Zugegeben: Wenn auf der Verpackung eines Spiels in großen Lettern
Galileo Mystery" prangt, schrillen bei mir zunächst mal alle Alarmglocken -
Populärwissenschaft, noch dazu oft derart reißerisch präsentiert, ist halt nicht so
mein Ding. Obendrein habe ich mich, als ich Die Krone des Midas" zum ersten Mal
in Händen gehalten habe, kurz gefragt, ob wohl Aiman Abdallah durch das Spiel führen und
ob sein engagiertes Journalistenteam seine Rechercheergebnisse präsentieren würde.
Natürlich wollte ich trotz dieser drohenden Gefahr wissen, was es mit der Krone des
Midas" auf sich hat, und soviel kann ich verraten: Die Pro7-Sendung steht zwar Pate,
von etwaigen Gastauftritten bleibt man aber verschont.
Handlung
Die Story lässt sich recht kurz zusammenfassen: Stephan, 25 Jahre
alt, tritt seinen Job als Nachtwächter in einem Museum an und wird schon bald in seltsame
Vorkommnisse verwickelt da tapst ein Eindringling durchs Museum,
Dinosaurier-Skelette werden umgestoßen und der Direktor verhält sich auch etwas
merkwürdig. Und was hat es mit diesem leicht schmierigen Rick auf sich, der urplötzlich
ins Museum geschneit kommt, vorgeblich, um Jessica, seine Ex, zu sehen? Ganz zu schweigen
vom Rätsel um die titelgebende Krone des Midas, hinter der, wie könnte es auch anders
sein, ein paar Halunken her sind und die zu mächtig ist, als dass sie zwielichtigen Typen
in die Hände fallen dürfte
Klingt nach Baphomets Fluch"? Ich konnte mich jedenfalls
des Eindrucks nicht erwehren, dass storytechnisch gnadenlos abgekupfert wurde zu
ähnlich sind sich die Handlungsstränge, zu ähnlich sind auch die Aufgaben und das
Flair, das das Spiel verströmt. Vor allem Kapitel 3 hat mich in Vielem an Baphomets
Fluch" erinnert, auch, was die Aufgaben anging, doch dazu später.
Abgesehen davon, dass sowohl in Krone des Midas" als auch
in Baphomets Fluch" ein junger Mann nach einem mächtigen Gegenstand sucht, der
das Ende der Welt bedeuten könnte, haben die beiden Spiele jedoch keine Gemeinsamkeiten.
Denn Krone des Midas" lässt storytechnisch so einiges vermissen. Da wäre
zunächst mal die Spieltiefe. Die Handlung kratzt lediglich ein wenig an der Oberfläche,
was wirklich schade ist, denn die Idee an sich ist sehr gut und würde einiges hergeben.
Aber auf ein ausgefeilteres Drehbuch mit dramatischen Wendungen, Überraschungen oder gar
Charakteren mit Wiedererkennungswert wurde aus unerfindlichen Gründen verzichtet. Die
Charaktere bleiben, inklusive Hauptfigur Stephan, blasse und austauschbare Klischees
die Guten sind gut, die Bösen böse und teilweise so unglaublich dämlich, dass
man sich fragt, warum sie überhaupt angeheuert wurden. Im Grunde tut man in fünf
Kapiteln nichts weiter, als die Bösewichte daran zu hindern, besagte Krone in die Finger
zu bekommen, wobei gerade der Prolog und die Kapitel 1-2 sich ziehen wie ein zäher
Kaugummi. Erst ab Kapitel 3 nimmt das Spiel Fahrt auf und macht auch Spaß, denn Kapitel 3
hat rätseltechnisch wirklich gute Ansätze zu bieten, und auch die Story wird
interessanter. Ärgerlich: Kaum hat man Spaß an der Sache, ist auch schon wieder alles
vorbei Adventureprofis werden vielleicht zehn Stunden damit verbringen, die Krone
zu beschützen, aber ich denke, Profis sind auch gar nicht die anvisierte Zielgruppe.
Vielmehr erscheint mir das Spiel sowohl was fehlende Handlungsdichte als auch die brav
jugendfreie Sprache, die fehlende Gewalt und die relativ einfachen Aufgaben angeht, eher
für Kinder, maximal Jugendliche gedacht zu sein was nicht heißt, dass man nicht
auch als Erwachsener seinen Spaß dran haben kann. Aber Adventureveteranen werden
Die Krone des Midas" maximal als kleinen Snack zwischendurch genießen.
Technisches/Aufmachung
Die Krone des Midas" darf für sich die zweifelhafte Ehre
in Anspruch nehmen, das erste Wii-Spiel zu sein, das mir abgestürzt ist und ich
weiß bis heute nicht, warum. An einer bestimmten Stelle fror das Spiel einfach ein und
ließ sich erst wieder starten, nachdem ich den Netzwerkstecker der Konsole gezogen und
den Fernseher ausgeschaltet hatte. Abgesehen davon hat das Spiel reibungslos funktioniert.
Die Ladezeiten zwischen den einzelnen Kapiteln sind vielleicht eine Spur zu lang geraten,
sind aber noch weit davon entfernt, zu nerven.
Die Aufmachung ist wenig spektakulär eine simple DVD-Hülle
beinhaltet neben der Spiele-Disk ein Handbuch, in dem die wichtigsten Elemente zu
Steuerung, Tagebuch, Karte und dergleichen erklärt werden. Da es zu Beginn aber eine Art
Tutorial in Form des Prologs gibt, muss man nicht erst lange das Handbuch studieren,
sondern kann direkt loslegen.
Steuerung, Inventar
Eines vorweg: Die Möglichkeiten der Wiimote hätte man viel, viel
besser ausreizen können es gibt nur wenige Aufgaben, in denen man auch physisch
tätig werden muss, indem man zum Beispiel mit der Wiimote simuliert, dass ein Seil
gespannt wird. Ansonsten spielt sich Krone des Midas" fast wie ein
Point-and-Click-Adventure aber nur fast. Stephan und später Jessica
wird mit dem Nunchuck durch das Museum dirigiert, wobei man ihn mit Druck auf den Z-Knopf
laufen und mit Druck auf den C-Knopf schleichen lassen kann.
Mit A können Gegenstände aufgenommen und kombiniert werden,
außerdem werden so Dialoge ausgelöst, wenn man den Cursor über eine Person bewegt. B
dient in erster Linie dem Untersuchen von Hotspots, wobei nicht alle Hotspots für das
Spiel relevant sind. Außerdem kann man mit einem Druck auf den B-Knopf Dialoge abbrechen.
Ein Druck auf das Steuerkreuz der Wiimote öffnet die
Übersichtskarte, die leider nicht interaktiv gestaltet wurde man sieht zwar
sofort, wo sich unser Held befindet, kann ihn aber nicht durch einen Klick auf einen
weiteren Raum in diesen bewegen, sondern muss ihn rennen lassen.
Am oberen Rand der Übersichtskarte befinden sich insgesamt vier
Symbole, mit denen sich verschiedene Untermenüs öffnen lassen: Stephans Notizen,
Informationen zu den Charakteren im Spiel und eine Rätselhilfe, die bisweilen entweder
sehr ungenau oder extrem ausführlich ausgefallen ist. Ein neuerlicher Druck auf das
Steuerkreuz schließt diese Untermenüs wieder.
Weitere Steuerungsfunktionen sind auf die Tasten 1, 2, - und +
verteilt. Mit 1 und 2 kann man zu einem späteren Zeitpunkt zwischen Stephan und Jessica
hin und her wechseln, mit werden Sequenzen abgebrochen, mit + gelangt man ins
Speicher-Menü. Hier kann man jedoch immer nur einen bestehenden Spielstand
überschreiben, was einerseits sehr ärgerlich ist, da man keine Gelegenheit hat, noch
einmal eine Sequenz zu spielen; andererseits ist aber gerade das nicht notwendig, da das
Spiel strikt linear verläuft und es auch keine Sackgassen gibt. Weitere Speicherstände
werden im Spiel automatisch angelegt, etwa bevor eine Zwischensequenz ausgelöst wird.
Auch in diesem Fall wird ein bestehender Spielstand gnadenlos überschrieben; eine
Laden"-Funktion gibt es folglich nicht. Startet man das Spiel, kann man
lediglich entscheiden, ob man ein neues Spiel beginnen oder das alte fortsetzen möchte.
Man kann auch nur in diesem Untermenü entscheiden, ob man sich ein früheres Kapitel noch
einmal ansehen möchte. Das ist umständlich und wenig benutzerfreundlich, da man auf
dieses Untermenü aus dem Spiel heraus gar nicht zugreifen kann.
Um das Inventar aufzurufen, genügt es, den Cursor an den unteren
Bildschirmrand zu bewegen; Inventargegenstände können untersucht und miteinander sowie
mit anderen Gegenständen kombiniert werden, was mit der A-Taste erfolgt. Ein Zahnrad-Icon
zeigt an, dass mit diesem Gegenstand etwas getan werden kann; in Ausnahmefällen muss ein
Gegenstand auch erst im Inventar zerlegt werden, ehe man ihn weiter benutzen kann.
Grafik und Sound
Die 3D-Grafik kann mit aktuellen PC-Spielen bei weitem nicht
mithalten, wurde aber ordentlich umgesetzt. Die Figuren wirken bisweilen etwas eckig und
lassen den Detailreichtum ihrer PC-Pendants vermissen, aber gut, wir haben es hier mit
einem Wii-Spiel zu tun und die sind grafisch bis jetzt nicht unbedingt was für
Grafik-Fetischisten. Das Museum selbst wurde dafür sehr liebevoll realisiert und mit
zahlreichen Räumen ausgestattet, die man untersuchen kann. Dabei wurde auf viel
Abwechslung geachtet es gibt Räume mit ägyptischen Exponaten, einen
Mittelalter-Bereich, eine Indianer-Ausstellung, eine Pflanzenwelt, eine Ausstellung zur
Entwicklung der Technik und vieles mehr. Da Stephans Abenteuer nachts spielt, ist das
Museum natürlich relativ unbelebt, was aber nicht weiter stört, zumal Stephan ohnehin
mit einigen Charakteren sprechen bzw. interagieren kann.
Mimik und Bewegungsabläufe der Charaktere lassen weitgehend zu
wünschen übrig, auch wenn man dem Spiel anmerkt, dass die Entwickler ihr Bestes gegeben
haben man muss hier eben auch im Hinterkopf behalten, dass die Wii grafisch dem
Entwicklungsstand des guten alten Gamecube entspricht.
Positiv hervorzuheben ist die Vertonung. Einerseits wurden die
Dialoge synchronisiert, was nun wirklich keine Selbstverständlichkeit bei Wii-Adventures
ist; andererseits wurde darauf geachtet, dass die Sprecher ihre Charaktere zum Leben
erwecken gut, das ist bei so eindimensionalen Figuren eine schwierige Sache, aber
für meine Begriffe haben die Sprecher übrigens alles Profis, die
Hollywood-Kapazunder (Anm. d. Red.: österr. für Koryphäe, Spitzenkönner) wie
Nicole Kidman oder Laurence Fishburne ihre Stimme leihen ihre Sache gut gemacht,
die Stimmen passen auch zu den Figuren. Die Musik ist unaufdringlich und dezent, schwillt
hie und da bedrohlich an, wenn es etwas brenzlig wird, hält sich aber ansonsten im
Hintergrund. Geräusche werden ebenfalls dezent eingesetzt da gibt es eine
piepsende Maus, man hört immer wieder das Geräusch von Schritten, wenn Stephan läuft;
macht er sich eine Notiz, hört man den Kugelschreiber übers Papier gleiten.
Dialoge
Gesprochen wird in Krone des Midas" durchschnittlich viel
wer also kein Freund von ausufernden Dialogen ist, dürfte mit diesem Spiel gut
bedient sein. Einmal angesprochene Themen bleiben so lange bestehen, bis sich etwas Neues
ergibt; per Steuerkreuz kann man die Themen anwählen. Viele Dialoge laufen dabei
automatisch ab die meisten Gespräche sind nämlich in Zwischensequenzen
eingebettet. Sie dienen dazu, das Geschehene ein wenig zu erleuchten, sind aber manchmal
auch etwas verwirrend, etwa, wenn Stephan triumphierend verkündet, er habe einen Plan,
den Jessica zwar sofort versteht aber als Spieler kratzt man sich kurz am Kopf und
fragt sich, warum er diesen tollen Plan nicht einfach lauthals hinausposaunt. Gut, das
würde dem Sinn des Spielens zuwiderlaufen
Richtig nervig sind die Dialoge eigentlich nur gegen Ende es
gibt zwei Sequenzen vor dem Abspann, die sowohl spielerisch als auch gesprächstechnisch
etwas mühsam sind. Eine der beiden Sequenzen muss innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens
erledigt werden; gelingt dies nicht, muss man sich die dazugehörigen Dialoge immer und
immer wieder anhören, bis man es geschafft hat. Ähnlich mühsam gestaltet sich die
allerletzte Aufgabe vor dem eigentlichen Ende. Zwar spielt man hier nicht innerhalb eines
vorgegebenen Zeitlimits, doch während man sich mit der letzten Aufgabe abplagt, hört man
quasi in einer Endlosschleife einen Dialog zwischen Stephan und einem Bösewicht; dieser
Dialog hat mich irgendwann dermaßen genervt, dass ich kurzerhand den Ton ausgeschaltet
habe. Dass die dazugehörige Aufgabe auch nicht grade das Gelbe vom Ei war, steht auf
einem anderen Blatt.
Rätsel
Ach ja, die Rätsel die Seele eines jeden Adventures. Oder
sein Herz. Jedenfalls essenziell für richtigen Spielspaß. Dieser kommt auch bisweilen
auf, jedoch sind die meisten Aufgaben in Krone des Midas" so einfach, dass man
schnurstracks durchmarschieren kann. Manche hingegen kosten sehr viel Zeit und Nerven,
einfach, weil sie zeitbasiert ablaufen und man dafür so großzügige Zeitfenster von 30
Sekunden hat. Das ist vor allem dann mühsam, wenn man, um die betreffende Aufgabe zu
lösen, mehrere Räume durchqueren muss; unser guter Stephan bleibt nämlich, nachdem er
durch eine Tür getreten ist, erst einmal stehen und muss angetrieben werden, damit er
weiterläuft.
Ein Großteil der Rätsel ist inventarbasiert, sprich: In den
meisten Fällen müssen Gegenstände aufgenommen und richtig kombiniert werden. Bisweilen
ist das etwas langwierig, da manche Hotspots erst dann aktiv werden, wenn man sie braucht,
was wiederum sehr viel Gerenne bedeutet. Abkürzen lässt sich das leider nicht, aber da
man Stephan ziemlich flott laufen lassen kann, hält sich der Frust in Grenzen.
Richtig gut gefallen haben mir persönlich die Rätsel in Kapitel 3.
Wie oben angedeutet, hat mich das Spiel vor allem in diesem Kapitel sehr stark an
Baphomets Fluch" erinnert, vielleicht auch bedingt durch den neuen Abschnitt
des Museums, den Stephan in diesem Kapitel betritt. Während in den übrigen Kapitel ganz
klar die inventarbasierten Rätsel dominieren, geht es in Kapitel 3 richtig zur Sache: Da
müssen Schluchten überwunden und Hebel gedrückt werden; ein Schachbrett ist so zu
bedienen, dass sich eine Tür öffnet; eine tödliche Falle muss entschärft werden
kurz, die Rätsel in diesem Abschnitt sind sehr abwechslungsreich, kommen fast ganz ohne
das Inventar aus und machen richtig Spaß. Davon hätte ich mir mehr gewünscht.
Und weil ich grade beim Wunschkonzert bin: Es wäre auch schön
gewesen, wenn die Möglichkeiten der Wiimote besser genutzt worden wären hin und
wieder muss man physisch aktiv werden, wenn es z.B. gilt, ein Seil zu spannen oder wenn
etwas gedreht werden muss. Diese Aufgaben lassen sich aber an den Fingern einer Hand
abzählen, was ich sehr schade gefunden habe, denn wie andere Wii-Adventures wie
Another Code: R" zeigen, kann man die physikalischen Möglichkeiten der Wiimote
sehr wohl ausreizen und hervorragend ins Spiel integrieren. Ernsthaft: Wenn ich einfach
nur mit dem Cursor auf etwas zeigen und dann klicken muss, um eine Aufgabe zu lösen, dann
kann ich gleich am PC spielen; dafür brauche ich keine Konsole. Hier wäre eindeutig mehr
drin gewesen.
Der Schwierigkeitsgrad der Rätsel bewegt sich durchwegs auf
einfachem bis maximal mittlerem Niveau; die Aufgaben sind logisch nachvollziehbar in die
Handlung eingebettet. Einzig der Umstand, dass Stephan selbst nur sehr selten einen
Hinweis darauf gibt, was als nächstes zu tun ist, könnte eventuell für etwas Ärger
sorgen und um das zu verhindern, haben die Entwickler sowohl Hinweise in Form von
Stephans Notizen als auch in Gestalt einer Lösungshilfe eingebaut.
Fazit
Die Krone des Midas" könnte ein richtig gutes
Wii-Adventure sein, wenn da nicht die etwas flache Story mit den nicht minder flachen
Charakteren wäre. Das Hauptproblem des Spiels ist, dass es vorbei ist, sobald man
anfängt, richtig Spaß dran zu haben und motiviert ist, zu spielen. Das ist sehr schade,
denn Potenzial ist auf jeden Fall reichlich vorhanden, und auch die Angst, dass Galileo
Mystery zu stark auf den Titel abgefärbt hätte, hat sich letzten Endes als unbegründet
erwiesen. Die Grafik ist, wie für die Wii nicht anders zu erwarten, kein großer Wurf,
verursacht aber auch keinen spontanen Augenkrebs. Pluspunkt: Es gibt viele
unterschiedliche Räume zu erforschen. Positiv hervorzuheben ist auch die gut gelungene
Sprachausgabe. Bei den Rätseln wäre etwas mehr Abwechslung schön gewesen, und auch ein
etwas höherer Schwierigkeitsgrad hätte gut getan. Dass Die Krone des Midas"
storytechnisch seicht bleibt und auch rätseltechnisch nicht wirklich anspruchsvoll
ausfällt, ist wohl im Hinblick auf das anvisierte Zielpublikum des Spiels zu deuten
Erwachsene werden hier ganz eindeutig nicht angesprochen. Für Gelegenheitsspieler
sicher eine nette Sache, für Adventureprofis vermutlich eher langweilig.