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A Second Face


Erscheinungsdatum: 24.12.2008

Entwickler/Publisher: Spectrum Adventures  


Spielsprachen: deutsch oder englisch

Homepage und Download (96,1 MB)

 

USK: keine Einstufung - Freeware

 

Ein Review von   André   31. Januar 2009

Na, so was! Ich gebe zu, im ersten Moment war ich doch schon ein wenig verblüfft, dass das Sci-Fi-Adventure vom selben Hersteller sein sollte, der zuvor mit den beiden Earl-Bobby-Spielen erste Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Denn die ersten mir vorliegenden Bilder des aktuellen Spiels, die eine recht kunstvoll-durchgestylte Sci-Fi-Atmospäre ausstrahlen, wollen so gar nicht zu dem passen, was Le Woltaires Spectral Adventures vorher abgeliefert hatte. Die Graf-Bobby-Spiele lassen zumindest vom Namen bzw. Hauptdarsteller doch eher Assoziationen zu Peter Alexander und den unglaublichen Klamotten-Filmen aufkommen, die in den 60ern dem österreichischen Schlamör zu großem Erfolg verhalfen und genauso wie diese Filme eher das humorvolle Genre bedienen. Aber da meine geschmackliche Bandbreite ebenso groß zu sein scheint wie die von Hersteller Le Woltaire, machte ich mich nach der kurzen Phase der Verwunderung einfach mal unvoreingenommen, wie das nun mal meine Art ist, an die Arbeit, das neue Werk näher zu begutachten.

 

Grafik

Okay, das Genre ist wie gesagt schon mal halbwegs klar definiert: Comic-Science-Fiction-Fantasy-Adventure. Gerade zuvor habe ich ein anderes Sci-Fi-Adventure, das grafisch wesentlich aufwendigere Perry-Rhodan-Adventure, beendet. Klar, kein Vergleich. Dieses Spiel ist was den technischen Aufwand anbelangt (nicht nur im Vergleich zu Perry) auf eher einfachem Niveau, sprich gutem Selfmade-Level. So unterschiedlich können Spiele aus demselben Genre sein und doch zeigt es wieder, dass auch ein vergleichsweise einfaches Spiel nicht weniger Charme besitzen muss.

Denn Le Woltaire hat ein Händchen fürs Künstlerische. Ein Versuch, die aus handgemalten Bildern bestehende Spielgrafik zu beschreiben, wäre, dass ich dem Herrn zunächst einfach mal bei aller Sci-fi-Comichaftigkeit einen deutlichen Hang zum Surrealistischen gepaart mit der Flächigkeit des Expressionismus bescheinigen möchte.

An irgendwas erinnern mich die tollen, irgendwie oldschoolig wirkenden Hintergründe. Vvielleicht an Umschlagbilder von alten Sci-Fi-Romanen (sagen wir mal aus den späten 70ern bzw. frühen 80ern, wobei ich gestehe, kein Kenner dieses Literatur-Genres zu sein)? Oder vielleicht auch an kunstvolle Coverabbildungen mancher experimenteller New Wave- und Industrial-Platten aus jener Zeit? Keine Ahnung, ob das so bewusst von Monsieur Le Woltaire so angedacht war oder einfach nur meiner Assoziation entspringt. Wie auch immer, heraus kommt ein eigener toller Stil, der ganz meinen Geschmack trifft. Die Hintergründe sind eher flächig minimalistisch auf das Nötigste reduziert. Sie wirken sehr aufgeräumt und klar strukturiert. Mancher Ort, wie der Markt, begeistert durch eine große Anzahl animierter Charaktere.

Es gibt bzw. gab auch zu einem recht erschwinglichen Kurs über die Homepage des Herstellers wirklich ansprechende Ölbilder mit Motiven des Spiels zu ersteigern, die mir immerhin so gut gefallen haben, dass ich mir glatt eines gerne an die Wand gehangen hätte.

Übrigens finde ich, dass ein paar für den Spielverlauf (zumindest bisher) eher unbedeutende Nebencharaktere, wie den Fischer Krak am Marktstand, optisch noch ansprechender als der Hauptdarsteller geraten sind, weil sie noch etwas abstrakter, abgedrehter mit mehr Ecken und Kanten gezeichnet worden sind.

Es gibt eindeutige sexuelle Darstellungen bzw. speziell einen Raum, in dem es diesbezüglich ziemlich turbulent her geht. Geschlechtsteile werden aber nicht direkt gezeigt. Man sieht also nicht mehr, als wenn man nachts mal aus Versehen auf einen Unterschichten-Sender wie RTL schaltet. Ein mehr oder weniger riesiges Geschlechtteil in Form eine Statue wurde recht abstrahiert.

 

Handlung

Das Spiel ist nur der erste Teil einer geplanten Trilogie. Nachdem die Grafik nun ernster wurde, ist jetzt also Schluss mit lustig? Grundsätzlich ja - A Second Face ist ein ernsteres Adventure, wobei einige Bilder fast schon ins Groteske gehen. Ich denke da an besagte sexuelle Darstellungen inklusive des riesigen Phallus und die Orgie, weshalb A Second Face auch nicht unbedingt ein Kinderspiel ist. Ab welchem Alter es aber spielbar ist, darüber sollen die entscheiden, die sich damit auskennen, oder zumindest so tun, als würden sie das.

Wie auch immer, die Ausgangssituation ist wie folgt: Irgendwo im Weltall. Ein Planet wird von zwei Völkern bewohnt. Auf der einen Seite leben die Strefis, auf der anderen die Ugeltz. Da der Planet nur auf einer Seite von einem leuchtenden Stern angestrahlt wird, leben die Strefis im Licht, während die Ugeltz in ständiger Dunkelheit ihr Dasein fristen müssen. Beide Völker kennen sich nicht; lediglich einige Sagen gehen um und es soll bei den Ugeltz auch eine geheime Gilde des Lichts geben. Wir spielen Rabokk, einen Sohn des Ugk, welcher Herrschers der Ugeltz ist. Ugk ruft ihn sowie seinen anderen Sohn Torg zu sich. Den Ugeltz geht es nicht gut, denn das Margin, die einzige Energiequelle, die dem Volk zur Verfügung steht, wird immer knapper. Und so sollen sich die beiden verstrittenen Brüder aufmachen, das Lichtreich zu finden. Von diesem verspricht man sich Rettung in Form von weiteren Energiequellen.

Le Woltaire hat offensichtlich ein Anliegen: es geht ihm nach eigenen Angaben wohl um politische Aussagen bzw. sicherlich auch um Provokation. Es ist natürlich auch Interpretationssache, in wie weit man neben der Grundhandlung weitere politische und gesellschaftskritische Ansätze findet.

Es dreht sich, wie der Name des Spieles schon andeutet, um zwei Seiten des Lebens, nicht nur um Licht und Schatten. So sollen die sexuellen Darstellungen offensichtlich nicht wirklich dem Lustgewinn dienen. Es gibt Abbildungen von beidgeschlechtlichen Figuren oder Frauen, die männlich besetzte Attribute wie einen kahlgeschorenen Kopf annehmen. Le Woltaire setzt sich also mit den Polen Mann und Frau, also den Geschlechterrollen auseinander.

Das Spiel befasst sich mit weiteren Gegensätzen, wie etwa Gut (Rabokk) und Böse (Torg), Armut und versklavten Menschen auf Kosten von Gier und Reichtum, so wie wir das ja heute auch wieder vermehrt in unseren westlichen Ländern vorfinden. Zu weit hergeholt, zu abstrakt? Die Thematik ist aktueller denn je. Wussten Sie, dass es 2007 weltweit etwa 940 Milliardäre gab, die so viel Geld besitzen wie der Rest der Menschheit? Und hier in Deutschland klafft gerade jetzt, wo Sie das hier lesen, dank geschlossenem Mitte–Rechts-Koalitions-Kurs von CDU und SPD, die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr auseinander. Es ist doch praktisch, wenn ein paar Ein-Euro-Sklaven die ganze Drecksarbeit machen, oder? Schade nur, dass auch denen, die sich momentan noch auf der sicheren Seite wähnen, nach und nach der Boden weggezogen wird, sprich: die sozialen Errungenschaften langsam den Bach runtergehen. Sie haben die Wahl!

 

Rätsel

Okay, das Intro geht zu Ende und ich will loslegen, da kommt der erste kleine Dämpfer: Das eigentliche Spiel ist bis auf wenige Zwischenszenen nicht synchronisiert. Das bremst zunächst natürlich ein wenig den Spielspass; kann mich, der schon so manche olle Kamelle gespielt hat, die geschrieben wurde, als es Sprachausgabe noch gar nicht gab, natürlich nicht wirklich abhalten. Und dann kommt auch schon die nächste Überraschung gleich hinterher: Denn ich spreche den ersten Charakter an, doch anstelle eines automatischen oder per Mausklick selektierbaren Dialogs muss man wie bei ganz alten Spielen Wörter eingeben! Prima, denn so ein Adventure mit Texteingabe habe ich bisher nur ansatzweise mal gespielt. Mist nur, dass ich darauf nicht vorbereitet war. Was soll ich den ersten Charakter denn jetzt fragen? Und wie waren die Namen, die im Vorspann fielen noch einmal? Es bietet sich also an, sich Namen bzw. wichtige Punkte gut zu merken oder besser noch zu notieren, damit man diese dann hinterher auch korrekt eingeben kann. Denn die richtige Schreibweise so mancher Fantasienamen wie Rabokk oder Ugeltz ist am Anfang nicht gerade einfach zu merken.

Die Kommunikation basiert dabei auf einem sehr einfachem System. Das Programm versteht keine ganzen Sätze. Es basiert auf einer Art Wortbaukastensystem wie bei alten Legend- oder Sierraspielen. Damit die Kommunikation stimmt, braucht man nur ein einzelnes Wort wie etwa „Geltz" einzugeben, damit der Dialogpartner freimütig drauf losplaudert - genauer gesagt eine Antwort in Form von geschriebenen Worten von sich gibt.

Das Programm versteht etwa 1000 Worte. Das hört sich zunächst mal nach viel an, aber in der Praxis ist das dann gar nicht mehr so viel. So kennt z.B. der Sklavenhändler auf dem Markt die Worte „Kaufen" und „Handeln" nicht.

Das aber nur am Rande und soll auch nicht als Kritik aufgefasst werden. Denn erstens war es bestimmt eine Heidenarbeit, die ganzen Worte einzuprogrammieren, zweitens reicht der Wortschatz ja auch aus und drittens ist es eines der wenigen Adventures, die überhaupt mal wieder mit Texteingabe arbeiten. Und die Mühe lohnt sich, denn ich freue mich immer, wenn „neue" Ideen für ein wenig Abwechslung sorgen.

Ansonsten gibt es auch in A Second Face klassische Rätsel, man muß also Objekte entweder vor Ort benutzen oder einsacken und an der richtigen Stelle anwenden. An einer speziellen Stelle muss man etwas flotter agieren, wenn man ein Objekt unbemerkt austauschen will, während sich das Gegenüber gerade wegdreht. Recht nervig ist das „Schlussrätsel", eine Art Labyrinth, bei dem man nur durch beharrliches Ausprobieren der Schalter weiterkommt.

Die Haupträtsel sollen auf verschiedene Arten lösbar sein, wie uns das Handbuch verrät. Somit ergibt sich ein Wiederspielwert, den ich allerdings noch nicht auf seinen Spaßfaktor geprüft habe.

 

Weitere Handhabung

Vor dem Spielen müssen wir immer kurz zwischen deutscher und englischer Version auswählen. Optionen gibt es so gut wie keine. Drücken wir Escape, erscheint ein kleines Menü, wo wir aber lediglich ein wenig an der Helligkeit rumschrauben können. Ansonsten können wir hier in einem der zwanzig Slots speichern und laden sowie das Spiel beenden.

Wir drücken auf die recht Maustaste und es erscheint ein dreiteiliges Kontextmenü à la Monkey Island 3, wie es seit seinem ersten Erscheinen schon in vielen anderen Adventures Verwendung fand. Die Maustaste halten wir gedrückt und wählen nun mit Links eine der drei Möglichkeiten aus: Entweder Augen für Betrachten (sie leuchten dann farbig auf), den Mund zum Sprechen oder die Hände zum Benutzen. Gibt es sonst noch was Wichtiges bezüglich der Steuerung? Dass man mit der linken Maustaste läuft, merkt man ja spätestens, wenn man einmal draufgedrückt hat. Und wenn man zweimal ganz schnell hintereinander draufklickt, rennt Rabokk sogar. Ach, ja, da wäre ja noch das Inventar. Das öffnet sich per Leertaste oder Klick aufs Mausrädchen. Letzteres dient auch zum Scrollen, wenn das Inventar prall gefüllt ist. Alle Bedienungselemente sind im beigefügten PDF-Handbuch beschrieben, leider nur auf Englisch.

 

Sprachausgabe + Sound

Schwierig, schwierig: Die Sprachausgabe klingt so, wie es sich nun mal anhört, wenn man Laiensprecher ans Mikro lässt. Zudem werden die meisten Stimmen von einer Person eingesprochen, nämlich vom Macher der Reihe selbst. Das Ergebnis ist dabei tatsächlich wirklich nicht schlecht, zwar laienhaft, aber man bemüht sich um Betonungen und versucht, der Thematik des Spiels entsprechend gerne mal besonders pathetisch zu klingen. Das Ganze wird mal mehr mal weniger deutlich hörbar in einem mittelschweren Dialekt vorgetragen. Ich tippe stark auf Österreichisch. Dadurch bekommen die Stimmen vielleicht auch unbeabsichtigt eine leicht fremdartige Note, die gut zum surrealistischen Spiel passt - besonders in unseren Breitengraden hier im Ruhrpott, wo uns das Holländische fast vertrauter ist als jener hierzulande eher seltener zu hörende Dialekt. Ich traue mich fast gar nicht zu fragen, ob es Zufall ist, dass mich z.B. die bedeutungsschwanger vorgetragene Rede des Lichtmenschen zum Schluss bewusst an einen bekannten Diktator mit Abstammung aus oben erwähntem Land erinnern soll, also ganz schnell zum nächsten Thema ...

Die Musik von Carl Orff als Beschallung einzusetzen ist ja recht gewagt, da es sich nicht unbedingt um unauffällige Hintergrundmusik handelt. Sie passt aber bestens, da sie die Szenerie noch grotesker erscheinen lässt. Die weiteren düsteren Sounds fallen nicht so deutlich auf und fügen sich ebenfalls gut ins Spiel ein.

 

Was sonst noch erwähnenswert ist

Der Download verlief problemlos und auch das Spiel an sich lief nahezu fehlerfrei, da kleinere Fehler, die sich anfänglich noch eingeschlichen hatten, schnell ausgebessert wurden. A Second Face verfügt über eine ordentliche Spielzeit von mehreren Spielabenden.

 

Fazit

Prima, da hat sich zum Ende des Jahres hin fast unbemerkt noch ein kleines Highlight im Selfmadebereich unter die nicht geringe Menge an Neuveröffentlichungen geschlichen. Die Grafik des ersten von insgesamt drei geplanten Teilen besteht aus einer eigenständigen, abgedrehten Mischung aus unterkühltem Science-Fiction und Surrealismus, ist vom technischen Aufwand her einfach umgesetzt - also gutes Selfmade-Niveau -, ausgesprochen kunstvoll gemalt und trifft ganz meinen Geschmack. Ebenso das alte Konzept der Texteingabe als Spielelement, was für Abwechslung sorgt. Schade, dass es nicht komplett synchronisiert worden ist, wenn man sich schon mal so viel Arbeit gemacht hat, so ein tolles Spiel zu erstellen. Die mit Gesellschaftskritik gewürzte Geschichte ist spannend erzählt und so bin ich neugierig, wie es weitergeht.

 

 Gesamtwertung  71%

 

 

Bewertungssystem Adventure-Archiv:

  • 80% bis 100% sehr gutes Spiel (sehr empfehlenswert)
  • 70% bis 79% gut (empfehlenswert)
  • 60% bis 69% befriedigend (bedingt empfehlenswert, mit Abstrichen)
  • 50% bis 59% ausreichend (nicht gerade empfehlenswert)
  • 40% bis 49% ziemlich schlecht (eher abzuraten - etwas für Hardcore-Adventure-Freaks und Sammler)
  • 0% bis 39% grottenschlecht (lieber die Finger davon lassen)

 

Mindest-Systemvoraussetzungen:

  • Windows 98
  • Prozessor mit 1600 MHz
  • 256 MB Hauptspeicher
  • 32 MB Grafikkarte
  • 550 MB Festplatte

 

Gespielt unter:

  • Windows XP
  • AMD Athlon 64X2 Dual Processor 36000+, MMX, 3D Now (2CPUs)
  • 1,8 GB RAM
  • Nvidia Geforce 7050 PV / Nvidia Gforce nforce 630 a
  • DVD-Laufwerk
  • Festplatte 150 GB

 

 

 

Auf Deutsch oder in Englisch?
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Auf dem Markt geht es turbulent zu.
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Den dubiosen Hellseher müssen wir austricksen.
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Die Stadt
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Kneip-Kur
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Vor der Bar
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Krak ist mein Lieblings-Charakter
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Das ist Rabbok
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Der Herr wird uns bestimmt noch in der Fortsetzung begegnen....
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In der Küche
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Mehr Screenshots

 


 


 

 

 

 

 

 

Copyright © André für Adventure-Archiv, 31. Januar 2009

 

 

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