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Fenimore Fillmore - The Westerner


Erscheinungsdatum Spanien: 12/2003
Erscheinungsdatum Deutschland: 03/2004
Entwickler: Revistronic
Publisher Spanien: Planet DeAgostini
Publisher Deutschland: Crimson Cow

Spielsprache und Handbuch: Deutsch

Homepage Entwickler
Homepage Publisher deutsch
Homepage französisch

Boxshots deutsch

 

USK: ab 6 Jahren

 

Ein Review von   André   29. März 2004

 

Wir schreiben das Jahr 1996: Der putzige Cowboy Fenimore Fillmore gibt sein Debüt in dem klassischem Comic-Adventure "3 Skulls of the Toltecs". Das Spiel begeisterte mich damals dank zahlreicher Rätsel, einer netten Handlung, eines sympathischen Helden und schöner Zwischensequenzen. Der spanischen Spieleschmiede Revistronic gelang ein rundum schönes Adventure, das sich nach wie vor zu Spielen lohnt. 3 Skulls bekam berechtigterweise allseits hohe Wertungen und auch mit den Verkaufszahlen stimmte es.

Um so erstaunlicher ist es, als ganze acht Jahre nach 3 Skulls of the Toltecs mit The Westerner unerwartet der Nachfolger angekündigt wurde. Neu ist, dass unser Held komplett in die 3D-Perspektive gewechselt ist, aber um alle Befürchtungen direkt auszuräumen: Generell ist The Westerner ein klassisches Comic-Adventure geblieben. Und was für eines!


Handlung

Fenimore reitet auf seinem Pferdchen Ray an einer Farm vorbei und wird Zeuge, wie ein paar Halunken den Besitzern der Farm, der Familie Banister, durch Einschüchterung selbige an sich reißen wollen. Sie arbeiten im Auftrag des Oberschurken Starek, der sich dadurch deren Land aneignen will.

Fenimore schleicht sich heran, um das Geschehen relativ macht- und tatenlos zu beobachten, als ihn der Zufall zum Helden macht: Ungeschickt wie er nun mal ist, sticht ihn beim Schleichmanöver ein Kaktus, worauf die Schurken ihn entdecken. Jetzt muss Fenimore handeln und mittels eines präzisen Schusses setzt er sie außer Gefecht.

Die Gefahr wäre für´s erste gebannt, aber jetzt ist die Erwartungshaltung an den neuen Helden Fenimore natürlich groß. Denn die penetranten Tyrannen werden natürlich wiederkommen und Fenimore ist jetzt der neue Freund der Banisters, Beschützer der Ranch und soll die üblen Burschen besiegen. Nach dieser rasanten Einführung beginnt das Spiel. Es gibt einige Nebenstorys und Aufgaben, so z. B. der Versuch, das Herz der schönen, kessen Lehrerin Rhiannon zu erobern.

Eine Liebesgeschichte als Nebenstory sehe ich immer wieder gerne und möchte sie fast schon als Pflichtteil in einem guten Adventure bezeichnen. Denn sie ist bestens dazu geeignet, uns unseren Charakter durch seine Annäherungsversuche seine zwischenmenschliche Seite (vor allem seine kleinen Schwächen) näher zu bringen. Ob es ihm gelingt, ihr Herz zu gewinnen und ob er auch Starek besiegen kann, erfahren wir dann im Laufe des Spiels.


Grafik

Was bei Simon the Sorcerer 3D oder auch Monkey Island 4 Anfang des
Jahrtausends noch etwas unglücklich aussah, ist heute dank besserer technischer Möglichkeiten kein Problem mehr: Die Macher von The Westener haben sich auch mächtig ins Zeug gelegt und bei der Umsetzung Fenimores vom zweidimensionalen Comic-Helden zur 3D-Figur neue Maßstäbe gesetzt. Im Gegensatz zu Guybrush oder Simon hat Fenimore grafisch nichts von seinem naivem Charme eingebüßt, sondern sieht in 3D jetzt noch "runder" aus, als dies beim Vorgänger von 1996 bedingt durch die grobpixlige Grafik in 2D möglich war. Gestik und Mimik werden bei allen Charakteren perfekt wie in einem Zeichentrickfilm absolut plastisch und vor allem sehr charmant wiedergegeben. Das sieht einfach nur klasse aus.

Der Vorgänger war damals schon farbenfroh und auch dies ist erhalten
geblieben. Die Charaktere wurden bestens in die wundervollen Hintergründe, welche komplett in Echtzeit berechnet werden und beim Laufen oder Schauen nach rechts oder links mitschwenken, eingebunden. Hier wird rundum echte Comic-Western-Atmosphäre dermaßen perfekt vermittelt, wie es bisher noch nicht gelungen ist. Das ganze Spiel wirkt damit fast so "echt", dass man denkt, man spielt einen Zeichentrickfilm. Und damit setzt The Westerner zumindest im
3D-Comic-Adventure-Bereich neue Maßstäbe!


Rätsel

Eines vorab: Nein, Fenimore ist nicht (wie etwa George Stobbart) zur
kistenschiebenden Lara Croft mutiert, sondern The Westerner beweist wie schon Runaway, Syberia und zahlreiche andere Adventures der neueren Generation einmal mehr, wie zwar die Grafik zeitgemäß umgesetzt wurde, aber dieses nicht damit einher gehen muss, dass ein Grafik-Adventure massig Schiebe- und Action-Sequenzen enthält. Ganz im Gegenteil bin ich davon überzeugt, dass die meisten Adventure-Spieler klassisches Adventure-Gameplay bevorzugen und eher verärgert sind, wenn der Held an jeder Ecke den Löffel abgibt. Statt dessen denke ich, dass aktuelles Spieldesign, Qualität und vor allen Dingen Originalität für den Spaß und damit für den Erfolg eines Adventures entscheidend sind.

Dennoch gibt es bei The Westerner ein paar Action-Sequenzen. Diese sind aber meistens relativ einfach und sorgen eher für Abwechslung und nicht für Frustration. In dieser Dosis lasse ich mir solche Zwischensequenzen gefallen.

Der Hauptschwerpunkt liegt bei The Westerner ansonsten, wie schon beim Vorgänger, natürlich bei den zahlreichen klassischen Rätseln. Impliziert der niedliche Comic-Look fast ein wenig, dass es sich hier auch um ein Spiel für die ganze Familie, also auch für den Junior-Abenteurer handeln könnte, wird dieses durch die Rätsel schnell widerlegt. Denn vom Schwierigkeitsgrad ist The Westerner eindeutig für eine erwachsene und selbstverständlich auch für eine jugendliche Zielgruppe ausgerichtet.

Dennoch bleiben diese größtenteils im moderaten, gut lösbaren Bereich und machen vor allem richtig Spaß. Hochkompliziert wird es nicht oft, und so gibt es auch kaum Fruststellen. Zum Beispiel muss man (wie schon beim Vorgänger) die richtige Multiple-Choice-Antwort in einem Rededuell herausfinden, um weiterzukommen.

Fenimore bekommt viele Aufgaben, die nicht linear gelöst werden müssen. Viele Rätsel sind klassisch objektorientiert und man muss zahlreiche Gegenstände benutzen.

Neu ist, dass Fenimore sein Pferdchen Ray mit Möhrchen versorgen muss. Dazu besitzt das Pferd eine Nahrungs-Statusleiste, die anzeigt, ob Ray Hunger hat. Mohrrüben muss unser Held selbst anbauen oder er findet auch schon mal eine.

Es gibt etliche klassische, ausgesprochen detailreiche Western-Locations, wie Farmen, eine Schule, eine Stadt etc., die Fenimore mit seinem Pferd auf einer in Vogelperspektive gehaltenen Landkarte erreicht. Jede Location enthält noch mal zahlreiche Räume und Einzeleinstellungen, die unser Held bis in jeden Winkel erkunden muss.


Value for Money

Der Trend, der sich vor zwei-drei Jahren bei einigen Herstellern teilweise
noch abzeichnete, nur wenige Stunden dauernde Spiele herzustellen (ich
erinnere mich da z.B. an das albern kurze "Road to India"), stieß wohl eher auf Verärgerung der geprellten Kunden und sind glücklicherweise vorüber, denn für eine Handvoll Dollar bekommt dieser wie schon beim Vorgänger auch quantitativ wieder viel Spiel geboten.

Und zusätzlich befindet sich auf der zweiten CD noch der erste Teil. Das
nennen ich einen wirklich netten "Bonus". Hier erschließt sich für alle
diejenigen, die den ersten Teil noch nicht gespielt haben, die Möglichkeit, dieses nachzuholen. Denn der ist wie gesagt ebenfalls wirklich empfehlenswert und - außer jetzt als Dreingabe - im Handel leider nicht mehr erhältlich.


Sound

Wer schon mal das Adventure Morpheus angefangen oder gar zu Ende gespielt hat, weiß, dass eine schlechte Synchronisation die Atmosphäre eines ganzes Spiels zerstören kann. Das ansonsten todernste Spiel sorgte dadurch immer wieder unfreiwillig für echte Lacher.

Genau das Gegenteil hört man bei The Westerner, denn hier hat man sich wirklich nicht lumpen lassen und die besten Synchronsprecher gewählt. So wurden für die Hauptrollen beispielsweise bekannte deutsche Synchronsprecher ausgewählt (Ich muss allerdings gestehen, dass ich mich nicht unbedingt für Filme interessiere und mir die Sprecher daher leider nicht bekannt sind). Das Ergebnis ist auf jeden Fall hörbar gelungen, denn die markanten Stimmen passen hervorragend und unterstreichen die Charaktere noch einmal deutlich.

Ebenfalls gelungen ist die Musik, und es gibt einige sehr schöne Tracks,
welche hervorragend auf die Western-Thematik abgestimmt sind. Sie werden dem aufwendigen Zeichentrickspiel absolut gerecht und vervollständigen den Eindruck, man habe es fast mit einer Filmproduktion neuerer Machart beispielsweise von Disney zu tun.


Steuerung

Immer wieder sperrten sich gerade die bekanntesten Hersteller in der
Vergangenheit, ihre dreidimensionalen Protagonisten mit einer Maussteuerung auszustatten und quälten den Spieler mit teilweise abstrusesten Tastaturbefehlen, welche Sehnenscheidenentzündungen geradezu provozieren. The Westerner beweist einmal mehr, dass man einen 3D-Helden auch problemlos mit der Maus steuern kann. Die Steuerung ist denkbar einfach, vergleichbar mit der eines "klassischen" 2D-Spiels.

Leider kann unser Cowboy nicht rennen, was manchmal etwas langatmig ist, aber zumindest läuft er hakelfrei und eckt nicht überall an.

Betrachtet Fenimore einen Gegenstand, schwenkt die Kamera auf Großaufnahme. Es ist dann allerdings ein wenig gewöhnungsbedürftig, wieder auf Normalansicht zurückzukehren.

Das Inventar befindet sich am oberen Bildschirmrand. Nach wenigen
Gegenständen reicht der Platz der recht großen Icons nicht mehr aus und man muss man nach recht oder links scrollen.

Viel mehr gibt es sonst auch gar nicht zu schreiben. Die Steuerung wurde damit bis auf besagte Kleinigkeiten fast optimal umgesetzt und ich bin begeistert. Die Punkte gehen an Fenimore.


Handling

Das Spiel läuft generell recht reibungsfrei, allerdings gab es bei einigen
Rechnern mit älterer Grafikkarten technische Probleme. In diesem Fall schafft ein einfacher Download der neuesten Treiber Abhilfe.

Links neben dem Inventar befindet sich auch ein Icon, um ins übersichtliche Menü zu gelangen, so dass die Tastatur komplett überflüssig wird. Dort lassen sich alle wichtigen Werte wie einstellbare Untertitel, einzelne Soundoptionen etc. einstellen.



Fazit

Die Ankündigung eines Nachfolgers von 3 Skulls nach immerhin acht Jahren kam recht unerwartet. Noch überraschter war ich über das Ergebnis. 3 Skulls of the Toltecs war zwar schon toll, aber mit The Westerner konnte sich Revistronic noch steigern und ein fast perfektes Adventure hinlegen, so dass ich mich frage, warum die Firma erst jetzt wieder ein neues Spiel produziert hat.

Das Spiel bietet jede Menge unbeschwerten Humor, wie ich ihn zuletzt bei Runaway gesehen habe und eine spannende Handlung,. Zu der gehört als Nebenstory natürlich auch (wieder mal) eine sich klassisch entwickelnde Liebesgeschichte.

Die Dialoge wurden perfekt von absoluten Profi-Sprechern synchronisiert und besonders grafisch setzt The Westerner neue Maßstäbe, denn das Spiel wirkt inzwischen fast komplett wie ein perfekter dreidimensionaler Zeichentrickfilm. Dabei fallen besonders die hervorragenden Animationen und die Plastizität der Gesichter auf.

Aber grafische Finessen und Aktualität sind ja im Adventurebereich nicht
zwingend ausschlaggebend für ein gutes Spiel, noch wichtiger ist die Atmosphäre. Auch hier überzeugt The Westerner besonders durch die tolle Stimmung und den Charme der einzelnen Charaktere auf ganzer Linie, so dass ich rundum begeistert bin.

Das ganze Spektakel wird durch eine einfach bedienbare, fast optimale
Maussteuerung abgerundet, so dass es keinen anderen Schluss zulässt, diesem sympathischen Superspiel, welches nicht nur Adventurefans begeistern dürfte, eine angemessene Wertung im obersten Bereich zu geben. Dann bleibt eigentlich nur noch zu hoffen, dass nicht wieder acht Jahre vergehen werden, bis ein dritter Teil oder zumindest ein anderes neues Spiel von Revistronic erscheint.

Bewertung: 90 %


Bewertungssystem Adventure-Archiv:

  • 80% bis 100% sehr gutes Spiel (sehr empfehlenswert)
  • 70% bis 79% gut (empfehlenswert)
  • 60% bis 69% befriedigend (bedingt empfehlenswert, mit Abstrichen)
  • 50% bis 59% ausreichend (nicht gerade empfehlenswert)
  • 40% bis 49% ziemlich schlecht (eher abzuraten - etwas für Hardcore-Adventure-Freaks und Sammler)
  • 0% bis 39% grottenschlecht (lieber die Finger davon lassen)

 

Systemvoraussetzungen:

  • Windows 95/98SE/ME/2000/XP
  • Pentium III mit 733 Mhz
  • 128 MB RAM
  • 32 MB 3D-Grafikkarte
  • 1 GB freier Platz auf der Festplatte
  • Microsoft DirectX 8.1
  • Maus

 

 

 

Copyright © André für Adventure-Archiv, 29. März 2004

 

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