufmachung des Spiels hat mir ausgezeichnet gefallen. Es gibt zahlreiche Orte in grafisch sehr ansprechender Qualität zu entdecken und auch bei der Gestaltung vieler Rätsel war man sehr kreativ. Wegen der obengenannten Gründe ist es aber noch nicht so hundertprozentig "mein" Spiel geworden und daher kann ich es nur Leuten empfehlen, die generell mit einer etwas höheren Frustrationsgrenze ausgestattet sind.
Gesamtwertung: 61%
Bewertungssystem Adventure-Archiv:
- 80% bis 100% sehr gutes Spiel (sehr empfehlenswert)
- 70% bis 79% gut (empfehlenswert)
- 60% bis 69% befriedigend (bedingt empfehlenswert, mit Abstrichen)
- 50% bis 59% ausreichend (nicht gerade empfehlenswert)
- 40% bis 49% ziemlich schlecht (eher abzuraten - etwas für Hardcore-Adventure-Freaks und Sammler)
- 0% bis 39% grottenschlecht (lieber die Finger davon lassen)
Minimale Systemanforderungen:
- P166
- Windows 95/98/ME/XP
- Grafikkarte 16 bit Farbe, 32 MB
- 8 x CDROM
- Soundblaster kompatible Soundkarte
- DirectX kompatible Grafikkarte
- Tastatur, Maus
- 150 MB Festplatte
Gespielt unter:
- Win XP
- AMD Athlon XP 1800
- 512 MB RAM
- Grafikkarte Radeon 9200 Series
- DVD-Laufwerk
Festplatte 60 GB
Copyright © André für Adventure-Archiv, 30. November 2005