Zauberer und Elfen hatten wir schon, jetzt
machen wir mal was Futuristisches", mag man sich bei Silver Style gedacht haben, als
man sich an die Entwicklung des Thrillers Goin Downtown" machte, um nach
Simon the Sorcerer Chaos ist das halbe Leben" und Everlight
Elfen an die Macht" das dritte Adventure in Folge vorzulegen. Das freut natürlich
des Adventurers Herz; ob zu Recht, habe ich in mehreren Spielstunden versucht
herauszufinden. Dabei muss ich vorausschicken, dass ich mich dem Spiel nicht ganz ohne
Vorbehalte genähert habe, was aber in erster Linie mit der Handlung und den Figuren zu
tun hatte mal ehrlich, wie oft hatten wir schon ein im New York der Zukunft
angesiedeltes Adventure, in dem ein desillusionierter Mann in diesem Fall ein
erfolgloser Polizist versucht, einen mehr oder minder mysteriösen Fall
aufzuklären, nur um sich dabei in alle möglichen und unmöglichen Geschichten verwickeln
zu lassen? Mindestens einmal, oder? Das Risiko, bei so einem Stoff abgrundtief in
Klischees zu versinken, ist natürlich enorm
Handlung und Spielwelt
Wir befinden uns im New York des Jahres 2072. Jake McCorly, ein
desillusionierter Polizist, der seine geliebte Frau verloren hat, vegetiert irgendwie vor
sich hin, schluckt Unmengen von Pillen und versucht, die Tage so einigermaßen hinter sich
zu bringen (das Klischee vom Säufer wurde dankenswerter Weise ausgelassen). Im Job
läufts auch nicht mehr so prächtig, die Motivation unseres Helden, morgens
aufzustehen, ist entsprechend gering. Dann begegnet er der schönen, aber undurchsichtigen
Rose, die auf einem Gehsteig vor Jakes Wohnhaus zusammenbricht. Weil Jake ein netter
Mensch ist, nimmt er sie mit in seine Wohnung, wo sich Rose erholen soll. Tja. Ein edler
Gedanke, allein, die junge Dame zeigt sich nicht unbedingt dankbar, sondern stürzt sich
aus dem Fenster in den Tod, während Jake den Schlaf der Gerechten schläft. Und schon
sind wir mitten drin in unseren Ermittlungen, die uns quer durch New York führen und uns
mehr Einblicke in die Abgründe der Gesellschaft erlauben als uns lieb ist. Denn in dieser
Gesellschaft sind Frauen wie Rose, die ihren Körper verkaufen, um zu überleben, einen
Dreck wert; wenn Prostituierte reihenweise verschwinden, dann interessiert das außer Jake
niemanden solche Fälle bringen nämlich keine fette Prämie, und um nichts anderes
geht es bei Polizeiarbeit im New York des Jahres 2072. Verhafte einen Perversen, der
Finger von Toten sammelt und verkauft, und schon klingelt die Kasse aber ermittle
auf eigene Faust in einem Selbstmordfall, und du nagst am Hungertuch. Bargeld, das man am
Automaten in der eigenen Wohnung bekommt, ist zwar nicht mehr so wichtig, weil man fast
überall per FingerChip zahlen kann (Ausnahme: illegale Geschäfte). Aber der Mensch muss
ja auch irgendwo wohnen, und Wohnraum ist in dieser Gesellschaft vor allem eines: ein
schlechter Witz. Wer es sich nicht leisten kann, in einem teuren Loft zu residieren, weil
er auf der untersten Stufe des Steuersystems steht, der muss sich mit einem winzigen Raum
begnügen, in dem das Bett an die Wand geklappt wird und die Toilette sich unter dem
Waschbecken der integrierten Küchenzeile befindet (man kann Jake sogar dabei zusehen, wie
er das Ding benutzt!). Der einzige richtige Luxus in diesen Behausungen ist ein
Teledoktor, eine Art künstliche Intelligenz, der man seine kleinen und großen Wehwehchen
klagen kann und die einem dann das richtige Medikament verschreibt.
Ich habe bereits den FingerChip erwähnt, mit dem man fast überall
bezahlen kann. Dabei handelt es sich um einen Computerchip, den jeder Bewohner New Yorks
unter der Daumenkuppe trägt. Darauf sind persönliche Daten gespeichert; man kann mit
diesem Chip an FingerTip genannten Geräten bezahlen, gleichzeitig dient er als
Personalausweis. Auch in der Kommunikation geht man neue Wege: Handys, wie wir sie kennen,
gibt es in Jakes Welt nicht mehr. Zwar trägt jeder eine Art Telefonhörer mit sich herum,
muss dieses HandCom genannte Gerät aber über ein dickes Kabel an eine so genannte
ComStation anschließen, um telefonieren zu können. ComStationen finden sich in praktisch
allen Gebäuden und an den Straßenecken; man kann damit nicht nur telefonieren, sondern
auch wichtige Polizeiakten abrufen vorausgesetzt natürlich, man ist ein
Gesetzeshüter wie Jake. Die ComStationen haben jeweils eigene Kennungen, die bei einem
Anruf mit übertragen werden, und auch die HandComs weisen ihre Besitzer eindeutig aus.
Anonymes Telefonieren ist so kaum noch möglich; lediglich die öffentlichen ComStationen
auf den Straßen haben keine eigene Kennung und ermöglichen eine gewisse Anonymität.
Die Personen, die Jake trifft, wurden zwar sorgfältig
ausgearbeitet, sind aber wie Jake selbst größtenteils wandelnde Klischees, und das ist
richtig schade. Wir hätten da: die ehrgeizige Kollegin, der ihre Karriere und
sämtliche Regeln am allerwichtigsten ist; die neugierige Journalistin, die ihre
Nase in Dinge steckt, die sie nichts angehen; den kleinen Buben, der zwar ein
ausgefuchster Taschendieb, aber trotzdem irgendwie herzig ist; den abgeklärten
Barbesitzer mit Kontakten zur Unterwelt; den Technik-Freak, der altmodische Computer in
der Wohnung rumstehen hat; die Prostituierte, die sich permanent Drogen reinzieht, weil
sie schon völlig kaputt ist kurz, Jake bekommt es mit Personen zu tun, die ebenso
Abziehbilder sind wie er selbst. Keiner dieser Charaktere hat das Potenzial, dem Spieler
länger in Erinnerung zu bleiben; bei keinem habe ich mir gedacht, Das ist mal eine
coole Figur". Auch Jake selbst ist von der Eindringlichkeit eines George Stobbart
oder Gabriel Knight meilenweit entfernt; dafür darf er in gewisser Weise in die
Fußstapfen von Guybrush Threepwood treten, aber dazu später.
Werbung
Goin Downtown" ist zumindest für mich
das erste Spiel, das Werbung integriert also Werbung für Produkte, die es
in der Realität zu kaufen gibt, in dem Fall Werbung für ein Online-Reisebüro und für
eine Immobilien-Website. Das fängt schon mit der Verpackung an; auf der DVD-Box prangt
unter dem Spieltitel ein kleiner Button, der darauf verweist, dass dem Spiel ein
Reisegutschein im Wert von 20 Euro beiliegt. Besagten Reisegutschein findet man im
Handbuch, Banner des Online-Reisebüros flimmern im Spiel über Jakes Konsole und über
Monitore auf den Straßen. Zusätzlich wird auf dieselbe Art Werbung für ein
Online-Immobilien-Portal gemacht. Man muss den Entwicklern aber zugute halten, dass die
Werbung sehr unaufdringlich platziert wurde und sich gut in das Erscheinungsbild des
futuristischen New York einfügt. Zudem wird man damit nicht überhäuft; die Werbebanner
erscheinen lediglich an wenigen ausgewählten Stellen, wo sie nicht unangenehm auffallen
und natürlich" wirken eben Monitore, die im Spiel ohnehin für Werbung
dienen.
Installation/Aufmachung
Auf Schnickschnack wurde bei Goin Downtown"
gänzlich verzichtet; das Spiel ist in eine nett, aber unaufregend gestaltete DVD-Box
verpackt, das beigelegte Handbuch ist zwar informativ, aber so farblos wie viele
Handbücher der letzten Zeit. Schade. Gerade bei einem Spiel im Comic-Stil hätte etwas
mehr Farbe gut getan, zumal das Handbuch auch einen Goin Downtown"-Comic
enthält die Bilder dazu stammen zwar aus dem Spiel, die Sprechblasen wurden aber
im Rahmen eines Wettbewerbs gefüllt; die Sieger-Texte kann man folglich im Handbuch
bewundern. Das ist zwar eine sehr hübsche Idee, aber warum müssen Handbücher eigentlich
immer in langweiligem Schwarz-Weiß gedruckt werden? Das ruiniert die ganze
Präsentation
abgesehen davon finde ich es auch ziemlich mühsam, auf dunkelgrauem
Hintergrund Notizen zu schreiben. Denn damit wartet das Handbuch auch auf drei
leere Seiten für Notizen. Da hat offensichtlich jemand mitgedacht und wollte uns die
übliche Zettelwirtschaft ersparen, die mit einem Adventure unweigerlich Hand in Hand
geht. Allerdings: Übertrieben viele Notizen muss man sich bei Goin Downtown nicht
machen, aber dazu später.
Ein Wort noch zur Installation: Diese verläuft absolut reibungslos
und dauert keine fünf Minuten; auch die Ladezeiten im Spiel selbst sind angenehm kurz
gehalten, und auch sonst wären mir keine technischen Probleme aufgefallen. Und: Das Spiel
ist alt-tab-freundlich; man kann also unbesorgt nebenher noch andere Programme
beispielsweise eigene Musik, aber dazu mehr unter Sound laufen lassen bzw. zwischen
diesen und dem Spiel hin und her wechseln, ohne dass es zu Abstürzen kommt. So mag ich
das.
Steuerung
Hier macht Goin Downtown" alles richtig. Wir
steuern Jake aus der dritten Person per Mausklick durch die Gegend; dabei wurde auf
erprobte Adventurespieler und blutige Anfänger gleichermaßen Rücksicht genommen: Lange
Laufwege entfallen. Einerseits, weil Jake automatisch rennt, und zwar so gut wie immer
man kann zwar versuchen, ihn per Doppelklick noch rasanter durch die Gegend zu
scheuchen, das bringt aber nichts. Ehrlich. Ich habe es ausprobiert. Noch schneller wird
unser Held einfach nicht; durch seine von Haus aus ohnehin schon sehr flotte Gangart hebt
er sich aber wohltuend von anderen Adventurehelden ab, die sich entweder unfassbar
lahmarschig durch die Botanik bewegen oder die man erst per Doppelklick auf Trab bringt.
Lange Laufwege entfallen auch durch eine integrierte Karte, die mich
an Jack Orlando" denken ließ: Auf der Übersichtskarte von New York, die kurz
nach Beginn des Spiels zur Verfügung steht, sieht man sämtliche Gebäude, die Jake
heimsuchen kann selbstredend vergrößert sich diese Zahl im Lauf des Spiels noch
-, während Jake selbst auf seinem Motorrad durch die Gegend fährt. Ähnlich wurde die
Karte damals auch in Jack Orlando" umgesetzt irgendwie auch passend,
diese Parallele, da wir es hier erneut mit einem Krimi im Comic-Stil zu tun haben sowie
mit einem eher glücklosen Polizisten, der sich noch mal so richtig in einen Fall
verbeißt.
Zurück zur Steuerung: Der Mauszeiger, im Ruhezustand"
mit einer Pfeilform versehen, wechselt wie in anderen Adventures auch je nach möglicher
Aktion die Form, wobei die jeweiligen Symbole wiederum sehr intuitiv gehalten wurden
ein Auge für Untersuchen, eine Hand für Nehmen/Bewegen, eine Sprechblase für
Sprechen, ein Schraubenschlüssel für Montieren (bei Inventargegenständen), ein Pfeil in
einem Quadrat für Ausgänge und ein Pausezeichen (nach rechts gewendetes Dreieck mit
einem senkrechten Strich) bei Aktionen, Zwischensequenzen und Dialogen, die man abbrechen
kann. Obwohl sämtliche Aktionen mit der linken Maustaste ausgeführt werden, kann es nie
schaden, Gegenstände auch mal mit der rechten Maustaste zu untersuchen; hin und wieder
gibt uns Jake dann nämlich noch zusätzliche Informationen.
Ins Hauptmenü gelangt man über die Escape-Taste; im Menü kann man
wie gehabt speichern, laden und an den Einstellungen herumspielen, zusätzlich kann man
sich Jakes Tagebuch zu Gemüte führen. Entscheidet man sich dafür, Untertitel
zuzuschalten, dann kann man diese entweder in Form von Sprechblasen oder als
normalen" Text anzeigen lassen das fand ich mal eine richtig gute Idee,
gerade, weil Sprechblasen bei dieser Art von Spiel einfach hervorragend zum Stil passen.
Dass sich der gesprochene Text von dem in den Sprechblasen abgebildeten Text bisweilen
etwas unterscheidet, steht auf einem anderen Blatt.
Beim Speichern wird der jeweilige Spielstand mit einem Bild, Datum
und Uhrzeit sowie einem selbst gewählten Dateinamen abgelegt; der aktuellste Spielstand
ist dabei immer der erste in der Reihe. Zusätzlich legt das Spiel Autosaves an, wenn man
von einer Szenerie in die nächste wechselt; diese Autosaves erscheinen aber nur im
Laden-Menü. Apropos Laden: Die Ladezeiten zwischen den einzelnen Szenewechseln sind
angenehm kurz und nicht der Rede wert.
Das Inventar, dein Freund und Helfer
Wenn es eine Konstante in Adventures gibt, dann ist es wohl das
Inventar klar, dass auch Jake sein Bündel mit sich herumträgt. Das Inventar wird
aufgerufen, indem man die Maus an den unteren Bildschirmrand bewegt. Ist die erste
Inventarzeile gefüllt, kann man mit kleinen Pfeilen links zur zweiten Zeile scrollen.
Gegenstände, die Jake an sich nimmt, erscheinen kurz in der linken
oberen Bildschirmecke; Gegenstände, die benutzt wurden und anschließend nicht mehr
gebraucht werden, erscheinen ebenfalls in der linken oberen Bildschirmecke, allerdings
durchgestrichen. Im Inventar findet sich anschließend keine Spur mehr von ihnen; so wird
vermieden, dass Jake unnötigen Ballast mit sich herumschleppt. Etwas absurd fand ich in
dem Zusammenhang, dass Jake auch in gefesseltem Zustand noch Gegenstände einstecken kann;
ich frage mich nach wie vor, wie er das gemacht hat.
Objekte können untereinander sowie mit Gegenständen und Personen
außerhalb des Inventars kombiniert werden; lediglich in einem Fall versagt aber die
inventarische Logik komplett zwei Gegenstände, die eigentlich zusammengehören,
lassen sich nicht kombinieren, dennoch ist die damit verbundene Aufgabe zu lösen. Man
muss nur ein wenig herumprobieren.
Unmittelbar über dem Inventar finden sich Buttons für den Wechsel
zwischen Tag und Nacht, für die Übersichtskarte und für das Tagebuch. Neue Aufgaben
werden dem Tagebuch automatisch hinzugefügt; das Tagebuch-Icon erscheint dann kurz in der
rechten oberen Bildschirmecke.
Sound
Die Musik ist zumindest im Menü gut gewählt fetzige
Rockmusik, die ein bisschen an Metallica erinnert, untermalt das ansonsten recht statische
Menü. Im Spiel selbst wird man dann mit einer etwas eintönigen, wiederkehrenden Melodie
konfrontiert, die schon nach kurzer Zeit zu nerven beginnt und die obendrein auch noch
unangemessen fröhlich rüberkommt, dabei synthetisch klingt und irgendwann schlichtweg
stört bzw. nicht immer zum Geschehen passt. Anstatt das Geschehen zu untermalen, drängt
sich die Musik, sofern man sie nicht in den Einstellungen leiser stellt, in den
Vordergrund genau das sollte aber nicht passieren. Ich habe letztlich genervt auf
die In-Game-Musik verzichtet und meine eigenen CDs laufen lassen (dadurch, dass das Spiel
alt-tab-freundlich ist, gehen natürlich auch eigene mp3s) oder überhaupt ohne Musik
gespielt. Wenn ich nerviges Gedudel will, schau ich mir den Musikantenstadl an
Dagegen wurden die Hintergrundgeräusche und Effekte gut gewählt
und dosiert sowie der jeweiligen Umgebung angepasst. Das Geräusch zahlreicher Fahrzeuge
beispielsweise vermittelt das authentische Gefühl, sich in einer Großstadt zu befinden,
man hört die U-Bahn vorbeirauschen und dergleichen mehr. Jake bewegt sich so durch eine
ziemlich lebhafte Kulisse. Auch die Sprecher agieren professionell, auch wenn Jake
ihm leiht der deutsche Synchronsprecher von Will Smith die Stimme mitunter eine
Spur zu abgeklärt, zynisch und machohaft rüberkommt. Ich hatte zeitweise den Eindruck,
der Sprecher versuche, besonders cool zu klingen. Und das wirkt dann etwas gezwungen.
Insgesamt macht der gute Mann seinen Job aber gut, ebenso wie die übrigen Sprecher ihren
Figuren Leben einzuhauchen vermögen. Hier wurde überaus professionell gearbeitet. Nur
schade, dass sämtliche Figuren solche Klischees sind.
Grafik
Ehrlich: Ich habe mich während des ganzen Spiels gefragt, wie die
verhältnismäßig hohen Hardwareanforderungen gerechtfertigt sind. Wenn ich schon eine
Grafikkarte mit Pixelshader 3.0 benötige, dann will ich auch was fürs Auge geboten
kriegen, aber hier schwächelt Goin Downtown" bisweilen gewaltig. Nicht,
dass es nicht hübsch anzusehen wäre, das nun auch wieder nicht. Die Comicgrafik wurde
ordentlich umgesetzt, vor allem die Hintergründe wissen sehr zu gefallen und tragen in
ihrer Detailverliebtheit man kann auch Gegenstände untersuchen, die für den
Verlauf der Handlung völlig irrelevant sind gehörig zur Atmosphäre bei.
Zusätzlich können die meisten Orte sowohl bei Tag als auch bei Nacht aufgesucht werden,
was atmosphärisch sehr gut rüberkommt. Im Simulator, der bei der Verbrechensbekämpfung
und aufklärung hilft, hebt sich die Grafik nochmals deutlich von der
In-Game-Realität ab; auch das wurde sehr schön umgesetzt.
Es bleiben aber dennoch Mankos: Vor den schön gerenderten
Hintergründen wirken die Figuren oft fransig in ihren Konturen, und die Gesichter sind,
wenn in Großaufnahme, oft nur eine helle Fläche ohne jede Mimik, extrem glatt und
konturenlos. Das hatte ich bei den Hardwareanforderungen dann doch nicht erwartet
zumal andere Adventures, die weniger hardwarehungrig sind, dennoch mit schöner
detaillierter Grafik aufwarten, ohne übermäßige Abstriche zu machen. Das kommt eben
davon, wenn man versucht, Comic in 3D zu übertragen wobei, in der Ankh-Reihe ist
das ja gelungen, warum also nicht hier? Das Potenzial wäre ja da; nur weil es sich um
einen Comic handelt, heißt das ja nicht, dass die Gesichter samt und sonders ausdruckslos
bleiben müssen. Allerdings: Man gewöhnt sich mit der Zeit daran, und ab etwa der Hälfte
des Spiels fand ich die Optik richtig gut und passend.
Abzüge gibts für die NPC, die dazu dienen, die Szenerie zu
beleben. Man kann diese Figuren in den Einstellungen zu- oder wegschalten ich habe
mich für Letzteres entschieden, denn obwohl die NPC dafür sorgen, dass sich etwas regt,
sind sie völlig sinnlos: Sie erscheinen nämlich lediglich als graue Silhouetten
(Konturenmenschen" heißt das in den Einstellungen). Und das wirkt spätestens
dann lächerlich, wenn so ein NPC direkt hinter Jakes Boss steht, mit dem Jake gerade
spricht also nicht unbedingt außer Sichtweite. Es ist ja löblich, dass man hier
offensichtlich versucht hat, etwas mehr Leben in die Bude zu bringen, aber graue
Silhouetten? Das wirkt dann doch etwas billig. Dann schon lieber ausgestorbene Gegenden
und nur so viele Charaktere wie nötig. Auch hier gilt: Wenn schon höhere
Hardwareanforderungen, dann bitte richtig aufdrehen.
Pluspunkt: Es bewegt sich meistens etwas. Vor allem in den Wohnungen
und heruntergekommenen Gegenden fand ich das sehr schön gelöst da wuseln
Krabbeltiere durch die Gegend oder es läuft immer wieder mal eine Ratte vorbei. Zudem
wirken die Bewegungen der handelnden Personen durchaus flüssig und natürlich.
Rätsel? Welche Rätsel?
Adventure-Neulinge dürften mit Goin Downtown ihre helle
Freude haben: Die zu lösenden Aufgaben sind kinderleicht und weit davon entfernt, den
Spieler zu überfordern. Meistens geht es nur darum, Gespräche richtig zu führen
also die Gesprächsoption auszuwählen, die zum Ziel führt oder
Inventargegenstände so zu kombinieren, dass das gewünschte Resultat auch eintrifft. Die
oben erwähnte Möglichkeit, im Handbuch Notizen zu machen, ist insofern zwar eine nette
Idee, aber unnötig Goin Downtown ist ein derart lineares Spiel ohne
Schnörkel, dass man sich einfach nichts aufschreiben muss, geschweige denn in die
Verlegenheit kommt, Symbole abzumalen oder Grundrisse von Häusern zu zeichnen.
Eine zusätzliche Erleichterung bietet das integrierte Tagebuch, in
dem penibel sämtliche noch zu erfüllenden Aufgaben verzeichnet werden; in der Regel gibt
es zu schwierigeren" Aufgaben auch noch bis zu drei Tipps, wie man das Problem
in den Griff kriegt, und auch Jake selbst gibt ausreichend Hinweise darauf, wie eine
Aufgabe zu lösen ist manchmal auch schon, ehe man weiß, dass man eine bestimmte
Aufgabe zu erfüllen hat. Dann findet man plötzlich im Tagebuch Einträge zu Dingen, die
im Spiel noch gar nicht vorgekommen sind oder kommentiert wurden. Das ist unlogisch und
auch verwirrend. Ebenso unlogisch war der Umstand, dass Jake einen der Bösewichte
namentlich kannte, obwohl sich der Kerl gar nicht vorgestellt hatte und die beiden Männer
sich zuvor auch nie gesehen hatten.
Ein Blick in die Komplettlösung ist angesichts der integrierten
Hilfestellungen völlig überflüssig. Eine Hotspot-Anzeige erleichtert die Ermittlungen
zusätzlich: Hält man die H-Taste gedrückt, werden sämtliche Gegenstände und Ausgänge
angezeigt, G zeigt uns lediglich alle Gegenstände, bei Druck auf E sehen wir die
verfügbaren Ausgänge. Man kann also absolut nichts falsch machen. Und: Es gibt weder
Sackgassen noch die Möglichkeit zu sterben. Gerät Jake in eine brenzlige Situation,
versteckt er sich automatisch oder sagt dem Spieler, wenn ein Versteck nicht so optimal
gewählt wurde. Zeitdruck gibt es dabei nicht, was ich sehr angenehm fand. Ebenfalls sehr
hilfreich: Jake sagt uns, wenn eine Aktion nicht so super ist oder bricht sie überhaupt
eigenmächtig ab, wenn sie nichts bringt so lässt er es z.B. nicht zu, dass man
vom Revier aus einen Verdächtigen anruft.
Zwar sind die Rätsel wie erwähnt durchaus einfach gehalten, manche
Aufgaben lassen sich aber nur zu bestimmten Zeiten erfüllen. So ist es immer wieder mal
notwendig, vom Tag- in den Nachtmodus zu wechseln ähnlich wurde das auch in
Everlight" gehandhabt. Soll Jake z.B. mit seinem Chef Edward sprechen, muss man
dafür in den Tagmodus schalten; ein Treffen mit einem möglichen Verdächtigen wiederum
ist nur bei Nacht möglich, und auch in die Universität kann Jake nur nachts einbrechen.
Richtig gelesen: Jake muss in die Universität einbrechen. Dort steht nämlich der Crime
Investigation Simulator, kurz CIS, der in Zukunft die Arbeit der Polizei erleichtern bzw.
teilweise ganz übernehmen soll. Mit Hilfe des CIS kann man nämlich die Zeit vor einem
Verbrechen simulieren lassen man bewegt sich dann in einer Art virtuellen
Realität, in der aber auch eigene Gesetze gelten.
Die Arbeit mit dem CIS war das Einzige, was ich in Goin
Downtown annährend als Herausforderung empfunden habe. Denn man muss höllisch aufpassen,
dass man keinen Fehler macht, sonst beendet sich die Simulation von selbst. Jake kann also
beispielsweise nicht einfach zu Rose spazieren, die in der Simulation selbstverständlich
noch lebt, und mit ihr sprechen sie kennt ihn ja nicht, reagiert folglich nervös
und droht mit der Polizei. So kommt Jake natürlich nicht weiter, er muss sich etwas
einfallen lassen. Wie in der Realität gilt es, kleinere Aufgaben zu lösen, um penibel zu
rekonstruieren, was in den Stunden vor Roses Selbstmord passiert ist. Das wurde sehr gut
umgesetzt und hat dem Spiel einen zusätzlichen futuristischen Touch verliehen.
Dialoge laufen per Multiple-Choice ab; Themen, die nicht mehr
benötigt werden, verschwinden aus der Auswahl. Bei manchen Dialogen, die ein bestimmtes
Resultat erzielen sollen, kann es sein, dass man mehrere Anläufe braucht; man muss sich
dann aber nicht mehr durch den gesamten Dialog klicken, sondern kann unmittelbar an der
Stelle wieder einsetzen, an der man einen Fehler gemacht hat das funktioniert zum
Beispiel beim Telefonieren sehr gut und ist auch eine ziemliche Erleichterung, weil man
sich dadurch viel Dialog spart.
Weiter oben habe ich erwähnt, dass Jake in gewisser Weise in die
Fußstapfen von Guybrush Threepwood treten darf Zeit, das näher zu erläutern. Es
gibt zwei Situationen im Spiel, in denen Jake sich mit den bösen Jungs anlegt und diese
aus dem Weg schaffen muss. Und das geschieht mittels einer Art Beleidigungsfechten, nur
dass hier die Fäuste fliegen anstatt die Säbel geschwungen werden. Zudem sind die
Dialogmöglichkeiten längst nicht so ausgefeilt und umfangreich wie in Monkey
Island", und man braucht auch nicht so lange, um so ein Wortgefecht hinter sich zu
bringen. Im Grunde muss man nur den Gegner mit den richtigen Wortmeldungen aus dem Konzept
bringen, damit man ihm anschließend ein paar gezielte Faustschläge verpassen und ihn
schließlich in die Horizontale befördern kann. Eine lustige Idee und nette Hommage an
den Spieleklassiker.
Fazit
Goin Downtown" ist ein nettes Spiel ohne große
Überraschungen und ohne große Herausforderungen. Adventure-Neulingen bietet das Spiel
einen angenehm leichten Einstieg ins Genre, für alte Adventure-Füchse ist
Goin Downtown" aber sicherlich nicht mehr als ein kleiner Snack
zwischendurch. Profis werden auch nicht unbedingt auf die integrierten Hilfefunktionen
zurückgreifen die drei Tipps zu manchen Aufgaben habe ich erst gegen Ende des
Spiels benutzt, und dann auch nur zwei- oder dreimal. Insgesamt habe ich mich etwa sieben
Stunden mit Jake und seiner Welt beschäftigt; Anfänger dürften auch nur unwesentlich
länger an dem Fall knabbern.
Die Handlung wird von klischeehaften Figuren getragen, dabei aber
linear und in sich logisch umgesetzt. Man bewegt sich durch eine Spielwelt, die mit viel
Sorgfalt und Liebe zum Detail entworfen wurde; ebensoviel Detailverliebtheit hätte ich
mir bei den Gesichtern in Großaufnahme gewünscht, aber man kann offensichtlich nicht
alles haben.
Noch ein Wort zur Altersfreigabe: Es ist mir absolut unbegreiflich,
wie die USK auf eine Altersfreigabe ab 12 Jahren kommt. Das ist völlig daneben.
Einerseits sind die Dialoge oft ziemlich derb, bisweilen richtig obszön, andererseits
darf man mit einem abgeschnittenen Finger im Gepäck durch die Gegend laufen. Und: Ein
Mann greift einem anderen in den Schritt. Obendrein geht es um Gewaltverbrechen, es wird
über Vergewaltigungen gesprochen kurz, hätte ich ein zwölfjähriges Kind,
bekäme das Goin Downtown" jedenfalls nicht zu spielen. Die PEGI-Freigabe
ab 16 Jahren geht hingegen völlig in Ordnung.