Handlung
Einige Cowboys durchstreifen eine Goldmine. Dort erinnert einer der
Männer ein gewisser Jacob - einen anderen namens Eduardo an eine Vereinbarung.
Wieder im Freien steckt er ihm heimlich Waffen (und noch was?) zu, so dass die anderen es
nicht mitbekommen. Er bittet ihn, die Hälfte eines ominösen Artefakts sicher
aufzubewahren und reitet davon.
Szenewechsel. Es fährt ein Zug nach Nirgendwo. Genauer gesagt zu
der Westernstadt Anozira. Darin sitzt unser Anti-Held Al Emmo und studiert noch einmal die
Kontaktanzeige, auf die er reagiert hat und auf dessen Veranlassung er diese strapaziöse
Reise überhaupt auf sich genommen hat. Dort angekommen macht er schnell Bekanntschaft mit
dem Ziel seiner Begierde der burschikosen Westernlady Ivana Lottakash (!). Jedoch
erweist sich das Treffen als Flop, als klar wird, dass Al nicht mit dem dienen kann, an
dem der Dame gelegen ist. Sie hat es nämlich, wie ihr Name schon vermuten lässt,
lediglich auf sein Geld abgesehen. Und da er darüber nun mal nicht verfügt, lässt sie
den armen Kerl noch vor Ort fallen wie eine heiße Kartoffel. Also ab nach Hause. Aber zu
allem Unglück verpasst er auch noch den Zug zurück. Der nächste kommt erst in einer
Woche und so ist er gefangen in Anozira. Muss ich erwähnen, dass dieses erst der Anfang
seines Abenteuers ist? Was hat das alles mit den Cowboys und der Mine zu tun? Außerdem
wäre da noch Rita Peralto - die schöne Sängerin und Kellnerin des Saloons. Findet er
mit ihr doch noch die Frau seines Herzens oder macht das Rennen gar sein schmieriger
Konkurrent Antonio Bandana? Hat auch er Dreck am Stecken?
Was den Humor anbelangt, ist es bekanntlich immer schwierig, den
Geschmack eines jeden zu treffen. Ich tue mich generell schwer, mir bei gewollt witzigen
Spielen wie besagtem Tony Tough oder Ankh ein Lächeln abzuringen. In diesem Fall hat mich
der Witz aber durchaus immer wieder erwischt.
Grafik
Erschaffen wurde Al Emmo mit den Adventure-Game-Studio von Chris
Jones, einem beliebten Tool bei semi-professionellen Herstellern wie den Himalaya Studios.
Mit diesem Programm ist schon so mach schönes Spiel entstanden. Und auch dieses ist
technisch einwandfrei und wirklich erstaunlich professionell umgesetzt worden. Schon der
komplett in 3D gehaltene Vorspann überrascht, da er extrem lang ist und gar nicht mehr
enden will. Die Grafik des Intros entspricht noch hundertprozentig der Qualität
kommerzieller Produktionen. Nur die Texturen wirken noch ein kleines bisschen matschiger.
Auch Gegenstände, Häuser etc. sehen noch nicht ganz so detailliert aus und bestehen aus
verhältnismäßig einfachen geometrischen Figuren. Das fällt aber im Kontext kaum auf,
denn dafür ist der Vorspann sehr rasant inszeniert und extrem aufwändig umgesetzt
worden. Eine Zigarette qualmt genauso wie ein einfahrender Zug und es gibt zahlreiche
Schnitte, Einstellungen, rasante Kamerafahrten und Perspektiven.
Die eigentliche Spielgrafik ist dann wieder im klassischen
2D-Comic-Stil gehalten, aber genauso schön anzusehen. Dabei ist der Vergleich zu Freddy
Pharkas wie gesagt manchmal schreiend. Oder anders ausgedrückt: Wenn man so manche
Location in eben besagtem Spiel von Al Lowe eingebaut hätte, es wäre abgesehen von der
höheren Auflösung und der zeitgemäßeren Umsetzung kaum aufgefallen. Allerdings
beschränkt sich die Grafik längst nicht darauf, eine einfache Neuauflage des
Western-Adventures zu sein, sondern präsentiert sich absolut abwechslungsreich. Es gibt
über 120 handgemalte Szenen, die sehr sauber und mit großem Aufwand ausgearbeitet wurden
unterbrochen von Sequenzen, die dann wieder in 3D umgesetzt wurden. Bemerkenswert
übrigens auch, wie drollig fast alle (immer etwas ungeschickten) Handlungen von Al
genauestens animiert sind etwa, wenn er angelt. Andere Zwischensequenzen erscheinen
im kostengünstigeren Look eines Comicheftes.
Man hat sich mit der Umsetzung des Hauptfigur gelinde gesagt
bemüht, keinen allzu glatten Charakter zu erschaffen, sondern einen, der zu klein
geraten, mit seinem reichlich schütterem Haar, der zu großen Frank Elstner-Kassenbrille,
sowie einer ausgeprägten Quäkstimme nicht gerade dem klassischen Schönheitsideal
entspricht. Wer da Parallelen zu Larry oder dem inzwischen mehrfach zitierten Tony Tough
zieht, liegt damit ziemlich richtig. Es bleibt noch zu erwähnen, dass Al Emmo über eine
ziemlich lange Spielzeit verfügt.
Rätsel
Die Rätsel sind nicht immer leicht, meistens aber so angelegt, dass
man bemüht ist, alles möglichst selbst zu lösen und nicht frustriert aufgibt. Zumal
immer wieder Anreize geschaffen werden, indem jedes noch so kleine Detail in einem Raum
mit den Sprechen"-, Benutzen"- und Ansehen"-Icons
verwandt werden kann und man fast immer vom Erzähler eine andere meist humorvolle Antwort
bekommt.
Trotzdem kommt es aber vor, dass die eine oder andere Lösung nicht
direkt auf der Hand liegt. Manchmal war es einfach etwas nervig, die recht umfangreiche
Umgebung immer wieder zu erkunden und jede Person immer wieder über alles zu befragen.
Und wenn ich mal wieder keinerlei Hinweise hatte, wo ich als nächstes ansetzten könnte,
habe ich mich auch gelegentlich der Komplettlösung bedient.
Vielleicht bin ich auch einfach an die Grenzen meiner
Englischkenntnisse gestoßen und habe deshalb sicherlich den einen oder anderen Wink nicht
verstanden. Dabei gibt es meistens klassische, inventarbezogene Rätsel. An einer Stelle
des Spiels muss man auch mit der Tastatur die richtige Lösungen eingeben, um
weiterzukommen. Es gibt ebenfalls zwei, drei einfache Minispielchen. Wenn man Glück hat,
stößt man auch auf das eine oder andere witzige Easter Eggs. Solche verspielten Details
sind für mich immer ein Zeichen, dass Adventure-Fans am Werke waren, denen an einer
liebevollen Gestaltung gelegen ist.
Und dann wäre da noch das letzte des in neun Kapiteln unterteilten
Spiels. Ab dort wird alles ein wenig hektischer. Quasi als Klimax (oder so) hat man zum
Ende des Spiels etliche zeitabhängige Sequenzen hintereinander eingebaut. Hier heißt es
also schnell zu handeln, um nicht früher mit Manitu Bekanntschaft zu machen, als einem
lieb ist. Solche Zeitsequenzen sind sicher Geschmackssache. Meinen treffen sie nicht
unbedingt. Zumal ich sie ohne Walkthrough auch nicht so schnell geschafft hätte
zumindest nicht ohne permanent zu sterben.
Sound
Wenn schon eine Nervensäge, dann eine richtige, dachten sich wohl
die Hersteller und haben Al Emmo die totale Quäkstimme verpasst. Wären eine oder zwei
Tonlagen tiefer vielleicht doch angenehmer gewesen? Egal, nach einiger Zeit hat man sich
an sein schrilles Organ gewöhnt und spätestens, als er anfing zu singen (!), musste ich
mich doch amüsieren. Meistens redet aber eh der Erzähler und der ist ein echtes
Highlight! Wie ich im Abspann erfahren habe, übernimmt diese Rolle (sowie einige andere
Stimmen) mal wieder der bekannte Independentadventuresprecher John Bell. Unser permanenter
unsichtbarer Begleiter bringt mit völlig überheblichem und permanent zynischem Unterton
einen Kalauer nach dem anderen. Was wie gesagt nicht heißen soll, dass ich alles
verstanden habe. Trotzdem wurden alle Stimmen generell auch für deutsche Ohren in einem
gut verständlichen Englisch eingesprochen. Mit so manchem Slang wie bei dem texanischen
(?) Wirt des Saloons hatte ich aber so meine Probleme. Ich bin nur heilfroh, dass es
Untertitel gibt.
Abwechslungsreich und absolut professionell ist auf jeden Fall die
musikalische Gestaltung. Der auffällige Einleitungstusch, wurde eindeutig an die
typischen Sierra-Eröffungsmelodien angelehnt. Und nach dem Introfilm hat man schon mehr
Tracks verbraten als in so manchem kompletten Spiel. Fast in jeder neuen Szene wartet ein
neuer Track, auf die jeweilige Situation zugeschnitten, auf die Spieler. Im Saloon spielt
z.B. der Pianist seine Melodien. Überhaupt läßt die Musik keine Wünsche offen: von den
vielfältigen Westernsounds bis zu entspannten Begleitthemen.
Handling
Genauso klassisch wie der Rest des Spiels ist auch die Handhabung.
Selbstverständlich beinhaltet das, dass Al Emmo (eigentlich) komplett mit der Maus
spielbar ist. Mit der rechten Maustaste wechselt man zwischen den Icons für
Betrachten" Benutzen/Nehmen" Laufen" und
Sprechen". Mit der linken Maustaste benutzt man dann die gewählten Funktionen.
Man findet diese Befehle sowie das Inventar auch umständlicher in der Leiste, welche
erscheint, wenn man den Cursor ganz rechts zum oberen Bildschirmrand bewegt.
Eine Menüleiste wurde in der linken oberen Ecke untergebracht und
unten links erscheint im Laufe des Spiels eine Karte. Das reicht eigentlich aus, um Al
durch das Spiel zu steuern. Einige spezielle Funktionen kann man in der Beschreibung
nachlesen. Sie wird eingeblendet, wenn man die F1-Taste drückt. Recht praktisch finde
ich, dass das Inventar erscheint, wenn man die rechte Taste eine Sekunde lang gedrückt
hält. Nur für den Fall, falls es tatsächlich noch jemanden geben sollte, der genau wie
ich noch keine Maus mit mittlerem Button bzw. Rad hat. Mit dem Rad kann man auch zwischen
den einzelnen Befehlen hin- und her schalten.
Al kann auch rennen - ein Feature, das man sich schon bei so manch
anderem Spiel gewünscht hätte. Zusätzlich erreicht Al direkt das Ende oder eine andere
Stelle des Bildes, wenn man dorthin klickt und dann die Esc-Taste drückt. Etwas
umständlich, da man eigentlich nur deswegen die Tastatur miteinbeziehen muss, aber
immerhin.
Noch etwas: Hotspots, also für das Spiel relevante Spielelemente,
werden nicht angezeigt. Man darf also suchen und auf Verdacht ins Blaue klicken. Da die
Szenen aber meisten sehr eindeutig und übersichtlich sind, ist das weniger dramatisch als
es sich anhört.
El Emmo ließ sich ohne Schwierigkeiten installieren und es trat
während des Spiels kein einziges Problem auf!
Das Menü beinhaltet alles, was man von einem guten Adventure
erwarten kann. Es gibt getrennte Lautstärkenregler für Hintergründe, Musik und
Sprachausgabe. Man kann Untertitel wählen und selbstverständlich ist es möglich, zu
speichern und zu laden. Spielstände kann man so viele anlegen wie man möchte. Sie lassen
sich einzeln beschreiben. Bereits im Startbildschirm kann man wählen, ob man Special
Effekts und Untertitel sowie Sprache und das Trittgeräusch beim Laufen ein- oder
ausgeschaltet haben möchte. Mehr ist bei dem klassischen Comic-Adventure mit seinen
verhältnismäßig niedrigen Anforderungen nicht nötig. Auch gibt es keine
Soundspielereien, bei der man Dolby-Quadrosound erst umkehren und anschließend hochkant
in die Ecke stellen kann.
Besonderheiten
Ich vermute mal, der Name Al Emmo ist eine Verbeugung vor Al Lowe,
dem Erfinder von Freddy Pharkas (und anderen bekanten Spielfiguren)? Wie auch immer: das
Westernadventure ist in zwei verschiedenen Versionen erschienen einer Special
Edition und einer günstigeren Standardversion. Wobei das Wort günstig mit etwa 30 Euro
hier für Independentverhältnisse relativ zu sehen ist. Für die Special Edition berappt
man gar etwa 47 Euro (!). Dafür erhält man dann aber auch noch eine signierte
Soundtrack-CD, ein Poster und andere Devotionalien.
Fazit
Der Adventurewelt ist eine neue Nervensäge geboren worden. Diese
ist ein 42 Jahre alter Single, der das Haar schütter trägt und auf den Namen Al Emmo
hört. Al ist klein, mit leichter Plauze und mit einer aufdringlichen Quäkstimme
versehen. Doch selbst wer nichts mit dem kleinen Kerl anfangen kann, muss doch neidlos
zugeben, dass das Spiel an sich einfach superaufwändig und liebevoll gestaltet wurde und
alleine das schon Anerkennung verlangt (und eventuell den verhältnismäßig hohen Preis
erklärt). Die grafische Umsetzung ist absolut gelungen, besonders für ein
Independentspiel. Es gibt massig handgemalte Schauplätze. Zwischendurch wird man immer
wieder mit kleinen Sequenzen und zahlreichen verspielten Animationen sowie anderen
Überraschungen belohnt. Die Handlung mit ihren Seitenstorys ist gelungen, ebenso die
einfallsreichen Rätsel, die nur selten unfair sind. Lediglich die aufreibenden
Zeitsequenzen zum Schluss sind wahrscheinlich nicht jedermanns Sache. Das Spiel kommt
frisch und unverbraucht rüber wie schon lange kein Comic-Adventure mehr und versprüht
einfach den Charme alter (Sierra-) Adventures. Es ist eine gelungene Hommage an den
Cowboy-Apotheker und Co., ohne eine plumpe Kopie zu sein. Ich habe schon lange nicht mehr
so ein schönes Comic-Adventure gespielt und vergebe daher ohne mit der Wimper zu zucken
eine