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Aurora - Das letzte Experiment


Erscheinungsdatum: 09/2007
Entwickler: Blumial Studios  
Publisher: Lexicon Entertainment / dtp
Spielsprache: Deutsch

Homepage
Boxshots

USK ab 12 Jahren

 

 

Ein Review von   André   01. November 2007

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich Aurora zunächst völlig ignoriert habe, da ich wegen des Namens dachte, dass es sich um eins der vielen Spiele im Myst-Stil handele - ein Genre, welches mich zugegebenermaßen nicht sonderlich interessiert. Vermutlich habe ich das Erstlingswerk des schweizerisch-italienischen Entwicklerteams Blumial Studios unterbewusst auch mit einem anderen Adventure mit dem nicht unähnlich klingenden Namen Aura, einem weiteren Myst-ähnlichen-Spiel assoziiert. Dass es in dieser Machart gehalten ist, stimmt aber nur bedingt, denn in erster Linie hat es nur die Perspektive mit dieser Art von Abenteuern gemein, da man es ebenfalls in der Ego-Ansicht spielt. Aurora besitzt von der Handlung allerdings auch einen deutlichen Mystery-Einschlag, da unter anderem der Ufo-Absturz von Roswell thematisiert wird. Denn zunächst ist es von der Machart ein Adventure im Detektiv- bzw. Film Noir-Stil um überraschenderweise allmählich zum Sci-Fci-Adventure zu mutieren.

 

Handlung

Es geht (zumindest augenscheinlich) also mal wieder um die Roswell-Thematik. Die Story dürfte ja bekannt sein, wurde sie doch schon in vielen Filmen und auch Spielen verwendet. Die Stadt sorgte bekanntlich in den 50er Jahren für einiges Aufsehen und Schlagzeilen, da dort angeblich ein Ufo abgestürzt, vom Pentagon gefunden und von diesen vor der Bevölkerung versteckt in ein Labor gebracht worden sein soll. Ich habe mich nie näher mit dieser Geschichte beschäftigt, jedoch weiß ich, dass sich die Gerüchte bis heute halten und die ganze Wahrheit vielleicht nie ans Licht kam.

Auf diesen wahren Tatsachen basierend setzt also Aurora mit einer fiktiven Geschichte ein. Zunächst fängt aber alles noch wie ein gewöhnliches Detektivspiel an. Wir spielen den Detektiv John Pillegi und erhalten einen neuen Fall, denn uns wurde im Büro eine Nachricht hinterlassen. Eine junge Dame macht sich Sorgen um ihren Freund Billy Reid und bittet den Detektiv um Hilfe. Viel mehr möchte ich auch gar nicht verraten. Nur soviel: Die Ermittlungen führen den Detektiv zu wissenschaftlichen Experimenten. Dabei findet das Spiel in verschiedenen Zeiten statt und ähnelt dabei von der Art der Umsetzung und wegen der Thematik ein wenig Dark Fall 2.

 

Handhabung – Kennste eines, kennste alle

Die Handhabung an sich bedarf keiner größeren Erklärungen, denn es ist wieder mal ein Adventure mit einfachster Point-Click-Steuerung. Wer je eines gespielt hat, dürfte keine Probleme bekommen. Aber auch wer sich völlig unerfahren ins Abenteuer stürzt, sollte schnellstens mit der Steuerung durch das Spiel zurecht kommen: Mit der Maus bewegt man den Cursor und lenkt so den Helden von Bild zu Bild. Verändert sich der Cursor an einer bestimmten Stelle, kann man diese mit der linken Maustaste betrachten, etwas benutzen oder einen Gegenstand aufnehmen. Dieser wandert dann ins Inventar, welches sich öffnet, wenn man mit dem Cursor zur oberen linken Ecke fährt und wo er solange bleibt, bis man ihn per Drag & Drop auf einen anderen Gegenstand benutzt. Kann man ihn bis zum Ende des Spiels nicht verwenden, war es wohl ein roter Hering. Wenn der Gong ertönt, schließen sie bitte die Augen. Dann wird am unteren Bildrand des Rätsels Lösung eingeblendet. Wenn der Gong abermals ertönt, wird aus der Einblendung eine Ausblendung...Ahm Pardon, das war was anderes...:-)

Wichtig ist aber noch, dass man sich Gegenstände im Inventar ansehen kann und dieses auch tun sollte, da man teilweise erst durch das nähere Untersuchen wichtige Hinweise bekommt. Ach ja, nicht vergessen, dass man Gegenstände auch innerhalb des Inventars miteinander verwenden muss. Ins Optionsmenü gelangt man durch das Klicken auf das Uhr-Symbol unten rechts. Hier kann man allerdings nur Laden, Speichern und das Spiel beenden.

Ach ja, noch was: Klickt man das Optionsmenü an, findet man anstelle von Lautstärkenreglung, Untertiteln und anderem „Luxus" die Möglichkeit, auf die englischsprachige Homepage zu gelangen, die Credits oder das Handbuch zu lesen. Letzteres gibt es nämlich nicht in gedruckter Form, da die silberne Scheibe nur nackt im DVD-Case ohne zellulosehaltiges Beiwerk daher kommt.

 

Grafik

Optionen im eigentlichen Sinne gibt es nicht und das Spiel kommt noch etwas einfach daher, so wie man es von anderen Adventures dieser Größenordnung kennt. Denn Aurora ist wie gesagt eines der sogenannten Independent- oder vielleicht auch Kleinst-Entwickler- oder einfach semiprofessionellen Spiele, welche oftmals in kleinem Rahmen von nur einer bzw. wenigen Personen mit geringem Budget entwickelt wurden. Die Macher sind aber mit viel Idealismus dabei und stecken nicht selten ihre ganze Kraft in ihr Projekt, so dass das Ergebnis zwar längst nicht aktuellsten Standards entspricht und gar mit massig Sequenzen in High-End-Grafik aufwartet, nichtsdestotrotz aber einfach schön anzusehen ist.

Das Spiel ist mit dem Adventure-Maker erstellt worden und es sind, wie für diese Art Spiele üblich, teilweise nur schnöde vorgerenderte Standbilder, die ausreichen, um das Herz des Independent-Adventure-Spielers zu erreichen. Viele der Bilder sind aber auch schon mit Animationen angereichert. Ein Auto düst gelegentlich durch das Bild. Ein Feuer lodert schon ganz eindrucksvoll im Kamin. Personen, mit denen man spricht, bewegen sich. Und es gibt sogar schon einige kleine Filmsequenzen. Das alles sieht schon ziemlich professionell, detailreich und gut ausgearbeitet aus, vor allem wenn man bedenkt, dass hierzu teilweise nur einfachste Werkzeuge wie Paint verwendet wurden. Es gibt überraschend viele Schauplätze und die Bilder sind dem Film-Noir-Stil entsprechend düster gehalten und erinnern an Filme dieser Machart. Im weiteren Verlauf verwandelt sich Aurora wie gesagt in ein reinrassiges Sci-Fi-Adventure. Wie auch immer - wegen der Dunkelheit des Spiels (aber auch wegen der Atmosphäre) empfiehlt es sich, das Spiel abends bei runtergelassenen Rollläden zu spielen.

 

Deutsche "Lokalisation" und andere Widrigkeiten

Sind sie ein wissbegieriger phantasievoller Mensch? Und sind sie vielleicht sprachbegabt? Prima! Dann haben sie die besten Vorraussetzungen, mit Aurora klar zu kommen. Denn die Gegenstände im Inventar sowie andere wichtige Elemente sind einfach in der Muttersprache des Herstellers, also Italienisch belassen worden und sind auch nicht unbedingt anhand ihres Aussehens zu identifizieren. Also ist heiteres Raten angesagt. Oder wissen sie was „mazzo di chiavi" oder „piede di porco" ist? (Letzteres ist übrigens nicht wirklich was aus Schwein.) Wie auch immer, so was zu übergehen ist schon als ziemlich nachlässig um nicht zu sagen dreist zu bezeichnen und macht das Spielen nicht unbedingt einfacher. Genau wie die Untertitel und andere Elemente, die nicht selten komplett im Englischen belassen wurden. Die Quintessenz ist ein wilder Sprachenmix wie anno dazumal in Babylon (ältere Spieler erinnern sich vielleicht noch).

Und die Untertitel sind entscheidend, denn Aurora verfügt – und das wäre ein zweiter Schwachpunkt – über überhaupt keine Sprachausgabe, nicht mal über eine englische. Gut, es ist ein kleines in Eigenregie hergestelltes Adventure. Aber schließlich handelt es sich schon um ein Verkaufsspiel und andere Spiele in dieser Preisklasse bzw. Größenordnung wie z.B. Delaware sind komplett synchronisiert. Und das ansonsten ausgesprochen professionelle Spiel wirkt ohne Sprache wirklich leerer und zäher als es eigentlich sein müsste, auch wenn man diese nach einer Weile gar nicht mehr vermisst.

 

Sound

Die Hintergrundmusik besteht meistens aus einigen eher minimalistisch gehaltenen Elektroniktracks und versteht es, Spannung zu erzeugen. Mit musikalischer Begleitung ist man aber sehr sparsam umgegangen. Denn nicht selten hört man schlicht gar nichts. Die Nebengeräusche sind teilweise noch nicht ganz ausgereift und bestehen aus sich ständig wiederholenden, einfach gestrickten Loops. Ein Telefon im Hintergrund will nicht mehr aufhören zu bimmeln und auch die Schreibmaschine rattert in einem Zug ohne Pause durch. Das Pfeifen des Windes beim Militärcamp klingt künstlich, denn man hört zu deutlich, dass hier ein einfaches kurzes Wind-Sample in einer wiederkehrenden Tonfolge von vielleicht drei, vier Tönen abgespielt wird. Nun ja, das ist noch ausbaufähig - es handelt sich ja wie gesagt noch um ein Erstlingswerk.

 

Rätsel

Eine Uhr als Symbol in einem Adventure, wie hier am unteren Bildschirmrand eingeblendet sowie als Curser zu sehen ist im Allgemeinen ein für mich äußerst beunruhigendes Zeichen. Denn das bedeutet meistens, dass entweder verstärkt Zeitsequenzen zu bestehen sind oder sogar das ganze Spiel innerhalb eines Zeitrahmens zu meistern ist. Besonders letzteres wäre ebenfalls ein Grund, ein Spiel im Zweifelsfall komplett zu meiden. Jedoch kann ich hier Entwarnung geben. Es gibt nur wenige Situationen, wo man mal kurzzeitig schnell handeln muss. So muss man sich z.B. rechtzeitig irgendwo verstecken, um nicht von unserem Gegenspieler entdeckt zu werden. In dieser und in ein paar anderen Situationen kann es dann auch zum Game Over kommen. Das ist aber die Ausnahme. Ansonsten ist das Rätseldesign ausgesprochen abwechslungsreich und es kommt eine große Palette von Aufgaben vor. In erster Linie müssen wir wie üblich Gegenstände kombinieren. Des weiteren gibt es Schalterrätsel, ein Quiz, Verschiebepuzzles usw. Bei den wenigen Dialogen muss man die richtige aus zwei, drei Antwortmöglichkeiten wählen.

Die Palette der Aufgaben reicht von gut nachvollziehbar bis nicht selten ziemlich herausfordernd - Auch in der Hinsicht steht Aurora Dark Fall II in nichts nach.

Allerdings erscheinen einige Rätsel teilweise verwirrend, auch wenn manchmal die eigentliche Lösung gar nicht so schwer ist. Etwa wenn man eine bestimmte Stelle einer Zeitung mit der Lupe absuchen muss. Ich hatte selbst noch Schwierigkeiten diese zu finden, nachdem ich in die Lösung geschaut habe.

Aufpassen muss man auch, da längst nicht bei allen spielrelevanten Gegenständen (wie etwa bei der gefüllte Badewanne) per Hotspot angezeigt wird, dass man andere Gegenstände auf diese verwenden kann. Bei einem Rätsel benötigt man Notenkenntnisse (oder eine gute Komplettlösung), denn zusätzlich muss man beachten, dass hier auch die Noten „netterweise" mit ihren englischen Bezeichnungen belassen wurden. Einige wenige weitere Rätsel fand ich ebenso schwer nachvollziehbar, etwa, wie man auf ein merkwürdiges Anagramm ohne Hinweise kommen kann.

 

Fazit

Aurora ist ein kleines, im Vergleich zur größeren Konkurrenz unauffälliges Independent-Adventure, das mit verhältnismäßig wenig Aufsehen und Werbeaufwand veröffentlicht worden ist. Daher freut es mich immer, wenn solch ein Spiel neben den vielen bekannten Adventures, die zeitgleich erschienen sind, trotzdem die angemessene Aufmerksamkeit bekommt. Allerdings handelt es sich um ein Spiel, welches es einem anfangs wegen so mancher Schwäche nicht ganz leicht macht, von seinen eigentlichen Qualitäten zu überzeugen. Im Endeffekt sind es zwei Dinge, die zunächst unangenehm auffallen. Zum einen ist es die deutsche Umsetzung, die es kaum verdient, als solche bezeichnet zu werden, da sich eher um einen lustigen Sprachmix aus Deutsch, Englisch und Italienisch handelt - quasi trilingual.

Zweitens stört das komplette Fehlen der Sprachausgabe. Schade, hier hat man am falschen Ende gespart. Denn während man bei einsamen Gruseladventures noch darauf verzichten könnte bzw. bei Darkfall, Barrow Hill usw. das Fehlen (zumindest größtenteils) sogar als Stilmittel eingesetzt wurde, um die Intensität sogar noch zu erhöhen, wirkt das Detektivadventure etwa bei Telefonaten oder Dialogen leerer als es sein müsste, Auch wenn das nach einer Weile immer weniger auffällt.

Das ist aber zumindest in sofern etwas schade, da man sich ansonsten viel Mühe gegeben hat. Denn hat man sich erst einmal warmgespielt und sich mit den Schwächen arrangiert, merkt man, dass das Spiel an sich sehr ansprechend und anspruchsvoll gemacht wurde.

Die aus extrem vielen Schauplätzen bestehende düstere Film-Noir- und Sci-Fi-Grafik an sich ist auf hohem Niveau und von der Qualität vergleichbar mit anderen guten Independentspielen. Sie kann teilweise auch schon mit anderen technisch nicht allzu aufwändigen professionellen First-Person-Spielen mithalten. Kleinere Animationen, kurze Sequenzen und auch einige bewegte Charaktere beleben den Bildschirm. Die Story an sich ist ausgesprochen überraschend und auf jeden Fall spannend erzählt. Aurora verfügt zudem über eine lange Spielzeit und es lief (bis auf einen lahmen Cursor an einer Stelle) fehlerfrei.

Wenige Rätsel fand ich weniger gut nachvollziehbarer, größtenteils sind sie aber abwechslungsreich und gelungen – wenn auch auf einem teilweise recht anspruchsvollem Schwierigkeitsgrad. Grafik und Story usw. können die Widrigkeiten also wettmachen, so dass der Gesamteindruck durchaus positiv und Aurora grundsätzlich ein Debüt auf gutem Independentniveau ist. Weiter so!


Gesamtwertung: 73%

 

 

Bewertungssystem Adventure-Archiv:

  • 80% bis 100% sehr gutes Spiel (sehr empfehlenswert)
  • 70% bis 79% gut (empfehlenswert)
  • 60% bis 69% befriedigend (bedingt empfehlenswert, mit Abstrichen)
  • 50% bis 59% ausreichend (nicht gerade empfehlenswert)
  • 40% bis 49% ziemlich schlecht (eher abzuraten - etwas für Hardcore-Adventure-Freaks und Sammler)
  • 0% bis 39% grottenschlecht (lieber die Finger davon lassen)

 

Minimale Systemvoraussetzungen:

  • Windows 98/ME/2000/XP
  • 128 MB RAM
  • CPU 1,2 GHz
  • Bildschirmauflösung 1024 x 768, 16 bit
  • Windows-kompatible Soundkarte
  • 700 MB freier Festplattenspeicher
  • DVD-Laufwerk
  • Maus, Tastatur

Gespielt unter:

  • Win XP
  • AMD Athlon XP 1800
  • 512 MB RAM
  • Grafikkarte Radeon 9200 Series
  • DVD-Laufwerk
  • Festplatte 60 GB

Der Startbildschirm
Der Startbildschirm

 

 

Das Büro des Detektives John Pileggi
Das Büro des Detektives John Pileggi

 

 

Inventargegenstände kann man sich unter der Lupe genauer ansehen
Inventargegenstände kann man sich unter der Lupe genauer ansehen

 

 


Personen sind schon leicht animiert
Personen sind schon leicht animiert


 

 

Der Zeitungsladen
Der Zeitungsladen

 

 

 

Der Zeitungsverkäufer
Der Zeitungsverkäufer

 

 

 

Das Haus des Gouverneurs
Das Haus des Gouverneurs

 

 

 

Im Dialog mit der Polizei
Im Dialog mit der Polizei

 


 

In Billy Reids Hütte
In Billy Reids Hütte

 

 

 

Ein Tunnel führt uns in diese Station
Ein Tunnel führt uns in diese Station


 

 

Die Station ist recht umfangreich
Die Station ist recht umfangreich

 

 

 

In den 50ern sind die 90er die Zukunft
In den 50ern sind die 90er die Zukunft

 

 

Die Küche unseres unfreiwilligen Gastgebers
Die Küche unseres unfreiwilligen Gastgebers

 

 

Auf der Suche nach Antworten in einer Bibliothek in der Zukunft
Auf der Suche nach Antworten in einer Bibliothek in der Zukunft

 

Mehr Screenshots

 

 

 

 

 

 

 



 

 

Copyright © André für Adventure-Archiv, 01. November 2007

 

 

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