Zurück zur Adventure-Archiv Startseite
This page in English
Gadget - Past as Future
Erscheinungsdatum:1998
Entwickler/Publisher: Synergy / CryoBoxshots
Spielsprache: DeutschUSK: Geeignet ab 6 Jahren
Ein Review von André 04. Mai 2003
Wenn ein Spiel vom normalen und bewährten Prinzip eines Adventures abweicht, muss das nicht immer gelingen. Und "Gadget" ist so ein ungewöhliches Spiel. Denn die von mir nicht immer geliebte Adventureschmiede Cryo in Zusammenarbeit mit Synnergy Inc. gibt sich hier äußerst experimentell. Und so war ich erst einmal sehr überrascht, denn das Spiel unterscheidet sich in einigen Punkten von normalen Adventures. Der künstlerische Aspekt wird durch folgende Stilmittel hervorgehoben:
Es wird ein Schwerpunkt auf die Story und das Vorranschreiten der Handlung gelegt in Kombination mit extrem eindrucksvollen Bildern. Dabei sind die Rätsel eher bereicherndes Beiwerk und rücken in den Hintergrund. Daher würde ich "Gadget" generell als Mixtur aus Adventure, interaktiver Geschichte und Kunstwerk bezeichnen. In dem Fall muss ich sagen, dass das Experiment aber durchaus gelungen ist.
Handlung/ Atmosphäre /Grafik
Anmerken möchte ich vorab noch, dass es sich bei "Gadget - Past as Future" von 1998 um die erweiterte Fassung des erstmals 1995 erschienenen Spiels handelt. Inwieweit die Originalversion erweitert wurde, kann ich aber nicht sagen, da mir die Erstfassung nicht vorliegt.
Wie so oft bei Cryo-Adventures gibt sich auch "Gadget" mysteriös. Die Story habe ich anfangs als sehr verwirrend empfunden, da man die Handlung nach und nach immer nur von den zwar zahlreichen Personen erfährt, diese aber wenige recht undurchschaubare Sätze von sich geben. Aber im Laufe des Spiels wird man trotzdem schlauer und in groben Zügen lässt sie sich wohl so umschreiben:Sie werden in eine Agentenstory gezogen. Von einem Hotelzimmer aus geht es direkt zum Bahnhof. Von dort an reisen sie eigentlich nur noch permanent mit verschiedenen Dampfzügen, die sie zu den nächsten Schauplätzen führen.
Während der Reisen erfahren sie von zahlreichen Personen, dass der undurchschaubare Wissenschaftler Horsepower Frost an einer geheimen Maschine, einer Art Arche, arbeitet und dass die Erde von einem Meteoriteneinschlag bedroht ist. Einige arbeiten gegen ihn, halten ihn für wahnsinnig und wollen ihn stoppen. Andere halten ihn für einen genialen Wissenschaftler. Und so erhalten sie immer neue Anweisungen von ihnen, welche sie zu den verschiedensten Orten und natürlich auch zu Frost führen.
Dabei wirkt das ganze Spiel einerseits sehr ruhelos, treibend und rauschartig, andererseits aber kann man das Spiel aber entspannt vor dem Bildschirm genießen, da es kein Zeitlimit und keine richtigen Rätsel gibt. Man wird durch eine sehr lineare Handlung geführt wird und ist eher Zuschauer einer sehr künstlerisch wirkenden Geschichte.
Die Ruhelosigkeit wird dadurch hervorgerufen, dass man ständig auf der Reise im Zug, also in Bewegung ist. Verstärkt durch die zahlreichen surrealistischen Filmsequenzen, welche oft fahrende Dampflokomotiven zeigen, die es in der Form wohl nie gab. Dadurch wirkt das Spiel dann wie ein Rausch oder bedrohlicher, unwirklicher Traum. Dabei unterstützt die wirklich hervorragende Grafik den Eindruck in entscheidendem Maße.
Das bedrohliche Element wird durch folgende Stilmittel erreicht: Zum einen durch die Personen, welche sehr starr und unheimlich wirken, z.B. wenn ein Kind mit erwachsenen und ernsten Gesichtszügen in einer sonst menschenleeren Halle auftaucht. Zum anderen durch die hervorragenden Bilder, durch die sich der Spieler klickt. Hier zitiere ich am besten das Cover, welches von einer retro-futuristischen Welt spricht.
Retro meint in dem Fall, dass mich die Bilder oft an alte Propaganda-Bilder der Sowjet-Zeit erinnern, verstärkt durch die im Spiel immer wiederkehrenden roten Sowjet-Sterne. Eventuell erinnert es sogar an alte Nazi-Filme im Riefenstahl-Style? Ich weiß es gar nicht so genau. (Anmerkung in eigener Sache: Natürlich halte ich die Propaganda für absolut verachtenswert, allerdings kann man der Dame künstlerisches Talent nicht absprechen.) Auf jeden Fall hat man sich hier auch bei Fritz Langs Meisterwerk Metropolis bedient. So sieht man oft große Maschinenhallen und Bahnhöfe, welche kalt, bedrohlich und erschreckend unwirklich wirken. Vielleicht ist das Spiel auch das visuelle Gegenstück zu der in den Achzigern bekannt gewordenen Musikrichtung Industrial? Immer wieder wird man auch mit merkwürdigen Maschinen konfrontiert. Klickt man diese an, laufen beeindruckende, teilweise psychedelisch wirkende Film-Sequenzen ab, welche die Atmosphäre noch verstärken. Dadurch dürfte dann auch erklärt sein, was futuristisch meint.
Stellenweise wird die Geschichte aber auch berechenbar und man weiß, was einen erwartet: Zugfahrt, mit den Passagieren reden, aussteigen, Locations und Sequenzen bewundern, wieder einsteigen und weiter geht´s. Dennoch wartet das Spiel aber immer wieder mit neuen Ideen auf. Auf jeden Fall ist Gadget eines dieser Spiele, dessen Atmosphäre sich am Besten (eigentlich nur) abends, im Dunkel entfaltet.
Rätsel
Richtige Rätsel gibt es in dem Sinne eigentlich nicht. Der Spieler wird fast ausschließlich darauf beschränkt, sich durch die Locations zu klicken, Personen anzusprechen und Maschinen zu bedienen. Die Maschinen besitzen einige Hebel, von denen man aber meist nur wenige benutzen kann. Diese klickt man dann alle mal an und der Rest passiert von alleine. Schön fand ich, dass man sich durch recht eindeutige Perspektiven gut in der Welt von Gadget zurechtfindet und es keine verschachtelten Gänge gibt. Ebenfalls gibt es auch kein richtiges Inventar. Ab und zu erscheint automatisch ein Koffer, den wir mit uns führen und man nimmt ebenfalls automatisch den richtigen Gegenstand. Wie gesagt versteht sich das Spiel eher als interaktive Geschichte.
Zeitlimits gibt es nicht und auch keine Ausfälle durch plötzlichen, unerwarteten Tod. Ebenso fehlt eine Auswahl aus mehreren Dialogmöglichkeiten. Auch hier gibt man sich betont linear.
Sound
Sprachausgabe findet man nur im Vorspann und in wenigen anderen Situationen, beispielsweise bei Telefonaten. Die Dialoge laufen per Untertitel ab. Die Musik und Sounds wurden sehr effektvoll eingesetzt. Während es man bei dem normalen Spielgeschehen in den Hallen ungewöhnlich ruhig ist, werden die Filmsequenzen der Zugfahrten oder wenn unser Protagonist durch die Gänge hetzt, z.B. von einem unruhigen Trommelwirbel oder Maschinengeräusche begleitet.
Handling
Öfters mal Abspeichern ist angesagt, denn zwischen den Wechseln der vier CDs kam es bei zu zwei-drei Abstürzen. Ich habe das Spiel, welches eigentlich für Windows 95 gedacht war unter Windows 98 gespielt und ansonsten lief "Gadget" einwandfrei. Es gibt eine einfache Point&Click-Steuerung, aber kein Inventar und auch keine erkennbaren Hotspots. Es wird aber schnell ersichtlich, wohin man klicken muss und kann eigentlich kein Rätsel übersehen. Es gibt nur drei Speicherplätze, welche man natürlich überschreiben kann. Allerdings reichen sie in dem Fall auch aus, denn man kann ja nicht viel falsch machen, so dass man nicht noch einmal laden muss.
Fazit
Müsste ich das Spiel als normales Adventure und anhand seiner Rätsel und Handlungsmöglichkeiten bewerten, würde es eine Note im unteren Bereich bekommen. Muss ich aber nicht. Ich sehe das Spiel lieber als eine wunderbare, surrealistische interaktive Geschichte, bei der ich mich zurückgelehnt habe und die tolle Atmosphäre genossen habe. Und wenn mir auch nicht immer klar war, was die einzelnen Personen gerade versucht haben, mir mitzuteilen. Es macht ja nichts, denn das Spiel geht Dank seiner Linearität trotzdem weiter. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die damals noch (relativ) junge Firma Cryo noch das Ziel hatte, ein sehr progressives und experimentelles Spiel mit vielen Details und künstlerischem Anspruch zu erschaffen, welches nichts mit den zahlreichen schlaffen Adventures der neueren Phase (wie die historischen Adventures der Firma , z.B. das frustrierende Odysseus) vergleichen lässt. und mich durch ein wirklich ungewöhnliches, eigenständiges Spiel mit vorrantreibendem Handlungsaufbau sowie überdurchschnittlich beeindruckenden und bedrohlichen Bildern und Filmsequenzen geklickt, welche eher die Psyche, als den Geist gefordert haben.
Wertung: 80 %
Bewertungssystem Adventure-Archiv:
- 80% bis 100% sehr gutes Spiel (sehr empfehlenswert)
- 70% bis 79% gut (empfehlenswert)
- 60% bis 69% befriedigend (bedingt empfehlenswert, mit Abstrichen)
- 50% bis 59% ausreichend (nicht gerade empfehlenswert)
- 40% bis 49% ziemlich schlecht (eher abzuraten - etwas für Hardcore-Adventure-Freaks und Sammler)
- 0% bis 39% grottenschlecht (lieber die Finger davon lassen)
Minimale Systemanforderungen Windows 95:
- Pentium 133 (MMX-kompatibel)
- Windows 95
- 16 MB RAM
- 5 MB freier Festplattenspeicher
- 4x CDROM-Laufwerk
- 640 x 480 Pixel HighColor 16bit Grafikkarte
- 16 bit Soundkarte
- Quicktime für Windows Version 2.1.2 (auf CD)
Minimale Systemanforderungen Power MAC:
- Power Mac 6100, 7100, 8100
- System 7.5.3
- 9 MB RAM
- 5 MB freier Festplattenspeicher
- 4x CDROM-Laufwerk
- 640 x 480 Pixel HighColor 16bit Grafikkarte
- 16 bit Soundkarte
- Quicktime für Mac Version 2.5 (auf CD)
Gespielt unter:
- Win 98
- Pentium III
- 64 MB RAM
- Soundblaster Pro
- 40x CDROM-Laufwerk
Copyright © André für Adventure-Archiv, 04. Mai 2003