Free Spirit

Martin Mirbach läßt sich von der Volksbank anwerben.

Über Werbespiele haben Sie in dieser Ausgabe ja bereits einiges gelesen. Sie wissen, daß diese Spiele in der Regel nur eine geringe Schutzgebühr kosten und daher mit kommerziellen Spielen nur unter Vorbehalt zu vergleichen sind. Free Spirit ist ein solches Werbespiel, von Rauser Advertainment für die Volks- und Raiffeisenbanken produziert. Daher haben wir auch lange überlegt, ob es fair ist, dieses Spiel neben all den anderen Reviews zu besprechen. Wie Sie sehen, haben wir uns schließlich doch dazu entschlossen, Irgendwie kam es uns vor wie mit Witzen über Minderheiten - ein striktes Ablehnen solcher Witze grenzt die Minderheiten nur noch weiter aus. Außerdem kann es Free Spirit in einigen Bereichen durchaus mit der kommerziellen Konkurrenz aufnehmen.

Raymond Chandlers Erben

Held der Geschichte ist der Schüler Philipp Marlau, dessen Onkel nach einem mysteriösen Autounfall verschwunden ist. Das Wrack wurde zwar gefunden, der Fahrer blieb verschollen. Da es sich bei dem Onkel um einen etwas verschrobenen Wissenschaftler handelte, der wenig Kontakte zu seinen Mitmenschen gepflegt und sein Leben ganz auf biochemische Forschungen ausgerichtet hat, mangelt es der Polizei an Ansatzpunkten. Philipp glaubt nicht an einen Unfall und beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen. Da er ein eingefleischter Fan von Detektivromanen ist, glaubt er sich für sein Vorhaben gut gerüstet.

An verschiedenen Schauplätzen findet der Spieler in der Rolle des Hobby-Schnüfflers zahlreiche Hinweise, die mit dem Verschwinden des Onkels zu tun haben könnten. Wie es aussieht, laufen alle Fäden bei einem Chemiekonzern namens Greenworld zusammen, deren Entwicklungsleiter Dr. Trosski ein ganz finsterer Geselle zu sein scheint. Kurzerhand beschließen Sie, bei Greenworld eine Ausbildung zu beginnen, um so vielleicht mehr Licht ins Dunkel zu bringen.

Spielerisch handelt es sich bei Free Spirit also um ein klassisches Adventure. Dementsprechend müssen Sie auch hier alles unternehmen, was Sie schon aus anderen Spielen dieses Genres gewohnt sind. Informationen sammeln, Gegenstände finden und benutzen, Aufgaben lösen. Über den reinen Spielumfang läßt sich nicht mäkeln, die zu bewältigenden Aufgaben allerdings stellen einen auch nur halbwegs geübten Spieler vor keine großen Probleme.

Die eigentliche Schwäche des Spiels liegt in den zu leichten Rätseln

In technischer Hinsicht setzt Free Spirit für den Bereich Werbespiele neue Maßstäbe. Als Spieler nehmen Sie das Geschehen aus einer subjektiven Perspektive war. Sie steuern also keine Spielfigur, sondern betrachten die Welt mit deren Augen. Dabei können Sie sich nicht nur völlig frei in dreidimensionalen Räumen bewegen, sogar ein VFX-Headset wird, falls vorhanden, automatisch erkannt und unterstützt. Die Grafiken sehen ausnahmslos sehr ordentlich aus, und bei den anderen Spielfiguren handelt es sich um vor der Bluescreen gefilmte und später ausgestanzte Schauspieler. Nun befinden sich also auch Werbespiele auf dem Weg zum interaktiven Film.

Die Latte liegt höher

Wie gesagt, jeder Vergleich mit Vollpreis-Spielen ist zum Hinken verdammt. Trotzdem: Die Darsteller sind Amateure, die Texte wirken abgelesen und werden asynchron zu den Lippenbewegungen der Figuren vorgetragen. Aber immerhin gibt es eine Sprachausgabe. Die eigentliche Schwäche liegt in den zu leichten Rätseln. Natürlich richtet sich Free Spirit an eine bestimmte Zielgruppe, nämlich junge Beruf seinsteiger. Verständlich, denn wen eine Ban erst einmal als Neukunden gewinnt, wird sie in der meisten Fällen ein Leben lang nicht mehr los.

In diesem Spiel liegt der Schwerpunkt der zu lösenden Aufgaben dann auch auf allem, was mit einer korrekten Bewerbung zu tun hat. Interessant und sicher im wirklichen Leben hilfreich - für ein gelungenes Adventure aber nicht genug. Und durch den Rest des Spiels kann man sich ohne allzu große Mühe durchklicken. Alle, die schon das eine oder andere Adventure gespielt haben, werden sich unterfordert vorkommen. Aber was soll‘s! Für schlappe acht Mark bekommt man zwei Stunden gute Unterhaltung und nützliche Tips noch obendrein. Billiger als Kino - und für künftige Werbespiele liegt die Meßlatte nun deutlich höher.

Pro
Gnadenlos günstig
Gute Story

Kontra
Etwas zu leicht
Nicht ganz so professionell wie kommerzielle Spiele

Hersteller: Rauser Advertainment

Systemvoraussetzungen:
386DX-40, 4 MB RAM, VGA, DOS 5.0

Bewertung:

  • Spiel-/Dauerspaß: 30 von 50
  • Handhabung: 7 von 10
  • Grafik: 15 von 20
  • Sound: 10 von 20
  • Total: 62

 

PC POWER JUNI 1996

 

Adventure-Archiv 04-07-00

 

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