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Atlantis Evolution
Erscheinungsdatum: 11/2004
Entwickler: Atlantis Interactive Entertainment
Publisher: Dreamcatcher Interactive Europe
Spielsprache: DeutschHomepage
BoxshotsUSK: ab 6 Jahren
Ein Review von André 14. Dezember 2004
Bei den meisten Reviews macht es mir Spaß, diese zu schreiben. So zuletzt das zu Clever & Smart. Denn das Spiel war einfach nur klasse und dann schreibt sich so eine Bewertung fast von selbst. Mal sehen, wie sich die Sache bei dem neuen Teil der Atlantis-Reihe verhält, denn obwohl mir Atlantis 3 sehr gefallen hat und ich mich eigentlich auf eine Fortsetzung gefreut habe, habe ich von dem vorliegenden Teil im Vorfeld noch nicht viel Gutes gehört.
Der Grund meiner Befürchtungen ist, dass ein neues Entwicklerteam bei
Atlantis Evolution zugange war und reichlich Action-Sequenzen in das Spiel eingebaut haben soll. Und die mögen wohl die wenigsten Adventure-Spieler. Also fange ich einfach an zu spielen und bilde mir mein Urteil selbst.
Noch ein paar kurze Infos:
Atlantis Evolution ist der vierte Teil der Serie. Allerdings zeigt sich
erstmals ein neues Entwicklungsteam namens Atlantis Interaktive
Entertainment für den Teil verantwortlich. Dieser Teil ist wiederum der
erste einer geplanten Trilogie. In wieweit die Teile in Zusammenhang stehen werden, ist mir allerdings nicht bekannt. Die wichtigsten Elemente des Spiels sind geblieben und so spielt sich Atlantis natürlich ebenfalls in der Ego-Perspektive und es gibt auch wieder 360°-Rundumsicht. Was es nicht mehr gibt, sind die fließenden Übergänge zwischen den einzelnen Bildern. Diese waren sicher aufwändig in der Herstellung, zogen das Spiel aber bei längerer Spielzeit auch in die Länge.
Story
Schon im Intro überschlagen sich die Ereignisse: Wir schreiben das Jahr 1904. Ein junger Mann namens Curtis Hewitt, seines Zeichens Fotograf, befindet sich an Bord eines riesigen Schiffes inmitten des Ozeans, als plötzlich ein Sturm heranbricht. Dieser wütet immer mehr, so dass ihm zu seiner Rettung nichts anderes übrig bleibt, als das sinkende Schiff flugs per Beiboot zu verlassen. Plötzlich entsteht ein Strudel. In der nächsten
Sequenz hat sich der Sturm gelegt und die See hat sich geglättet, so dass die Situation fast schon unnatürlich wirkt. Gerade, als Hewitt losrudern will, landet ein mächtiger zweiköpfiger Vogel auf dem Beiboot. Und wie Hewitt noch damit beschäftigt ist, zu erforschen, ob vielleicht Hunger nach Fotografen-Fleisch das Anliegen des merkwürdigen Vogels ist, kommt auch schon ein riesiges Raumschiff angeflogen und bringt Hewitt direkt nach Atlantis. Wow!
Soweit die ersten Geschehnisse. Und alleine anhand dieser Beschreibung lässt sich kaum verbergen, dass auch Atlantis Evolution wieder voller verrückter Ideen ist. Genau so sollte eine Fortsetzung der Atlantis-Reihe sein und so geht es im Laufe des Spiels auch weiter.
Grundsätzlich sind wir von nun an auf der Flucht, denn wir sind überhaupt
nicht willkommen in Atlantis. Die Götter beherrschen Atlantis und haben das Volk willenlos und für die Arbeit gefügig gemacht. Und da passt es den Göttern nicht, wenn wir dahergelaufener Oberweltler die Zustände
hinterfragen.
Sehr gut gefallen hat mir der Humor, der zwischendurch immer wieder
durchkommt. So beispielsweise, wenn unser Held in eine Netzfalle tappt,
kopfüber aufgehangen wird und nun Konversation betreiben muss. Solche
Sequenzen verpassen unserer Spielfigur charakteristische Züge und machen ihn sympathisch.
Grafik
Die Grafik ist schon mal merklich anders als beim Vorgänger. Ich
vermute mal, dass mit dem neuen Entwicklerteam jetzt auch andere Leute für die Grafik verantwortlich sind. Vergleicht man beispielsweise den Himmel: In Atlantis 3 (ähnlich wie in Salammbo) konnte man sehen, wie Wolken wirken können. Dort sahen diese um einiges beeindruckender weil extrem ausdrucksstark, bedrohlich und gleichzeitig detailliert aus, während die Wolken in dem neuen Teil eher ein wenig wie mit Pastellfarbe in Nasstechnik gemalt aussehen.
Mein erster Eindruck, dass ich den letzten Teil grafisch beeindruckender fand, musste ich mit laufendem Spiel größtenteils relativieren. Die Grafik ist wirklich gelungen und braucht Vergleiche mit dem Vorgänger aber auch mit anderen aktuellen Adventures wirklich nicht zu scheuen.
Die Landschaften, beispielsweise eine Art Regenwald, sehen mit ihren
verschiedensten Pflanzen, überdimensionierten Pilzen und wabernden Schwämmen sehr phantasievoll aus und der positive Eindruck wird noch verstärkt, wenn kleine Schlangen oder ähnliches Getier am Boden an Dir vorbeihuschen, ein Flüsschen plätschert und bunte Schmetterlinge ein Tänzchen aufführen. Die Filmsequenzen (beispielsweise des sinkenden Schiffs) sind zusammen mit der tollen Musikuntermalung herrlich bombastisch und auch die Animationen der zahlreichen Figuren wirken flüssig und dynamisch. Beinah ins comic-artige gehend und gleichzeitig ein wenig grotesk wirkend sind diese ein echtes Highlight. Sie sind sehr eigenständig und vervollständigen den positiven grafischen Gesamteindruck.
Rätsel
Es gibt wirklich fast alle Sorten von Rätseln. Im Idealfall sind das
zeitunabhängige Inventarrätsel in denen man nicht sterben kann. Diese habe ich teilweise als recht schwer empfunden, da viele nicht unbedingt logisch nachvollziehbar sind. Abwechslung bringen die zahlreichen Minispielchen, wie eine Variante von Defender oder ein stark vereinfachtes "Ballerburg".
Aber dann hört´s auch schon auf: Stellenweise fungieren die Landschaften, wie beispielsweise der Dschungel, als ziemlich umfangreiches Labyrinth. Nachdem ich durch ein solches Labyrinth erst einmal stundenlang erfolglos durchgetapert bin, ohne überhaupt zu wissen, wonach ich eigentlich suche, hat sich übrigens weder der Spielspass noch meine Laune wirklich erhöht.
Und dann sind da noch die befürchteten Action-Einlagen. Und damit meine ich zahlreichen Stellen, an denen man sterben kann. An vielen Stellen gibt es "Schleich"-Elemente oder man muss unter knapp bemessener Zeit irgend ein Rätsel lösen, um beispielsweise den Wachen zu entkommen. Das macht ab und zu sogar Spaß, doch meistens findet man in der vorgegebenen Zeit die Lösung nicht, landet wieder am Anfangspunkt und die ganze Nervprozedur geht wieder und wieder von vorne los. So etwas liebe ich ja besonders.
Überhaupt ist man bestimmt die Hälfte des Spiels auf der Flucht, vom Tode bedroht oder beides und hetzt stellenweise einfach nur durch die eigentlich prächtige Grafik, ohne diese genießen zu können.
Manchmal kann man aber einfach auch nur so sterben: Ein Skorpion in einer Höhle versperrt Dir den Weg, aber Du läufst trotzdem durch das Bild. Pieks -tot, das war´s. So was in der Art.
Zum letzten Drittel hin zeigt der neue Hersteller noch mal, was er
eigentlich drauf hat, denn die Flucht-Einlagen nehmen erfreulicherweise ab, es kann angstfrei gerätselt werden und siehe da, das Spiel macht direkt wesentlich mehr Spaß. Originell fand ich z.B. den Abschnitt, in dem wir als Windgeist für die Non-Player-Charaktere (wow, was für ein Fachausdruck!) unsichtbar sind.
Handling
An der Bedienung hat sich nichts verändert. Der Cursor hat die Form eines Fadenkreuzes, das in einem Ego-Adventure ja nicht nur immer die Mitte des Bilds anzeigt, sondern uns auch mit Personen interagieren lässt, sowie Hotspots anzeigt. Links klicken wir auf den entsprechenden Hotspot und mit der rechten Maustaste erscheint das Inventar. Die Bedienung innerhalb des Spiels wurde optimal, weil praktisch gestaltet.
Das Menü gibt sich wie von den Vorgängern gewohnt kryptisch. Zeichen
ersetzten Worte wie Laden, Speichern und wenn man den Cursor kurz auf dem Zeichen verweilen lässt, wird auch die jeweilige Bedeutung hinter den
Zeichen erklärt. Auf Wunsch kann man Untertitel und sogar den Cursor ein
bzw. -ausschalten.
Weiter finden wir in dem ansonsten recht übersichtlichen Menü noch ein paar weitere Funktionen wie z.B. Kantenglättung und den Wechsel von 16- auf 32-Bit-Modus.
Sehr schön finde ich, dass sich Gesamtlautstärke, Musik, Sprache und Effekte einzeln justieren lassen.
Sound
Auch hier hat man sich am Vorgänger orientiert. In ruhigen Momenten trifft
z.B. ethnisches Trommeln auf düster bis entspannend wirkende elektronische Sounds, welche die mysteriöse Atmosphäre noch verstärken. Steigt die Spannung, dann wird auch die Musik bombastischer. Zu den hektischen Action-Sequenzen passt auch der Techno/Elektro-Sound hervorragend und wenn mal nichts passiert, wabert sie einfach nur ruhig vor sich hin. Die Musik wirkt wirklich großartig und wurde sehr abwechslungsreich, passend zum Spiel arrangiert und unterstützt die jeweilige Situation vollkommen. Dasselbe gilt sowohl für die professionelle Sprachausgabe und die manchmal bombastischen Effekte.
Fazit
Ab und zu überkommt es die Entwickler und sie denken, dass Action-Sequenzen die ganz große Neuerung in einer bewährten Adventure-Serie seien, auf welche die Fans der Serie geradezu gewartet haben. Und jedesmal kann man dann die Resonanz der größtenteils genervten Spieler in den Foren nachlesen.
Und auch mir hat das hektische Herumgerate unter Zeitdruck und die
permanenten Wiederholungen der immer gleichen Situationen wirklich nur
selten Spaß bereitet. Die vielen Sequenzen nervten bis frustrierten
ungemein, dass ich sie auch mit ganz viel gutem Willen einfach nicht spielen mochte und ich sehr oft zur Komplettlösung gegriffen habe.
Glücklicherweise sind auch die nervigsten Sequenzen irgendwann mal zu Ende. Und dann kann man zeitweise abtauchen in die Welt von Atlantis, deren Flair auch der neue Hersteller gut umzusetzen wusste.
Der grafische Stil ist definitiv anders als der des Vorgängers, aber ich
möchte ihn mit den vielen Details und den netten Zwischensequenzen als äußerst gelungen bezeichnen, so dass er im Vergleich zum
dritten Teil eine ebenso atmosphärische Dichte besitzt. Auch der Charakter des Curtis Hewitt hat Ecken und Kanten und weiß daher zu
gefallen. Gleiches gilt z.B. für die verschrobenen Gegenspielerinnen wie
Enna oder die äußerst witzige Sama als verzogen-prollige Götter-Göre (man achte auf die Dialoge!), aber auch für die zahlreichen Nebencharaktere.
Man merkt einfach, dass sich das neue Team mit der Umsetzung des vierten Teils viel Mühe gegeben hat. So wird theoretisch eine spannende, abgedrehte und abwechslungsreiche Geschichte erzählt, welche die Atlantis-Reihe eigentlich sehr schön weiterführt und teilweise wirklich Spaß gemacht hat (zum letzen Drittel hin immer mehr).
Daher finde ich es besonders schade, dass die meistens frustrierenden und nervenden Flucht- und Sterbesequenzen wirklich große Teile des Spiels bestimmen und die Rätsel manchmal schwierig nachzuvollziehen sind, denn ich würde am liebsten viel höher werten. Doch so sind vorerst nur 69 % drin sind.
Bewertung: 69 %
Bewertungssystem Adventure-Archiv:
- 80% bis 100% sehr gutes Spiel (sehr empfehlenswert)
- 70% bis 79% gut (empfehlenswert)
- 60% bis 69% befriedigend (bedingt empfehlenswert, mit Abstrichen)
- 50% bis 59% ausreichend (nicht gerade empfehlenswert)
- 40% bis 49% ziemlich schlecht (eher abzuraten - etwas für Hardcore-Adventure-Freaks und Sammler)
- 0% bis 39% grottenschlecht (lieber die Finger davon lassen)
Systemvoraussetzungen:
- Windows 98/2000/ME/XP
- Pentium III 800 MHz
- RAM 64 MB
- 24x CDROM-Laufwerk
- 4,0 GB freier Festplattenspeicher
- DirectX8-kompatible 3D-Grafikkarte mit 32 MB
- DirectSound-kompatible Soundkarte
Gespielt unter:
- Win 98
- AMD Athlon XP 1800
- 256 MB RAM
- Grafikkarte Radeon 9200 Series
- 16x CDROM-Laufwerk
Festplatte 60 GB
Copyright © André für Adventure-Archiv, 14. Dezember 2004
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